15. 𝑬𝒊𝒏 𝑯𝒂𝒖𝒔𝒕𝒊𝒆𝒓, 𝒅𝒂𝒔 𝒌𝒆𝒊𝒏 𝑯𝒂𝒖𝒔𝒕𝒊𝒆𝒓 𝒊𝒔𝒕

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Das weiße Haus wirkt einladend und freundlich. Es stammt aus dem letzten Jahrhundert, wurde aber schon mehrmals renoviert.
Der weitläufige Garten ist mit vielen Büschen und am Rande der Mauer mit hohen Bäumen bestückt. Ich laufe die Einfahrt hinauf zu den Stufen vor dem Eingang. Dort erwarten sie mich schon sehnsüchtig, Vianne und André Durand.

Der stattliche Mann mit seinen grau melierten kurzen Haaren und dem dichten Bart lässt die zierliche Vianne neben ihm ganz unscheinbar wirken. Doch ihr breites Lächeln lässt das schmale Gesicht erstrahlen.

Das leise Tippeln von Pfoten hinter mir begleitet mich monoton und beständig. Seine Krallen schleifen etwas über den Asphalt. Vianne atmet laut auf bei Erons Anblick. Ich hoffe ich kann ihn noch als Hund verkaufen. Das war die einzige Möglichkeit ihn mitzunehmen. Er hat schließlich darauf bestanden mitzukommen. Doch als Mann, wären meine Eltern sofort misstrauisch geworden und hätten ihn niemals unter dem selben Dach mit mir schlafen lassen.

In der Beziehung sind sie wohl etwas altmodisch. Doch sie haben ja nur ein Kind auf das sie aufpassen müssen.
Wenn Eron also auf mich acht geben und mich beschützen möchte, dann kann er das nur in seiner tierischen Gestalt tun.

„Liebes, da bist du endlich. Ich hoffe deine Reise war nicht allzu beschwerlich."
Vianne nimmt mich sofort in die Arme und drückt mich herzlich an sich.
Währenddessen starrt der dickbäuchige André auf den großen Hund hinter mir.
„Nisha, du hast nicht gesagt wie groß er ist."
Auch André umarmt mich kurz. Dabei lässt er Eron nicht aus den Augen.

Ich hoffe, dass er meinen zukünftigen Freund niemals so kritisch ansehen wird, falls ich jemals einen finde.
„Wie sagtest du noch gleich bist du an ihn herangekommen?"
„Er ist mir zugelaufen", antworte ich etwas nervös. Dabei ist das ja nicht einmal ganz gelogen.

„Ahja", brummt André nur skeptisch und legt seine Stirn in Falten. Seine blau-grauen Augen wandern zwischen mir und Eron hin und her.
„Er hat schon starke Ähnlichkeit mit einem Wolf."
Er ist ja auch einer, denke ich bei mir.
„Er ist ein Mischling", sage ich schnell. „Keine Angst, er ist absolut harmlos", versichere ich halb lachend halb nervös und schenke Eron einen leicht warnenden Blick. Er soll bloß nicht auf die Idee kommen meine Eltern für eine Malzeit zu halten.

Seine Augen verengen sich. Er hat mich verstanden und senkt den Kopf.

„Na er wird sich schon benehmen, Schatz. Kommt rein, ihr seid bestimmt hungrig."
Vianne geht voraus und hält uns die Tür auf. André nimmt mir meine Reisetasche ab und trägt sie hinein.

Vor der Türschwelle bleibt Eron zögernd stehen.
„Na komm!", fordert Vianne ihn freundlich auf. „Nur hier drinnen bekommst du etwas zu essen."

Als ob ihn das lockt. Doch auch ich wundere mich über Erons Zögern.
„Sie hat dich schon herein gebeten, also geh, oder möchtest du hier draußen bleiben?"
Vielleicht ist er noch misstrauisch. Immerhin sind wir nicht mehr in Allmende, sondern in der Großstadt. Hier ist ihm nichts vertraut und er muss bei Menschen sein.

Verständnisvoll lege ich meine Hand auf seinen Kopf. Zu meiner Überraschung fühlt sich sein Fell nicht rau und struppig an. Es ist ganz weich, genauso wie seine Haare. Man sieht jetzt auch nicht, dass ich sie geschnitten habe. Sein Fell ist nicht irgendwie kürzer oder anders. Es glänzt genau wie vorher in der Mittagssonne und fühlt sich so angenehm zwischen meinen Fingern an.

Er hebt den Kopf und schaut mich einen Moment mit seinen goldenen Augen an. Was will er mir nur sagen? Ich wünschte ich könnte mich auch jetzt normal mit ihm verständigen.

ERONWhere stories live. Discover now