Kapitel 19

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Nach Tartarus gelangt man auf eine andere Art, als nach Styx. Wir ging durch die Haustür ins Freie und stiegen eine dunkle Treppe hinab. Die Treppe ging spiralförmig nach unten und wurde von roten Laternen beleuchtet, die unheimliche Schatten an den Wände warfen, wie kleine Schatten, die im Licht tanzten.

"So gelangt man nach Tartarus?" fragte ich mit gerunzelter Stirn, als sich die Türen hinter uns schlossen. Ich sah zu Theo, der sein Gewand näher an sich zog. Ich glaube, dass Theo mir nicht genug vertraute, um mich im Rücken haben zu wollen, da ich auch noch von den rohen Wunden und Narben wusste. Er schob sogar seine Hände in die langen, weiten Ärmel, als er die Stufen hinunterging.

"Tartarus ist ein Loch im Boden", sagte Theo gedehnt, als hätte ich das schon längst wissen müssen, und ich runzelte die Stirn. "Dort komm die schlimmsten der Schlimmen." Ich schaute weg und fragte mich für den Bruchteil einer Sekunde, ob mein Vater dort unten war, bevor Theo weitersprach, als ob er meine Gedanken gehört hätte.

"Und nein, kein Menschen hat es je hier her geschafft." antwortete Theo rundweg. Ich blinzelte überrascht, als ich mich beeilte um mit ihm Schritt zu halten.

"Warte, nicht einmal Leute wie Hitler haben es nach Tartarus geschafft?" fragte ich und wickelte meine Chlamys fester um meine Schultern, als eine kühle Brise die Treppe hinaufströmte und mir die Haare aus dem Gesicht wehte. Ich verzog das Gesicht, als mir ein starker, fauliger Geruch in die Nase drang. Ich bedeckte meine Nase, aber Theo schien es nichts anzuhaben.

"Tsk", schnaubte Theo als Antwort auf meine Frage, "Hitler ist ein Heiliger im Vergleich zu den Leuten, die in Tartarus gefangen gehalten werden. Und das wirst du früh genug herausfinden, sollten die Titanen fliehen." Ich verzog das Gesicht und fühlte wie mir übel wurde. Der brennende Geruch half auch nicht. Ich konnte die übel riechende Mischung aus Blut, Kot, Urin und anderen nicht erwähnenswerten Substanzen kaum beschreiben.

"Warum riecht es hier so schlecht?" fragte ich endlich, den Geruch kaum ertragend. Theo hielt inne, als würde er nun auch den Geruch bemerken und rümpfte die Nase, bevor er die Stufen weiter runter ging und darauf achtete, gute vier Stufen zwischen uns zu lassen.

"Das ist der Geruch der Folter, du Gör. Bete, dass du nie erfährst, wie es riecht, wenn es an deiner Haut haftet." antwortete er, als wir an einer normalen Holztür ankamen, die mit schmiedeeisernen Motiven verziert war, die auf den passenden Türknauf in Form eines Drachenschädels zu wirbelten.

Theo starrte die längste Zeit auf die Tür mit einem Gesichtsausdruck, der mir verriet, dass er wirklich nicht hinein wollte. Ich war mir nicht sicher, ob aus Angst oder aus Verärgerung. Es war manchmal schwer, Theos Gesichtsausdrücke zu deuten, und ohne meine göttlichen Kräfte, konnte ich seine Gedanken nicht lesen... falls ich solche Kräfte überhaupt besaß. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass Theo und Malachi diese Fähigkeit besaßen, wegen der Art wie sie mit mir sprachen.

Theo griff endlich nach den Türgriff und öffnete die Tür zu einem Flur. Er war mit Kopfsteinpflaster versehen und größere Steine waren in die Wände eingebettet. Die Decke war dunkel und mit Spinnweben bedeckt, die aussahen, als befänden sie sich seit Jahrzehnten dort. Die Laternen beleuchteten den Flur mit einem unheimlichen roten Schimmer und ich runzelte die Stirn.

Theo ging voraus. Seine nackten Füße bewegten sich leise. Das einzige Geräusch das zu hören war, kam von seinem goldenen Schmuck, der um seinen Hals, seine Handgelenke und seine Knöchel, klimperte. Er sah auf gefährliche und tödliche Weise wunderschön aus, wie er erhobenen Hauptes, die Arme an den Seiten und einem selbstsicheren Gang, der die Leute warnte, sich nicht mit ihm anzulegen, vorausging. Durch das rote Laternenlicht wirkten seine roten Haare und roten Augen nur noch bedrohlicher.

Inferi [boyxboy] (Übersetzung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt