6. Kapitel

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Ich hatte mich tatsächlich relativ schnell mit der Tatsache abgefunden, dass Viktor nun der ausgewählte Champion für Durmstrang war. Natürlich war da immernoch die Sorge, dass ihm etwas zustoßen könnte, doch andererseits konnte er gut auf sich selbst aufpassen. Außerdem würden im Notfall die Lehrkräfte und Schiedsrichter einschreiten.

Am nächsten Tag, der auch der letzte Schultag in dieser Woche war, verließ ich nach dem Frühstück ohne meinen Bruder die große Halle. Als Champion hatte er nun, neben dem Unterricht, noch andere Dinge zu tun.

Heute zum Beispiel stand ein Fotoshooting und das erste Interview mit dem Tagespropheten an.

Natürlich war ich nicht ganz allein.
Da waren immernoch Zlato und Iwan, die mit mir zum Unterricht gingen. Letzteren ignorierte ich dabei geflissentlich, denn er hatte mich gestern Abend nach der Versammlung einfach so von Fred, George und Lee weggezogen. Ich hatte allerdings bereits mit Viktor gesprochen und dieser war ebenfalls der Meinung, dass Iwan seine Aufgabe viel zu ernst nahm. Meinem Bruder war es lediglich wichtig, dass mir nichts zustoßen konnte. Er würde mir niemals den Kontakt zu anderen Schüler verbieten, auch wenn er nicht gerne sah, dass ich mit Jungs zusammen war.

Doch jetzt hatte ich etwas gegen ihn in der Hand.

Oder besser gesagt jemanden.

Grinsend presste ich meine Bücher näher an meine Brust und sah zum Gryffindortisch, wo das braunhaarige Mädchen saß, dass meinem Bruder den Kopf verdreht hatte. Heute morgen beim Frühstück hatte Viktor abwesend zu ihr rüber geschaut und erst aufgehört, als ich ihm auf sein mehr oder weniger auffälliges Starren aufmerksam gemacht hatte.

"Alles gut El?" fragte Zlato, der mein breites Grinsen wohl bemerkt hatte. Ich nickte jedoch einfach nur auf seine Worte hin.
Mit einem flüchtigen Blick zu Fred, der zwischen anderen Gryffindors neben seinem Ebenbild und Lee noch am Frühstückstisch saß, folgte ich Zlato und Iwan aus der Halle. Irgendwie wollte mir der rothaarige Weasley seit unserem zweimaligem Zusammenstoß nicht mehr so richtig aus dem Kopf gehen.

Ich biss mir auf die Lippe und verdrängte Fred nur mühsam aus meinen Gedanken.

Der Unterricht zog sich heute unglaublich in die Länge und ich war mehr als nur froh, als ich die letzte Stunde endlich hinter mir hatte. Ich beschloss kurzer Hand die Bibliothek aufzusuchen, da ich auf dem Schiff meist nicht in Ruhe Hausaufgaben machen konnte. Zudem wusste ich, dass mir keiner der Jungs freiwillig in die Bibliothek folgen würde, also konnte ich dort auch etwas allein sein.

Zlato und Iwan reagierten so wie erwartet und ließen mich mit gespielt angeekelter Miene ziehen.

Gut gelaunt betrat ich wenig später die Bibliothek. Und als hätte das Schicksal es so gewollt, trafen meine Augen direkt auf das Gryffindormädchen. Sie saß über einen Stapel Bücher gebeugt allein an einem Zweiertisch und schrieb eifrig auf ein Stück Pergament. Lächelnd grüßte ich der Bibliothekarin, die mir nur irritiert hinterher schaute und ging entschlossen auf das Mädchen zu. "Entschuldigung, aber ist hier noch frei?" fragte ich freundlich lächelnd, als ich den Tisch erreichte. Das Mädchen hob perplex den Kopf und starrte mich einige Sekunden lang an, ehe sie nickte. Ich ließ mich auf den Stuhl ihr gegenüber nieder und breitete meine Unterlagen aus.

"Ich glaube mein Bruder findet dich gut." 

Das Mädchen hob erneut den Kopf und sah mich überrascht und auch etwas überrumpelt an, während ich mich fragte, ob es schlau gewesen war, direkt mit der Tür ins Haus zu fallen.

"Du bist Eleanor Krum, richtig?" fragte sie plötzlich und ich nickte. "Viktor ist mein älterer Bruder". Das Mädchen lächelte nun auch leicht und streckte mir ihre Hand entgegen: "Hermine Granger". Mir fiel wortwörtlich ein Stein vom Herzen, als ich ihr Lächeln erwiderte und nach ihrer Hand griff.

Hermine schien wirklich verdammt nett zu sein und sofort schlich sich der Gedanke in mein Kopf, dass wir vielleicht Freundinnen werden könnten. Zwar verfolgte ich auch den Plan, sie und Viktor einander näher zu bringen, doch gegen eine neue Freundschaft und weiblicher Gesellschaft hier in Hogwarts hätte ich definitiv nichts.

"Bist du wirklich mit den zwölf Durmstrang's allein nach hier gereist? Vermisst du deine Schule und Freunde nicht?" fragte Hermine interessiert und ich zuckte grinsend mit den Schultern. "Ja, ursprünglich sollte ich gar nicht mit nach Hogwarts, aber Viktor hat sich beim Schulleiter für mich eingesetzt. Natürlich werde ich meine Freunde in Durmstrang und meine Familie das Jahr vermissen, aber ich freue mich viel mehr auf die Erfahrungen, die ich hier machen werde. Eure Schule ist so anders als unsere" erwiderte ich und sie nickte verstehend.
"Hätte ich Geschwister, würde ich sie auch begleiten wollen." "Ein bisschen schwierig ist es schon, dass ich nur mit Jungs zusammenhänge. Deshalb habe ich auch beschlossen, dich anzusprechen. Nicht nur, weil ich glaube, dass dich mein Bruder interessant findet. Ich brauche unbedingt weiblichen Ausgleich" sagte ich lächelnd, woraufhin Hermine amüsiert auflachte.

"Kann ich absolut verstehen".

Wir redeten noch etwas über belanglose Dinge und bemerkten gar nicht, wie es draußen bereits zu dämmern begann. Ich erfuhr unter anderem, dass Hermine den vierten Jahrgang besuchte und somit zwei Jahre jünger als ich war. Ich stellte zudem relativ schnell fest, dass sie eine kluge Hexe war, die gerne viel Zeit in der Bibliothek verbrachte und ihre Nase in jedes Buch steckte. Zu ihren besten Freunden zählten Harry Potter und Ronald Weasley, von denen sie mir auch einiges erzählte. Im Gegenzug erzählte ich ihr von meiner Familie und Viktor.

"Um nochmal auf diesen Ronald zurück zu kommen, du sagtest eben er würde Weasley mit Nachnamen heißen?" fragte ich irgendwann neugierig und Hermine nickte. "Du hast deiner Frage nach zu urteilen bereits einen Weasley kennengelernt oder?" Ich nickte und legte grinsend den Kopf schief. "Genauer gesagt zwei. Fred und George" erwiderte ich und Hermine verdrehte die Augen.

"Fred und George sind für ihre Scherze und Streiche bei den Schülern von Hogwarts relativ bekannt. Ich habe allerdings nicht selten das Gefühl, dass sie dabei etwas übertreiben."

Hermine betonte das 'etwas' besonders und ich wusste sofort, woran sie gerade dachte.

"Aber sie haben ja eine kleine Abreibung bekommen. Der Zauber Dumbledore's hat sie mit Wucht von den Füßen gerissen" grinste ich und Hermine schnaubte belustigt. "Es gibt auf jeden Fall noch mehr Weasley's. Da wären noch Bill, Charlie, Percy und Ginny" fügte sie kurz darauf noch hinzu und ich staunte nicht schlecht bei ihren Worten. Fred und George hatten also noch fünf weitere Geschwister.
"Gehen sie alle noch hier auf die Schule?"
"Bill, Charlie und Percy sind schon fertig. Fred und George sind wie du im sechsten Schuljahr, Ron ist wie gesagt in meinem Jahrgang und Ginny ist noch ein Jahr tiefer" erklärte Hermine und ich nickte verstehend.

Ich versuchte all diese neuen Informationen in meinem Kopf zu ordnen und stellte mir vor, wie es wohl sein würde, wenn ich ein Teil von diesem Ganzen wäre.

Durch Hermine's Erzählungen fühlte ich mich auf jeden Fall nicht mehr so fremd hier in Hogwarts. Klar, das Schloss war nicht meine Schule und meine Heimat lag woanders, doch ich fühlte mich durch Hermine sofort heimischer.

Ich konnte es kaum erwarten, mehr Zeit mit ihr zu verbringen.

"Es tut mir übrigens echt leid, dass ich dich von deinen Aufgaben abgehalten habe" sagte ich an die Gryffindor gewandt, die mich allerdings nur lächelnd ansah. "Ist nicht schlimm. Es hat mich gefreut, dich kennengelernt zu haben. Musst du eigentlich immer am Slytherintisch essen?" erwiderte sie fragend und ich zog nachdenklich die Augenbrauen zusammen.

"Nicht das ich wüsste."

"Dann setz dich doch morgen früh zu uns, wenn du magst. Dann stelle ich dir die Anderen vor. Fred und George kennst du ja bereits" schlug Hermine vor, woraufhin ich glücklich das Gesicht verzog.

"Danke für das Angebot. Natürlich beehre ich euch mit meiner Anwesenheit" antwortete ich grinsend und packte meine Sachen zusammen. "Ich muss jetzt aber leider los. Viktor macht sich bestimmt schon sorgen" schob ich noch hinterher und verdrehte die Augen, woraufhin Hermine lachte.

"Wir sehen uns morgen Eleanor."

"Bis morgen Hermine" erwiderte ich, winkte ihr noch einmal kurz zu und verließ dann mit einem glücklichen Gefühl im Bauch die Bibliothek.

Longing Lips | Fred Weasley Donde viven las historias. Descúbrelo ahora