Kapitel 18.3

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~Cleophea

Als ich das nächste Mal die Augen öffnete, stritt sich niemand. Ich lag noch immer in der gleichen modrigen Zelle, aber diesmal gelang es mir, meine Muskeln dazu zu zwingen, sich zu bewegen. Mein Kopf schmerzte, als würde jemand mit einer schweren Eisenstange pausenlos darauf einschlagen und meine Handgelenke brannten, als würden sie in Flammen stehen. Mühsam und in Zeitlupe richtete ich mich auf. Ketten klirrten, und als ich an mir herab blickte, stellte ich fest, dass schwere Eisenketten meine Handgelenke umschlossen. Nur Eisen. Aber warum bei allen Göttern brannte sich das Metall dann wie Säure in meine Haut?  Mein Blick wanderte umher. Die Wände der Zelle schienen undurchdringlich und das Gitter vorne könnte einer Ratte Ein- und Austritt in die Zelle beschaffen, jedoch nicht mir. So klein war ich dann auch nicht. Der Raum hinter der Zelle erinnerte mich an einen Raum in einer alten Burg, wie ich ihn in Mittelalterserien schon öfter gesehen hatte. Hier gab es bestimmt Ratten. Allerdings wäre mir die Anwesenheit einer Ratte deutlich lieber als die von Damian.

,,Sieh mal einer an, ist Dornröschen etwa erwacht?" Damian ging vor dem Gitter in die Hocke, war aber immer noch ein ganzes Stück größer als mein sitzendes Ich.
,,Was wollt ihr von mir?", fragte ich kraftlos. Meine Stimme klang rau und mir fiel auf, dass ich ziemlich durstig war. Hoffentlich plante niemand, mich elendig in meiner Zelle verdursten oder verhungern zu lassen.
Damian lächelte freundlich. ,,Das hab ich dir gestern schon erklärt. Du bist wichtig. Du kannst ein Druckmittel sein. Du kannst Seth anlocken. Du bist in jedem Fall vielseitig verwendbar."

,,Sobald Leandros hier ist, werden wir sehen, wie verwendbar du noch bist." Der Türkishaarige gesellte sich zu Damian, nicht ohne ihn vorher noch einmal in die Seite zu boxen, und musterte mich interessiert. Ich tat es ihm gleich. Er war unglaublich schön. Seine Augen leuchteten giftgrün und erinnerten mich augenblicklich an Dawson. Allgemein sah er Dawson irgendwie ein bisschen ähnlich. Er besaß markante Gesichtszüge und hohe Wangenknochen, seine Wimpern waren lang und ebenso pechschwarz wie seine perfekt geschwungenen Augenbrauen. Wären die bunten Haare nicht gewesen, hätte er gemeinsam mit Dawson Vampirserien drehen können. Seine intensiv grünen Augen suchten meinen Blick. ,,Bedank dich bei ihm dafür, dass du hier bist, Cleophea Moreland... Wenn's nach mir gegangen wäre, hättest du weiter in Frieden langweiligen Unterricht haben können, aber Damian ist nun mal nicht der Intelligenteste."

Ein sichtlich angepisster Damian drehte sich zu ihm. ,,Rede keinen Scheiß. Sie hat mich gehört, während ich telefoniert habe."

Das hatte ich allerdings. Musste ich mir Gedanken über mein mentale Wohlbefinden machen, wenn mir der Türkishaarige ein kleines bisschen sympathisch war? Irgendwie fand ich ihn weniger gruselig als Damian.

,,Du wurdest also beim Telefonieren ausspioniert. Ich sag ja, dass du nicht der Hellste bist."

Ich wechselte meine Sitzposition und das Metall der Eisenketten bohrte sich tiefer in meine Haut, woraufhin ich merklich zusammenzuckte. Was war das nur für ein Zeug?
Der Türkishaarige stieß Damian einen Ellenbogen in die Seite. ,,Nun komm schon, Damian, wir sitzen hier, als hätten wir nichts anderes zu tun. Mein Sklave wird sich um sie kümmern. Nicht wahr?"

,,Nenn mich noch einmal 'dein Sklave' und ich mische dir Enthaarungscreme in dein Shampoo, du Vollpfosten." Das war die Stimme des Typen, der vorhin noch hinzu gekommen war. Obwohl ich in einer Zelle herumhing, in der höchstwahrscheinlich neben mir auch einige Ratten hausten, war ich irgendwie froh, dass die Leute hier eher damit beschäftigt waren, sich gegenseitig zu zerfleischen statt mich über dem Lagerfeuer zu schmoren und Stückchen für Stückchen zu verspeisen.
Der Grünblickende grinste. ,,Das wär's mir wert, Sklave. Nun kümmere dich um die Gefangene, Damian und ich haben wichtige Angelegenheiten zu erledigen."
Damian und er wandten sich von mir ab, daraufhin trat ein anderer Typ vor und ging vor mir in die Hocke. Er war blass wie eine frisch gestrichene Zimmerwand und hatte türkisfarbene Augen, die mich neugierig musterten. Sein Outfit erinnerte mich ein wenig an das von Seth; Schwarz, Bandshirt und ausladende schwere Stiefel. Am auffälligsten an seiner Erscheinung waren die braunen Haare, die sich in seiner derzeitigen Haltung fast bis zum Boden lockten. Okay, Rebell hin oder her, diese Mähne war echt cool.  ,,Wie heißt du, Mädchen?", fragte er. Dabei grinste er mich aufmunternd an, sein Lächeln wirkte nett und sympathisch. Das irritierte mich irgendwie.

TodessohnWhere stories live. Discover now