Twenty-second chapter

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Todestag

Erst einmal kam kaum eine Reaktion von seiner Seite aus aber als er mich ohne ein Wort zu sagen an sich zog und mich fester als sonst umarmte, fingen meine Augen an zu brennen.
Das war die schönste und einfühlsamste Reaktion, die ich je von jemanden bekommen hatte, sobald man es erfuhr. Er hätte mir auch erzählen können, wie leid es ihm tut und das er es sich kaum vorstellen könne, wie es war ohne seine Mutter zu leben. Aber nichts dergleichen kam von ihm.

Das einzige was er tat, war über meine Haare hinunter über meinen Rücken zu streichen und das immer wieder wiederholte. Schließlich drückte er mir noch einen Kuss auf den Kopf bevor ich mich wagte mich von ihm zu lösen. Er sah wahrscheinlich an meinen Augen, dass es wirklich schmerzhaft war aber in diesem Moment war ich mehr als glücklich, dass er mich nicht mit Worten zu texte.

„ Ich.. werde deine Tante und dich hinbringen und werde im Auto warten aber ihr nimmt euch soviel Zeit wie ihr braucht, ok?"

Man merkte ihm an, dass er zum einen Teil sehr vorsichtig war, was seine Wortwahl betraf und zum anderen Teil er mich aber auch auffangen möchte, wenn ich anfangen sollte vor ihm zusammen zu brechen. Aber ich konnte es seltsamerweise nicht raus lassen. Wie eine Blockade, die mich abhielt Tränen zu verlieren, staute sich in meinem Körper auf. Wahrscheinlich beruhigte mich seine behutsame Art einfach.

„ Danke" flüsterte ich benommen und sah ihm einfach nur in die Augen. Er erwiderte meinen Blick so sanft wie er nur konnte, strich mir schließlich über die Wange und platzierte dann einen Kuss auf diese Stelle wo vor einer Sekunde seine Finger waren. Mein Herz schlug automatisch schneller.

„ Ich werde immer an deiner Seite sein." Sprach er leise. Es war als ob die ganze Welt um uns herum stehen blieb sobald wir uns so nah waren. Wenn er bei mir war, schien der Schmerz und die Trauer weniger zu werden - oder zumindest gab er mir das Gefühl, dass es so war. Vielleicht machte ich mir das auch nur vor aber all die Zeit lang hatte ich mir einen Menschen an meiner Seite gewünscht, der mich auffängt, mich zum Lachen bringt und der etwas an mir sieht, was kein anderer sieht.
Und nun flüsterte mein Bauchgefühl jedesmal wenn ich ihn sah, zu mir, dass ich mich fallen lassen konnte. Zuerst war es sehr leise und noch ziemlich unsicher doch jetzt in dieser Situation wurde es lauter und lauter. 

„ Ich bin froh, dass du in mein Leben gekommen bist, Isaiah." Hauchte ich gegen seine Haut. Er war so warm und beruhigend, dass ich im stehen einfach einschlafen könnte.

„ Und ich bin froh, dass du mich erst in dein Leben gekommen lassen hast." Sagte er und strich weiterhin über meinen Rücken. Aus dem Augenwinkel, sah ich wie Lucía hin und wieder mit einem schmelzenden grinsen zu uns sah. Ich war froh, dass sie beide da waren.

~

Antonia Louise Nellsen
Ihr Name stand in geschwungener Schrift in dem Anthraziten Grabstein graviert. Ganz sachte fuhren die zarten Finger von May über die einzelnen Buchstaben, sowie sie es immer tat, als wir an ihrem Grab waren. Ohne ein einziges Wort waren wir heute zusammen mit Isaiah zum Friedhof gefahren, während er nur an seinem Auto weiterhin stand und auf uns wartete, dennoch wusste ich, dass er zu uns sah - ich merkte seine brennenden Blicke in meinem Nacken.  „ Schau wie groß deine kleine Dahlia geworden ist, Anni." Flüsterte May, kam aus der Hocke und legte einen Arm um mich.  „ Ihr neuer Freund ist nun auch dabei, Isaiah heißt er." Während sie zu meiner Mutter sprach, bekam ich wie immer kein Wort heraus. Meine Stimme würde immer wieder versagen, wenn ich es versuchen würde.

„ Du würdest ihn mögen, glaub ich." Hauchte sie und einzelne Tränen kullerten von ihren Augen ihre Wangen hinunter. Ich stand einfach nur da und ließ meine Tränen ebenfalls freien Lauf während ich meinen Kopf an Mays Schulter lehnte. Mein ganzer Körper schmerzte bei dem Gedanken, wie sehr ich sie vermisste. Es hätte alles so anders sein können. Ich hätte sie vielleicht sogar hindern können, indem ich diesen morgen weiter bei ihr geblieben wäre und nicht so naiv wie ich war, in die Schule gegangen wäre.

Es tut mir leid, Mama. Du hast es nicht verdient so zu sterben.

Ich wollte es so gerne über meine Lippen bringen, in der Hoffnung sie würde es vielleicht doch hören - irgendwo wo sie nun war. Doch ich konnte nicht. Wie als ob meine Stimme nicht mehr existieren würde, kratzte es in meinem Hals, während ich die salzigen Tränen auf meinen Lippen schmeckte. Es war so schwer. Das alles war nicht fair!
Sie hätte noch so ein tolles Leben gehabt und wäre nun überglücklich wenn sie Isaiah kennenlernen würde. Sobald ich ihm von ihrem streitsüchtigen, respektlosen Freund von damals erzählen würde, würde er ihn hochkant raus werfen - wenn ich es nicht schon vorher getan hätte.

Sie würde sich mehr als mich auf den Tag meines Abschlusses freuen, auf meinen einundzwanzigsten Geburtstag, auf ihre Enkelkinder. Alles. Aber nun liegt ihr Körper meterweit unter der Erde und sie kann nur alles von oben herab sehen. Nie wieder werde ich in ihren Armen liegen können, nie wieder würde sie mir zeigen wie man tanzt. Sie würde nicht an meiner Hochzeit weinen vor Glück.

Ein tiefer Schluchzer entwischte meiner Kehle worauf May mich noch näher zog. 
„ Sie ist super stolz auf dich, das weiß ich." Sagte sie mir um mir ein wenig halt zu geben. Doch ich nickte einfach nur und ließ mein Blick auf ihr Grab gerichtet. Könnte ich doch bloß die Vergangenheit rückgängig machen.

Kurz sah ich doch über meine Schulter zu Isaiah, der aber in einem Telefonat verstrickt war und deswegen mich kein Stück zu bemerken schien. Ich wollte wieder nach vorne sehen, als aber eine andere Person in mein Blickfeld geriet stockte ich. Voller Tränen erkannte ich die einzelnen Gesichtszüge nicht, dennoch hatte ich das Gefühl den von der Statur erkennbaren Mann zu kennen. Er trug einen gelben Strauß in der Hand und kam weiterhin schnurstracks in unsere Richtung, bis er plötzlich wenige Meter vor mir stehen blieb und den Strauß in seiner rechten Hand sinken ließ.  Es dauerte einige Sekunden bis die Tränen aus meinen Augen weniger waren und ich wie eine Kameralinse auf ihn scharf stellen konnte. Mein Herz setzte einen Moment aus. Was machte der denn hier?!

„ Dahlia.. bist du es?" Ein unglaublich fester Knoten aus purem Hass gemischt unbändiger Wut, entstand in meinem Bauch, als ich wie in einer schockstarre in die grünen Augen sah und meine Hände zu Fäusten ballte. Meine Augen huschten zu Isaiah, der sich in meine Richtung gedreht hatte und prompt in meine Augen sah. Ein besorgter Blick huschte über sein ernstes Gesicht bevor er rüber zu ihm sah.

Ich fokussierte wieder ihn, merkte wie May mich am Arm zurückhielt und irgendwie versuchte auf mich einzureden, doch ich hörte sie nicht mehr als ich mich von ihr los riss und auf ihn zustampfte. Ich biss meine Zähne so stark aufeinander, dass ich das Gefühl hatte, dass es weh tat.

Doch nichts konnte den Schmerz in meiner Brust übertönen.

„ Wie kannst du es wagen?"

<•>

Ihr habt ja alle gespannt auf ein neues Kapitel gewartet und schon wieder lasse ich, böse Autorin, euch mit einem bösen bösen Cliffhanger hängen ;)
Kein einfaches Kapitel, musste selber gut darüber nachdenken wie ich es weiterführe und habe selber ein bisschen geweint, als ich es geschrieben habe, haha.

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