15. Kapitel

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Luke's P.o.V.

Der Donnerstag war gekommen, morgen hätten wir keine Schule, da unsere Lehrer an irgendwelchen Weiterbildungen teilnahmen um die Jugend von heute besser verstehen zu können. Im Endeffekt würde es eh nichts bringen, aber ich wollte mich ja nicht über ein verlängertes Wochenende beschweren. Vanessa, Max und die anderen hatten mich gestern über meinen kleinen Ausraster ausgefragt, wieso ich so abgegangen wäre, doch ich hatte ihnen nur ausweichende Antworteten gegeben. Alle hatten es auf sich beruhen lassen, nur Zack nicht. Ich hatte das Gefühl, dass er etwas ahnte, ich könnte mich natürlich auch täuschen aber trotzdem sollte ich aufpassen.

Heute würde meine Mutter aus dem Krankenhaus entlassen, doch sie würde nicht nachhause kommen. Die Ärzte hatte ihr gesagt sie solle die restliche Zeit nutzen und die Dinge tun sie immer vor sich her geschoben hatte. Aus diesem Grund würde sie meine Großmutter besuchen, Mia und Caro kamen mit, nur ich blieb zuhause. Marco hatte sich bereit erklärt die drei zu fahren, da meine Großmutter einige Stunden entfernt wohnte und meine Mutter in ihrem Zustand nicht fahren durfte. Seit ich mich damals geoutet hatte und meine Oma mir wüste Beleidigungen an den Kopf schmiss hatte wir meine Großmutter nicht mehr gesehen. Ich wusste wie sehr meine Mam darunter leidet keinen Kontakt mehr mit ihrer eigenen Mutter zu haben und das alles nur wegen mir. Sie hatte nie ein Wort darüber verloren, trotzdem fühlte ich mich schlecht, schließlich war das alles meine Schuld. Ich musste sie praktisch dazu überreden diesen Ausflug zu machen, von sich aus hätte sie es nicht getan, da sie viel zu viel Angst hatte, dass ich mich verraten fühlen könnte. Ihr würde dieser Besuch gut tun, da war ich mir sicher und mir würde es eine kleine Auszeit verschaffen. Ich liebte meine Schwestern und meine Mutter unfassbar, doch manchmal wünschte ich mir einfach einen kleine Pause von meinem Leben, manchmal wollte ich einfach einer dieser unbeschwerter Jugendlichen sein, die nur Partys, Alkohol und Spaß im Kopf hatten. Jedes Mal, wenn ich mir das wünschte fühlte ich mich schuldig, aber auch meine Energie war begrenzt. Ich freute mich einfach ein Wochenende lang nicht der starke Luke sein zu müssen.

„Und du bist dir sicher? Wir müssen nicht fahren wenn du dich nicht wohl damit fühlst." wiederholte meine Mutter zum gefühlt hundertsten Mal. Wie auch die anderen hundert Mal zuvor antwortete ich: „Mama, ich will, dass ihr Oma besuchen fahrt! Nur weil sie nicht damit klar kommt wie ich bin, heißt das nicht, dass sie nicht deine Mutter ist und dich liebt. Mia und Caro freuen sich auch schon Oma wieder zusehen." Sie seufzte geschlagen, ich wusste ich hatte gewonnen.
„Na gut wir fahren. Und du hast echt kein Problem damit alleine zu bleiben? Du kannst immer noch mitkommen! Ich will bloß nicht, dass du dich ausgeschlossen fühlst..." Natürlich tat es verdammt weh zu wissen, das meine Großmutter, die mir als Kind immer Geschichten vorgelesen hatte, die extra nur für mich Marmeladen-Plätzchen gebacken hatte, obwohl niemand außer mir die gerne gegessen hatte und die auf mein Drängen den ganzen Tag mit mir Mau-Mau gespielt hatte, mich nun verachtete und nichts mit mir zu tun haben wollte. Doch wenn ich jetzt mein Mutter davon abhielt sie zu besuchen, würden sie nie Frieden schließen und ich hatte das unbestimmte Gefühl, dass meine Mutter genau diesen Frieden so dringend brauchte.

„Ich weiß echt zu schätzen, dass du dich so um mich sorgst. Aber denk doch einmal auch an dich! Mir geht es gut. Ich bleibe hier, ihr fahrt. Keine Wiederrede! Außerdem würde es doch sowieso nichts bringen, Oma ist stur und so schnell ändert sie ihre Meinung nicht. Und jetzt Schluss mir dieser Diskussion."

„Wann bist du bloß so erwachsen geworden?" ein liebvolles Lächeln lag auf ihren Lippen.

„Wenn ich das wüsste." seufzte ich.

„Ich bin stolz auf dich. Ich hoffe du weißt das."

„Ja das weiß ich. Ich muss jetzt zur Schule, viel Spaß euch Vier." mit einem Kuss auf die Stirn verabschiedete ich mich von meiner Mutter.

*****

Wollte der mich verarschen? Das konnte nicht sein Ernst sein! Wütend schnaubte ich auf. Was fiel diesem Arsch vor mir eigentlich ein?
Ich fürchtete bloß, dass mir nichts übrig blieb als ihm zuzustimmen.

Ich hatte mir vorgenommen dieses freie Wochenende zu nutzen und ein paar extra Schichten in der Bar zu schmeißen. Gleich nach der Schule war ich zu meiner Arbeitsstelle gegangen. Tja, mein Chef hatte mir aber einen Strich durch die Rechnung gemacht. Er hatte mir erklärt, dass alle Schichten am Wochenende voll wären. "Außer..." Wendete er ein " wenn du so unbedingt mehr Geld willst, hätte ich noch eine Angebot für dich." Das schmierige Grinsen in seinem Gesicht hätte mir Warnung genug sein sollen, war es aber nicht. „Ich hab da so ein Event geplant heute Abend. Um genau zu sein ein Gayevent! Mein Kumpel meinte sowas kommt gut an bei den Schwuppen. Naja und damit die auch was zum Anfassen haben brauch ich ein paar knapp bekleidet, knackige Kellner. Für dich wäre natürlich das doppelte Gehalt drin."
Gott, wie ich diesen Mann verabscheute. Mein Pech war jedoch das ich die zweihundert Euro extra gut gebrauchen könnte. Vor allem in der nächsten Zeit, wenn... Ich wollte gar nicht daran denken, was wäre wenn meine Mutter... Wenn sie nicht mehr da wäre. Verdammt nochmal, beiß die Zähne zusammen, Luke!
„Ich will das Dreifache! Und wehe einer dieser Typen wir handgreiflich." Ich würde das Gefühl nicht los, dass ich einen riesigen Fehler machte, doch jetzt war es zu spät. Mit einem gewinnenden Grinsen willigte er ein. Ich konnte bloß hoffen, dass ich die ganze Sache heil überstehen würde.

Liebe stirbt nicht! Where stories live. Discover now