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Magnus



Nach einiger Zeit werde ich durch das Weinen ganz erschöpft und falle in einen unruhigen Schlaf, welcher mich kein bisschen erholen lässt.
Als ich aufwache, schiebe ich diese negativen Gedanken auf die Seite. Ich habe hier nicht vor depressiv zu werden, ich möchte dem FBI helfen und dann zu Alec zurück. Ich sollte das Ziel im Visier haben, nicht den Weg oder die Komplikationen. Ich werde heute versuchen raus zu kommen. Vielleicht bekomme ich draußen genug Signal, um anzurufen und wenn nicht, weiß ich nicht wie ich weiter vorgehen soll. Habe ich überhaupt eine andere Möglichkeit? Schließlich kann ich nicht einfach wieder weglaufen. Alec, seine Familie, seine Kollegen zählen auf mich und ich will sie nicht enttäuschen. Ich bin der Freund eines FBI-Agenten, ich sollte mich auch so benehmen.

Also reiße ich mich zusammen und stehe auf, wobei ich den Teddy wieder unter der Decke verstaue. Ich setze ein selbstbewusstes Gesicht auf. Das, das ich mir in der Schule und Uni antrainiert habe und mittlerweile zu meinem Charakter gehört. Ich richte meine zerknitterte Kleidung, denn ich habe weder einen Koffer gepackt noch hier einen Kleiderschrank.
Langsam öffne ich die quietschende Holztür und verlasse den Raum. Gerade als ich den Ausgang finde, kommt mir Rose entgegen. „Wo willst du denn hin?", fragt sie sichtlich zufrieden mit sich selbst. Wahrscheinlich denkt sie, sie ist etwas Besseres als ich. Doch ich bin derjenige, der im guten Team spielt.

„Ich wollte ein wenig an die frische Luft.", erkläre ich schnippisch und will mich an ihr vorbeidrängen, doch sie hält mich fest. „Dazu brauchst du die Einverständnis vom Boss.", zieht sie mich mit sich. „Er ist mein Vater und ich bin erwachsen. Ich werde wohl das Haus verlassen dürfen!", sträube ich mich, gebe schlussendlich allerdings nach. Sie werden mich nicht einfach gehen lassen.
Die Brünette bringt mich wie am Vortag wieder zu Asmodeus' Büro und klopft an, verschwindet jedoch sofort wieder. Dasselbe feste 'Herein' ertönt und ich öffne die Tür. „Magnus, gut, dass du hier bist. Da du anscheinend zurück gekommen bist, um in den Familienbetrieb einzusteigen, würde ich vorschlagen, wir beginnen heute.", sieht er von ein paar Blättern Papier auf und lächelt mich grausam an.

„Eigentlich wollte ich mir gerade die Beine vertreten gehen und meinem Freund Bescheid geben, dass es mir gut geht." Ich bleibe in der Tür stehen und warte die Reaktion meines Vaters ab. „Dann werde ich dich vermutlich nicht aufhalten. Weißt du denn, wann du zurück sein wirst? Ich hätte gerne, dass du beim Abendessen teilnimmst.", reagiert Asmodeus ruhig und zivilisiert. Ich sehe ihn überrascht an, denn ich hatte alles erwartet, alles, außer das. „Ja, natürlich. Danke.", will ich gerade die Tür schließen, als ich noch einmal aufgehalten werde. „Aber ich werde Camille rufen. Sie soll dich begleiten, schließlich sollst du nicht alleine herumirren und im schlimmsten Fall nicht mehr zurück finden. Außerdem ist es gefährlich und ich will natürlich nicht, dass dir etwas passiert."

Er drückt einen Knopf und wenig später steht eine hübsche Frau in einem enganliegenden roten Kleid vor mir. Sie hat lange schwarze Haare und lange rot angestrichene Fingernägel. Hätte ich nicht schon meinen Traummann gefunden, wäre ich vermutlich nicht abgeneigt. „Du musst Magnus sein. Camille, schön dich kennenzulernen.", hält sie mir ihre Hand hin und erwartet, dass ich ihren Handrücken küsse. Ich sehe sie verwirrt an und ignoriere ihre Hand mit den gruseligen Fingernägeln. „Ja, ich bin Magnus. Können wir jetzt gehen? Ich würde gerne mit meinem Freund sprechen. Ich vermisse ihn wirklich sehr.", lasse ich sie grinsend wissen und schiebe mich an ihr vorbei.

„Du hast also einen Freund? Wie ist er so? Werde ich ihn irgendwann einmal kennenlernen?", erkundigt sich Camille, während wir über ein Feld spazieren. Hier ist generell nur Feld. Feld, ein paar Bäume und Sträucher und das Haus. „Er ist einer der liebenswertesten Personen, die ich kenne. Ich kann mir nicht vorstellen, mich nicht in ihn zu verlieben. Er ist unglaublich hilfsbereit, fürsorglich, verständnisvoll, niedlich, zuverlässig und noch dazu unglaublich attraktiv. Allerdings bezweifle ich, dass ihr euch jemals treffen werdet.", überlege ich.
„Vielleicht besser so.", erwidert Camille, was mich verwirrt zu ihr sehen lässt. „Es hört sich ziemlich danach an, als hätte dieser Andrew keinen Plan vom Leben. Kann er dir überhaupt geben, wonach du dich sehnst?", fragt sie, während sie mich verrückt anfunkelt. Warum weiß jeder seinen Namen?

„Du musst darauf nicht antworten. Ich weiß es ... oder, lass mich raten. Er ist äußerlich perfekt, kann dir aber nichts Körperliches geben? Frag nicht, woher ich das weiß. Ich habe viel Erfahrung mit verschiedensten Typen ... und einer mehr würde natürlich nicht schaden. Also, wenn du Interesse hast ... es muss niemand wissen. Bloß wir zwei. Heute Abend? Sagen wir-"
„Hör auf! Das stimmt überhaupt nicht. Alec gibt mir alles, was ich brauche und noch so viel mehr. Er liest mir jeden Wunsch von den Augen ab. Du hast kein Recht, auch nur irgendetwas gegen ihn zu sagen. Du kennst ihn überhaupt nicht!", verteidige ich meinen Freund sauer. „Ich liebe ihn.", hänge ich erschöpft an und drehe mich dann von ihr weg.

„Hat dir denn niemand gesagt, dass es hier nirgends Signal gibt?", lacht Camille hinter mir, während ich mein Telefon aus meiner Hosentasche hole. Ich gehe zu den Kontakten und drücke auf den einzigen eingespeicherten Kontakt, wobei mir jegliche Farbe aus dem Gesicht weicht. Andrew. Ich habe Alec gesagt. Hoffentlich hat Camille nichts mitbekommen und sagt es nicht meinem Vater.

Direkt nachdem ich auf den Namen drücke, erscheinen die zwei Wörter auf dem Display. Kein Signal. Wie soll ich denn jetzt jemals wieder von hier wegkommen? Vermutlich können sie mich auch nicht orten, wenn es kein Signal gibt. Ich sitze hier fest. Hier irgendwo im nirgendwo mit meinem irren Vater und einer Frau, die mich verführen will. Aber Alec muss mich doch finden. Irgendwann.

„Gehen wir zurück. Mir ist die frische Luft vergangen.", murmele ich demotiviert, enttäuscht, hoffnungslos. Meine morgendliche Motivation ist nämlich kein bisschen mehr vorhanden. Als wir zurück kommen, dämmert es tatsächlich schon. Ich hatte, als ich aufgewacht bin, auf keine Uhr gesehen und keine Ahnung wie lange wir gegangen sind. Aber wir sind weit gegangen und es ist gut möglich, dass es Stunden waren.

Von Camille werde ich nicht wieder in Asmodeus' Büro geführt, sondern in einen kleinen Sall. In der Mitte steht ein großer Holztisch und an einem Ende sitzt bereits mein Vater. „Genau rechtzeitig. Danke, Camille.", nickt er ihr zu und deutet mir, mich zu setzen. Ich lasse mich am anderen Ende des Tisches nieder und bin dadurch ungefähr fünf Meter von ihm entfernt.
„Du hättest mir vorher sagen können, dass es hier nirgends Signal gibt.", breche ich die Stille und sehe meinen Vater leicht gereizt an. „Ich dachte mir, du würdest es sowieso von selbst irgendwann herausfinden. Und das hast du ja schließlich jetzt auch.", lächelt Asmodeus, während eine junge Frau den Raum betritt und zwei zugedeckte Teller hereinbringt und jeweils vor meinen Vater und mich stellt. „Danke, Sophie.", bedankt er sich.

Verwundert sehe ich ihn an. Er scheint harmlos, doch ich habe erlebt wie gewalttätig er werden kann. Ich vertraue ihm kein Stück mehr und verstehe auch nicht, warum ich mit ihm zu Abend essen soll. Glückliches Familienessen kann es auf jeden Fall nicht sein. „Ich wollte morgen damit beginnen, dir alles zu zeigen. Schließlich weiß ich nicht, ob du dich noch erinnern kannst, was wo zu tun ist.", reißt mich mein Vater aus meinen Gedanken, bevor er sich eine Gabel Reis in den Mund schiebt. „Das wäre wohl gut. Es ist schon ziemlich lange her, dass ich hier war.", erwidere ich und spiele mit. Anscheinend ignoriert er, dass er immer unglaublich gemein zu mir war und ich weggelaufen bin. Er macht als wäre alles normal und als würde es bei seinem Betrieb um die Herstellung von Quietscheenten gehen – was definitiv etwas für Jace wäre, was Alec mir erzählt hat.

„Willst du denn nichts essen?", fragt Asmodeus mich nach einiger Zeit, in der ich nur im Hähnchen herumgestochen und den Reis von einer Seite zur anderen geschoben habe. Ich habe einfach überhaupt keinen Appetit. „Ich habe nicht besonders Hunger, aber danke. Darf ich aufstehen?", lege ich die Gabel auf den Tellerrand und sehe meinen Vater abwartend an. „Wenn du wirklich nichts möchtest. Gute Nacht, mein Sohn.", wünscht er mir und sieht mich unergründlich an. „Gute Nacht, Vater.", murmele ich und verlasse den Raum, um wieder in mein kleines Zimmer zu verschwinden. Ich lege mich in mein Bett und kuschele mich an den Teddy.
Gottseidank bin ich durch das viele Gehen etwas müde, auch wenn ich trotzdem nicht einschlafen kann. Ich habe mich daran gewöhnt neben Alec einzuschlafen und aufzuwachen. Und jetzt bin ich in meinem Albtraum gefangen, obwohl mein Vater überhaupt nicht so ist wie erwartet. Ich weiß nicht, ob er sich minimal verändert hat oder etwas in Schilde führt.
Ich hoffe, dass Alec einen Plan hat, mich hier wieder zu befreien. Hier leben kann ich auf jeden Fall nicht länger als eine Woche.

Undercover (german Malec ff)Donde viven las historias. Descúbrelo ahora