11. Kapitel

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Die erste Aufgabe lag nun vier Tage zurück, doch noch immer war sie Gesprächsthema Nummer Eins in der Schule.

Harry und Cedric wurden von den Hogwartsschüler gefeiert, doch auch Viktor und Fleur hatten sich Respekt und Ansehen verschaffen können. Mein Bruder und Harry lagen beide momentan auf Platz Eins, da sie die gleiche Punktzahl hatten.
Die zweite Aufgabe würde erst am 24. Februar stattfinden, bis dahin hieß es, das Rätsel in dem goldenen Ei zu lösen. Viktor hatte mir versprochen, dass er mich um Hilfe bitten würde, sofern er diese brauchte.

So wie ich meinen Bruder allerdings kannte würde er sich sowieso erst spätestens im Januar mit dem Ei beschäftigen.

"Hey El" sagte jemand und keine Sekunde später traf mich ein Salatblatt. Ich zog die Augenbrauen zusammen und richtete meinen Blick auf Zlato, der mir gegenübersaß und mich schief grinsend anschaute. Wir aßen gerade Mittag und in der großen Halle herrschte Mal wieder eine ausgelassene Stimmung und ein erhöhter Lärmpegel. Ich hatte mittlerweile mit mir selbst vereinbart, dass ich mindestens eine Mahlzeit am Tag am Gryffindortisch einnehmen würde. Ich wollte meine Jungs nicht vernachlässigen, doch trotzdem war es mir wichtig, dass meine nun bereits engere Freundschaft zu Hermine, Harry, Ron, Fred, George und Lee nicht unter den Bedingungen litt.

"Was haben wir jetzt nach dem Essen?" fragte Zlato und ich sah ihn streng an.
"Seh ich etwa aus wie ein wandelnder Stundenplan?" fragte ich, woraufhin Viktor, Iwan, Miron und Sergej um uns herum auflachten. Zlato's Mundwinkel zuckten, er erwiderte jedoch nichts auf meine rein rhetorische Frage und hob stattdessen fragend eine Augenbraue. "Wir haben jetzt eine Doppelstunde Zaubertränke mit Professor Snape" antwortete ich schließlich seufzend und sah zum Lehrertisch. Wir hatten bereits einige Stunden mit Snape gehabt. Ich kam eigentlich recht gut mit ihm zurecht, da er wie die meisten unserer Lehrer in Durmstrang war.

Streng und diszipliniert.

Nachdem das Essen von den Tischen verschwunden war, brach allgemeiner Tumult in der großen Halle aus. Auch ich erhob mich von meinem Platz und verließ gemeinsam mit meinen Schulkameraden die Halle. Auf dem Weg hinaus ließ ich es mir jedoch nicht nehmen und warf einen flüchtigen Blick zu Fred, der in diesem Moment ebenfalls seinen Kopf hob.

Unsere Blicke trafen sich und wie automatisch stieg meine Laune ins unermessliche und ein breites Lächeln erschien auf meinen Lippen.

Bei Merlin, dieser Junge hatte bereits jetzt schon einen viel zu großen Einfluss auf mich.

Gedankenverloren folgte ich den anderen Durmstrang's in den unteren Teil des Schlosses. In dem Klassenraum für Zaubertränke angekommen ließ ich mich relativ mittig an einem Zweiertisch zusammen mit Viktor nieder. Da wir nur dreizehn Schüler waren, war der große Raum relativ leer, doch dies störte niemanden besonders. So herrschte ein angenehmes Klima.

Jedenfalls bis Professor Snape den Klassenraum betrat.

"Schlagen Sie Ihre Bücher auf Seite hundertdrei auf" sagte er monoton, dennoch war seine Stimme laut und schneidend. Schweigend tat ich wie er verlangte und schlug das Lehrbuch Zaubertränke für Fortgeschrittene auf, genauso wie alle Anderen.
"Ich teile Ihnen jetzt jeweils einen Partner zu, mit welchem Sie den Trank der lebenden Toten brauen werden. Sie haben bis Ende der Doppelstunde Zeit. Dann sollten Sie mir ein respektables Endergebnis in einer kleinen Phiole überreichen" schob der Professor für Zaubertränke noch hinterher und ich warf erneut einen Blick auf den Trank im Buch.

Der Trank der lebenden Toten war relativ kompliziert herzustellen.

"Miss Krum, Sie arbeiten mit Mr. Koslow zusammen" sagte Snape keinen Moment später und teilte auch die restlichen Paare ein. Ich sah zu Rouwen, der schräg rechts hinter mir saß. Er nickte mir zu und deutete auf den Platz neben sich, der gerade von Miron freigeräumt wurde. "Wir sehen uns Bruderherz" sagte ich an Viktor gewandt, welcher mit Alen zusammenarbeiten musste. Ich erhob mich mitsamt meinen Sachen und ging zu Rouwen hinüber. Ich verstand mit eigentlich recht gut mit dem Russen, weshalb ich mich ohne zu murren neben ihn niederließ.

"Also, wir brauchen eine fein gehackte Affodillwurzel, als Sud zerkochten Wermut, den Saft einer Schlafbohne und eine Baldrianwurzel" sagte ich laut, während ich einen Blick auf die Zutatenliste im Buch warf. "Ich gehe die Zutaten holen, besorgst du dann die Materialien?" warf ich direkt fragend hinterher und Rouwen nickte auf meine Worte hin. Wir erhoben uns synchron und holten die benötigten Sachen.

Ich mochte das Fach Zaubertränke eigentlich recht gerne, da man hier eine klare Anweisung hatte und für sich arbeiten konnte.

Als ich zum Tisch zurückkehrte hatte Rouwen bereits den Kessel aufgestellt und den Löffel zum umrühren daneben gelegt.
Wir begannen kurz darauf mit dem brauen des Trankes, wobei ich immer mal wieder einen Blick ins Buch warf.
Wie beschrieben kochten wir die gehackte Affodillwurzel in dem von uns hergestellten Wermutsud. Laut Anweisung sollte aus dem Gebräu nun ein bläulicher Dampf aufsteigen und als dies der Fall war, lehnte ich mich zufrieden zurück. Nun hieß es warten bis der Dampf einen brombeerähnlichen Farbton annahm. "Wir könnten doch schon mal den Saft aus der Schlafbohne pressen" schlug Rouwen vor, woraufhin ich mich wieder von meinem Stuhl erhob. "Gute Idee. Willst du oder soll ich?" erwiderte ich fragend und fixierte den Dunkelhaarigen. Es war bekannt, dass sich eine Schlafbohne nicht gerade leicht ausdrücken ließ. Ich schnaubte belustigt, als Rouwen mir den Vortritt ließ und schnappte mir das Schneidebrett, die Bohne und ein Messer.

Es war wirklich schwer und ziemlich mühselig die Bohne auszudrücken. Ich versuchte mein Bestes, doch im nächsten Moment flutschte die Bohne unter dem Messer hinweg und flog quer durch den Klassenraum.

Verdattert sah ich ihr hinterher, während mir die Jungs nur belustigte Blicke zu warfen. "Po dyavolite! Kakŭv vid bob bi tryabvalo da bŭde? Tvŭrd e kato stomana!" (Verdammt! Was soll das für eine Bohne sein? Die ist stahlhart!) fluchte ich aufgebracht und bemerkte gar nicht, dass  Professor Snape vor unserem Tisch stehen geblieben war. Erst als seine kühle Stimme erklang, wurde ich auf ihn aufmerksam.

"Nachsitzen!"

"Was?" fragte ich perplex und glaubte mich verhört zu haben.

"Sie haben richtig gehört Miss Krum. Sie werden morgen nach Unterrichtsschluss nachsitzen."

"Sie können mir doch kein Nachsitzen aufhalsen, nur weil ich meine Muttersprache benutze. Sie wissen ja nicht mal was ich gesagt habe" erwiderte ich irritiert und schien ins nächste Fettnäpfchen zu treten. Snape kommentierte das Ganze mit einer hochgezogenen Augenbraue.
"Störung des Unterrichts, kindischer Umgang mit den Materialien und unbefugtes benutzen einer Fremdsprache" fasst er meine Missetaten zusammen, ehe er sich umdrehte und wieder nach vorne ging.

Fassungslos starrte ich ihm hinterher.

"Mach dir nichts draus Eleanor. Du machst es nur noch schlimmer, wenn du dagegen redest" murmelte Rouwen, der mittlerweile die Schlafbohne aufgehoben hatte. Er versuchte nun sein Glück und schaffte es irgendwie, der Bohne Saft auszupressen.

Warum hatte er es nicht gleich versucht und mir den Vortritt gelassen?

Grummelnd beobachtete ich das Geschehen.

Der Dampf des Trankes hatte mittlerweile die gewünschte Farbe angenommen und wir konnten fortfahren.
Nach der Zugabe des Schlafbohnen-Safts und der Baldrianwurzel hellte sich der Dampf wieder auf und nun hieß es umrühren. Diese Aufgabe übernahm Rouwen bereitwillig, der merkte, dass ich nach Snape's Worten ziemlich mies gelaunt war. Das Nachsitzen kam für mich sehr ungelegen. Ich wollte morgen mit Viktor Quidditch trainieren, wir hatten dafür sogar eine Genehmigung von Dumbledore erhalten. Immerhin musste mein Bruder sich fit halten als Spieler der Nationalmannschaft.

Mein Blick fiel zurück auf den Trank, dessen Farbe sich durch das Rühren von Violett über Flieder nach Rosa wandelte.

So stand es auch in dem Buch beschrieben. Wir hatten also bis jetzt alles richtig gemacht.

Kurz vor Ende der zweiten Stunde nahm das Gebräu dann die typische durchsichtige, klare Färbung an. Fasziniert starrte ich die Flüssigkeit an, welche wie Wasser aussah.
Wir füllten etwas von unserem fertigen Trank in eine Phiole. Ich überließ Rouwen allerdings die Aufgabe, die Phiole Snape zu übergeben und räumte stattdessen schon mal meine Sachen in die Tasche.

Keine Minute später war der Unterricht vorbei und ich verließ den Klassenraum beinahe fluchtartig.

Viktor musterte mich mit einem amüsierten Grinsen von der Seite, woraufhin ich ihm einen genervten Blick zu warf.
"Kopf hoch Schwesterherz. Wir trainieren einfach nach deiner Strafarbeit" sagte er versöhnlich, doch ich sah genau, dass er sich ein Lachen verkneifen musste.

Longing Lips | Fred Weasley Where stories live. Discover now