Kapitel 4

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- Kapitel 4 - 

 Es war ... die Welle, die auf ihn zuraste und der er standzuhalten glaubte, bis sie ihn von den Füßen fegte. Es war der Boden, der plötzlich unter ihm nachgab und das eiskalte Gefühl des Fallens. Es war der Stupor, dem er ausgewichen zu sein glaubte und der ihn dann doch noch erwischte. Es war ... schockierend. 

 Die Wucht der fremden Gefühle traf Severus so hart, dass er sogar im Sitzen schwankte. Das, was ihn von Hermine erreichte, löste beinahe körperliche Schmerzen aus. Er griff sich an den Kopf und baute seine Mauern so plötzlich auf, dass von ihr ein ersticktes Keuchen zu hören war. Zweifellos wäre sie zurück gestolpert, wenn sie nicht schon auf dem Sofa gelegen hätte. 

 Einige Sekunden blieb es still und Severus lauschte heftig atmend dem Pochen seines Herzschlags, dann kämpfte sie sich mit einem leisen „Ich hab's dir ja gesagt" hoch und wollte anscheinend gehen. Sie kam dort nicht an, denn bereits vom Aufsetzen wurde ihr wieder schwindelig und sie sank zurück. Das Glas rutschte ihr aus der Hand und fiel polternd auf den Boden, das Wasser schwappte kalt über seine Füße. 

 „Lass die Okklumentik sein!", beschwor er sie erneut und ließ das Wasser verschwinden, hob das Glas auf. 

 Sie schloss mit verbissener Miene die Augen und rollte sich auf der Seite zusammen, vergrub das Gesicht hinter ihren Armen. Sie schüttelte zwar ihren Kopf, doch als er vorsichtig seine Okklumentik abbaute, stellte er fest, dass ihre Gefühle vollkommen frei lagen. 

 Nach und nach öffnete Severus seinen Geist und ließ es geschehen, dass ihre Gefühle ihn zu erfüllen begannen. Sie waren so heftig ... Severus hatte Gefühle nie derart heftig erlebt. Er hatte nicht gewusst, dass andere das taten. Es hatte Zeiten in seinem Leben gegeben, in denen er seine Gefühle schon als unaushaltbar erlebt hatte, aber das ... Er schloss die Augen und trieb eine Weile darin, ehe er zu verstehen versuchte. 

 Er wusste, dass er nicht weit kommen würde. Er hatte sich nie die Mühe gemacht, seine Gefühle mit Worten zu benennen. Niemand hatte ihn jemals danach gefragt. Für ihn waren sie immer nur das gewesen, das sich so schlimm anfühlte. Oder das, das sich besser anfühlte. Oder das, das irgendwie völlig außerhalb jeder Bewertung lag. Aber für das stärkste von Hermines Gefühlen kannte er Worte, weil er genau dieses Gefühl kannte. Unerwiderte Liebe. 

 Wenn das nur schon alles wäre ... Die fremden Gefühle rauschten wie ein heißer überwältigender Strom durch seinen Geist und sein Körper reagierte darauf. Sein Herz schlug heftig, er atmete viel zu schnell, fühlte sich unruhig und ruhelos. Er schnaubte leise. Blutmagie forderte einen Preis und das war offensichtlich der für sein Leben. 

 „Ist es immer so heftig?", fragte Severus und fuhr sich über den Mund. 

 Wieder schüttelte sie den Kopf, sah ihn nicht an. „Ich kann es sonst ... besser regulieren. Relativieren." Nun nahm sie doch den Arm vor ihrem Gesicht weg, ihre Wangen waren feucht. „Ich bin kein Opfer meiner Gefühle, Severus. Aber das ..." Sie schluckte. 

 Sie zahlte auch ihren Preis. Er schloss die Augen. Diese verdammte Liebe war so heftig, dass er sich am liebsten auf seine Hände gesetzt hätte. Sie kribbelten regelrecht, so dringend wollte er sie berühren. Wie hatte sie das nur zulassen können? Wie hatte sie es dazu kommen lassen können, dass sie solche Gefühle für ihn überhaupt entwickelte? Völlig egal, wie stark – das war schrecklich! 

 „Warum tust du nichts dagegen?", fragte er deswegen. 

 „Was soll ich denn tun?", fragte sie heiser. „Ich habe so sehr versucht, es nicht zuzulassen. Ich wusste, dass es ... masochistisch ist, solche Gefühle zu entwickeln. Ich habe es wirklich nicht darauf angelegt, mich in dich zu verlieben." 

Ergeben deiner MachtWhere stories live. Discover now