Kapitel 9

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- Kapitel 9 - 

 Etwa eine Stunde später verließ Severus neben Hermine das St.-Mungos. Während sie bei Ginevra gewesen waren, musste die Hölle über das Krankenhaus hereingebrochen sein, denn jetzt waren die Gänge voll. Sie kämpften sich vorwärts, um zum Apparierbereich zu gelangen. Severus musste mehrmals einen großen Schritt über Kinder oder anderes Kleinstgetier machen. Dabei fluchte er die ganze Zeit mehr oder weniger laut vor sich hin, brachte einen Jungen zum Weinen (woraufhin Hermine ihn strafend ansah) und rempelte versehentlich eine Krankenschwester an, weil er einer alten Dame auswich. 

 „In deinem Labor bewegst du dich eleganter", sagte Hermine mit gerunzelter Stirn, als sie den zweiten Stock erreicht hatten. 

 Severus sah sie finster an. Nicht nur wegen ihrer Bemerkung hinsichtlich seiner Eleganz, sondern auch weil die Sehnsucht nach einem Kind noch immer nicht nachgelassen hatte. Severus musste sich dazu zwingen, diese Gefühle nicht mit Okklumentik auszublenden. Aber darunter war auch noch etwas anderes. Etwas ... 

 Er warf ihr einen kurzen Blick zu. Die Freude vom Vormittag war verschwunden, nicht nur aus ihrem Geist, sondern auch aus ihrem Gesicht. Er runzelte die Stirn. Vielleicht realisierte sie gerade, dass ihre Liebe zu ihm und ihr Kinderwunsch nicht zueinander passten. Vielleicht stellte sie ihn sich als Vater vor und merkte, wie absurd das war. Aber selbst wenn er seine Rolle dabei mal außer Acht ließ ... „Meinst du nicht, dass du momentan genug mit dir selbst zu tun hast?" 

 Hermine verzog das Gesicht. „Meinst du nicht, du hast dich vorhin ein bisschen zu weit aus dem Fenster gelehnt, als du Ginny von meinen Gefühle erzählt hast?", fragte sie spitz. 

 Severus zog eine Augenbraue hoch. „Sie weiß nichts von unserem kleinen Problem?" 

 „Nein, sie weiß nichts von unserem Problem. Niemand außer uns und Professor Dumbledore weiß von dem Problem." Sie sah ihn eindringlich an. 

 Severus erwiderte ihren Blick gleichmütig, auch wenn er das nicht war. Er war fest davon ausgegangen, dass Ginevra über alles im Bilde war. Schlimmer noch, er hatte sogar befürchtet, dass Potter ... „Gut, dass man dir deine Gefühle ohnehin an der Nasenspitze ablesen kann." 

 Hermine schnaufte und betrat vor ihm den kleinen Innenhof, auf dem Quadrate auf dem Boden als Apparierpunkte markiert waren. Die Sonne stand jetzt hoch am Himmel, die Wolken vom Vormittag hatten sich verzogen. Hermines Haare glänzten wie dunkler Honig. Ein paar Strähnen kringelten sich um ihre Ohrringe und die Sommersprossen auf ihrem Nasenrücken traten in diesem Licht noch besonders hervor. Severus riss sich mühsam von ihrem Anblick los, als sie sich die Haare hinter die Ohren strich, die Augen gegen das helle Licht zusammengekniffen. Sie betrat einen der Apparierpunkte und war verschwunden, ohne noch ein Wort zu sagen. 

 Severus starrte einige Sekunden unzufrieden auf den Punkt, an dem sie eben noch gestanden hatte. Im nächsten Moment riss der Lärm einer nahenden Großfamilie ihn aus seinen Gedanken und er folgte ihr.

- - -

 Der nächste Tag begann mit einem denkwürdigen Ereignis für Patty, die Hauselfe, die Severus zu Diensten war. Nun ja, möglicherweise war es sogar ein extrem besorgniserregendes Ereignis, so ganz konnte er ihren Gesichtsausdruck nicht deuten, als er verlangte: „Schokoladencreme." 

 Sie blinzelte ihn mehrmals an, die Fledermausohren zuckten leicht und sie schien sich nicht sicher, ob sie ihn richtig verstanden hatte. „Sir, bitte?", fragte sie also und schielte betreten auf das Tablett, auf dem sich zwei Scheiben Toast, ein wenig Butter, Rührei und eine große Kanne schwarzer Kaffee befanden – so wie immer, wenn er nicht in der Großen Halle frühstückte. 

Ergeben deiner MachtWhere stories live. Discover now