20. 𝘽𝙧𝙪̈𝙙𝙚𝙧

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Eron hat sie schon lange bemerkt, bevor sie die Lichtung betreten haben. Dennoch bleibt er ruhig neben Nisha liegen und beobachtet die drei halbstarken Wölfe, die sich Stück für Stück an das schlafende Mädchen heran schleichen.

Nisha ist so erschöpft von den vergangenen Stunden, dass Eron es ihr nachsieht relativ schnell eingeschlafen zu sein. Auch wenn sie sich als Mensch vielleicht nicht so lange an diesem Ort aufhalten sollte. Ihre Anwesenheit hat selbst den Waldgott nicht gestört, also warum sollte ihn das stören.

Es ist allerdings amüsant Boris, Toulouse und Lui zu beobachten. Sie wissen dass Eron nicht mehr schläft.
Gerade deshalb wagen sie sich nur ganz vorsichtig an Nisha heran.

Sie treten langsam durchs hohe Gras und schnuppern an ihren Haaren an ihrer Kleidung. Beinahe hätte Eron sie ausgelacht.
Sie wird euch auffressen, wenn sie aufwacht.
Toulouse hebt den Kopf in seine Richtung. Also ist er doch für seine Telepathie empfänglich. Eron wird doch eigentlich von den Gedanken seiner Familie ausgeschlossen.

Von seinem Halbbruder kommt nur ein Maulen. Das ist leider so laut, dass Nisha davon wach wird und völlig verblüfft auf den grauen Wolf vor sich starrt. Dann setzt sie sich erschrocken auf.
Ja der Anblick von drei fremden Wölfen würde in diesem Moment selbst die starke Nisha aus der Fassung bringen.

Auch Toulouse und Boris erschrecken sich vor ihrer hastigen Bewegung und weichen ein paar Schritte zurück.
Nur Lui traut sich näher an sie heran.
Nisha blickt unsicher zu Eron, der immer noch als Wolf tiefentspannt bei ihr liegt und den Kopf auf den Pfoten hält.
Er sieht keine Gefahr, also beruhigt sich Nisha ganz schnell und lächelt die drei unsichern jungen Wölfe an.

„H-Hallo!", grüßt sie ohne einen Gegengruß zu erwarten.
Dann hält sie sich schützend die Hand vor die Augen, weil die morgendlichen Sonnenstrahlen ihr direkt in die Augen stechen.

Dann wechselt Lui in seine Menschengestalt. Eron ist beeindruckt, das ausgerechnet der Jüngste den meisten Mut aufbringt.
Nun hockt ein zwölfjähriger Bursche mit kurzen blonden Haaren und gold-braunen Augen vor ihr und mustert sie ganz neugierig.
Seine zerrissene Kleidung wurde schon das ein oder andere mal genäht und scheint ihm allmählich zu klein zu werden. Lui wächst einfach zu schnell.

„Und...hat sie ihn gesehen?", will Lui wissen. Wobei die Frage eher an Eron gerichtet ist.
Eron brummt nur. Natürlich hat sie das. Eron hat nie an ihr gezweifelt.

„Willst du dich mir gar nicht vorstellen?", fragt nun Nisha mit einem auffordernden Grinsen.
Da Lui etwas überfordert wirkt aufgrund ihres Lächelns und des offensichtlichen Zutrauens ihm gegenüber, beschließt Eron sich auch wieder in einen Menschen zu verwandeln.

„Das ist mein jüngster Halbbruder Lui", stellt Eron den Knirps vor, steht auf und drückt ihm leicht tadelnd mit einer Hand den Kopf runter.
Dann beginnt dieser fett zu grinsen und zieht an Erons Arm. Sogleich landet dieser überrumpelt im Gras.

Er hätte es wissen müssen. Diese Machtkämpfe waren früher mal jeden Morgen an der Tagesordnung.
Ein kurzes Jaulen aus einiger Entfernung bringt Lui schnell dazu sich zu benehmen.
Stimmt ja, momentan hört Lui eher auf Toulouse, den Eron auch gleich vorstellt.

„Und der dritte dort ist Boris. Unser Nesthäkchen sozusagen", erklärt Eron gut gelaunt. Wann durfte er das letzte mal so entspannt mit seinen Brüdern Zeit verbringen?

„Nenn mich nicht so", schimpft der eben noch grau-weiße Wolf. Jetzt steht ein dunkelblonder Junge auf der Lichtung und verschränkt trotzig die Arme. Dabei zieht er mürrisch eine Schnute. Es passt ihm nicht so genannt zu werden. Dabei ist es nur die Wahrheit.

ERONWhere stories live. Discover now