Don't let it break your heart

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Louis p.o.v.

Müde blicke ich in die strahlend blauen Augen vor mir. Oder nein strahlend ist nicht mehr das richtige Wort dafür. Reflektierend. Diese Augen strahlen nicht mehr, sie reflektieren nur noch das Licht. Unter ihnen befinden sich tiefe Augenringe auf fahler Haut. Die Lippen sind schmal und das lächeln verbittert.

Am liebsten hätte ich in diesem Moment den Spiegel zerschlagen. Das Spiegelbild zerschlagen, dass nur zu gut mein müdes inneres wiederspiegelt. Müdigkeit ist fast alles, was ich in letzter Zeit fühle. Ich bin zu müde um aufzustehen, zu müde um zu essen, zu müde um glücklich zu sein. Das einzige, was mir noch Kraft gibt, ist die Musik. Sie bringt mich morgens zum aufstehen, aber macht sie mich glücklich? Ich weiß es nicht. Ich geniese es, ich kann mich entspannen, Dinge vergessen. Vermutlich macht sie mich glücklich. Aber es ist nichts im Vergleich zu früher. Früher war ich wie im Rausch, als stände ich unter Drogen, dabei war es nur Harry und Liebe, was mich zum glücklichsten Menschen auf der Welt gemacht hat. Vermutlich bin ich garnicht unglücklich, ich war einfach nur Glückverwöhnt. Mit ihm waren die Tage zu kurz und Pausen zu lang. Ich konnte nie genug bekommen von dem Gefühl, dass er mir gab. Als wäre ich das wichtigste für ihn. Ich war schrecklich verliebt. Aber Zeiten ändern sich, er ist erwachsen geworden, also musste ich es auch. Irgendwie ironisch, dabei bin ich doch der ältere von uns beiden. Und jetzt sitze ich hier, erwachsen, müde und allein. Ich schüttel den Kopf, um meine Gedanken zu verteiben wie lästige Mücken.

Als es an der Tür klopft, fahre ich zusammen, ehe ich mit heiserer Stimme "Herrein!" rufe. Meine Stylistin öffnet die Tür zu meiner Garderobe.

"Wir müssen jetzt anfangen, der Auftritt beginnt in einer halben Stunde." Ihr Blick ist Mitleidig auf mein Gesicht gerichtet, als würde sie sich schuldig fühlen mich beim im Selbstmitleid baden zu stören. Ich will diesen Blick nicht, er macht mir nur noch mehr klar, wie fertig ich bin und aussehe. Ich will nicht so sein, übermüdet und verbittert. Aber ich bin nicht gut darin, alleine sein. Alle anderen können das so viel besser, haben die beste Zeit ihres Lebens. Nicht das meine Solokarriere mir nicht auch Spaß macht. Es ist toll aufzutreten, zu schreiben, zu singen, alleine bestimmen zu können. Es ist ein großartiges Gefühl zu wissen, dass diese Menschen meine Lieder wegen mir hören und nicht, weil noch andere zu hören sind.

Aber ich war noch nicht bereit für die Pause, ich war nicht bereit dafür, meine Tage ohne die Jungs zu verbringen. Ich war nicht bereit, Harry zu verlassen. Ich war nicht bereit dafür, dass meine Mutter gestorben ist, dass Zayn nicht gekommen ist, dass meine Schwester gestorben ist. Das Leben überrumpelt mich von Tag zu Tag und ich habe manchmal das Gefühl, keine Luft zu bekommen. Als würde mich eine Welle nach der anderen Überrollen und immer wenn ich mich wieder an die Oberfläche gekämpft habe, kommt die nächste und drückt mich wieder in die Tiefe. Und ich habe niemanden, der mich festhält.

Ich hole tief Luft, um mich zu beruhigen und um meiner Stylistin zu zunicken, die immernoch im Türrahmen wartet. Sie fängt an, irgendein stinkedes Zeug in meine Haare zu sprühen, während ich taub in den Spiegel starre. Und meine blauen Augen reflektieren das Licht zurück.

Ich stehe hinter der Bühne und bewege meine Zehen in meinen Schuhen hin und her, um irgendwas zu tun. Früher hat Harry mich immer runtergebracht, mir mit einem Kuss oder einem leise geflüsterten Satz die Aufregung genommen. Jetzt macht das keiner mehr.

Alle rufen Dinge durch die Gegend, installieren letzte Scheinwerfer, es gibt einen Soundcheck. Irgendjemand in dem wilden Gewusel aus Leuten fängt an, von dreißig runterzuzählen. Ich hab nie verstanden, wieso sie nicht einfach bei zehn anfangen, aber sie meinten mal, so kann ich mich besser vorbereiten. Ich hab es so hingenommen, sodas ich hier jetzt stehe und nichts tue, während wer auch immer sein Talent fürs Zählen zeigen möchte. Dadurch, dass sich das Licht verändert, fängt draußen Jubel an. Ich höre Gerede und gekreische und vereinzelte "Oi Oiii!"- Rufe, was mich zum lächeln bringt. Meine Anspannung fällt doch ein wenig von mir ab. Als der Typ hinter mit monoton bei zehn angelangt ist, mache ich mich langsam auf den Weg zum Bühnenaufgang (keine Ahnung ob das ein Wort ist). Als der Typ bei eins angekommen ist, seine Stimme geht mir schon nach dreißg Sekunden auf den Sack, betrete ich die Bühne.

Es ist jedes Mal aufs neue Überwältigend. Die Geräuschkulisse verändert sich schlagartig und ich habe kurz das Bedürfniss, meine Ohren zu schützen bis ich mich dran gewöhnt habe. Aber es tut mir gut. Durch den Lärm kann ich die Gedanken in meinem Kopf vergessen und das Gefühl auf einer Bühne zu stehen ist berrauschend. Alle Menschen vor mir sind hier, nur um mich singen zu hören. Ein Grinsen bildet sich auf meinem Gesicht und ich winke in die Menge. Dieses Gefühl rettet mich jedes Mal aufs neue. Ich begrüße sie, rede ein bisschen, bedanke mich fürs kommen, ehe ich den ersten Song ankündige.

"Das ist mein erster Song für euch heute Abend. Viel Spaß bei Don't let it break your Heart." Als die Musik anfängt wird es leiser und alle warten gespannt auf meinen Beginn. Ich auch, denn ich singe diesen Song, wie schon so oft, auch für mich selbst.



Der Weg von der Bühne runter war auch überwältigend. Aber in die schlechte Richtung. In dem Moment, in dem die schwere Tür von der Bühne runter hinter mir zuschlug, wurde es so schlagartig still, dass ich kurz taumelte. In dem Moment, in dem das Adrenalin der Bühne meine Gefühle nicht mehr wegbläst, habe ich das Gefühl zu fallen. Ich realisiere wieder alle Gedanken und es stürmt auf mich ein. Ich fahre mir mit den Händen übers Gesicht und spanne meinen Kiefer an. Ich weiß jetzt schon, wie dieser Abend ausgehen wird.

Einige Minuten später

Ich lehne mit meinem Rücken und meinem Kopf an der kalten Wand, meine Füße stehen ein Stück entfernt. Mein Kopf brummt und ist nebelig. In meiner Garderobe habe ich eine von mir dort deponierte Flasche gefunden und in meinen Mundwinkel hängt eine Zigarette. Ich hasse es, wenn ich in diesem Zustand bin. Aber anders halte ich es auch nicht aus. Ein paar Meter weiter steht mein Fahrer, der mich zu meinen Hotel bringen soll. Aber ich brauch noch ein paar Minuten an der frischen Luft. Ich ziehe an der Zigarette und atme direkt wieder aus. Es schmeckt wiederlich und ich hasse es, aber es beruhigt mich. Es ist nicht das erste Mal, dass das passiert und auch nicht das letzte. Der nüchterne Teil meines Gehirns weiß, was als nächstes passiert und der betrunkene Teil holt mein Handy raus. Ich suche durch mein Handy, bis ich seinen Namen finde. Es klingelt einige Male, bis die Mailbox kommt. Es geht nie einer dran.

"Dies ist die Mailbox von..." Ich halte den Atem an und warte wie gespannt auf seine tiefe, raue Stimme. "...Harry Styles, hinterlass gerne eine Nachricht und höre sie mir an wenn ich Zeit habe, versprochen. " Ich schnaube wie jedes Mal über das so oft gebrochene Versprechen. Häufig rufe ich nur an, um seine Stimme zu hören, aber heute will ich was sagen.

"Hey Harry." Meine Stimme zittert wie meine Beine und ich stütze mich mit meiner freien Hand ein wenig mehr an der Wand hinter mir ab.

"Ich weiß, dass du das nicht hören wirst. Und ich weiß nicht, wieso ich dir das sage, wenn du es eh nicht hören wirst, aber es hilft zu reden, weißt du. Mir gehts nicht gut, Hazza. Aber das ist ja schon lange etwas, was dich nicht mehr interessiert. Du bist schließlich der große Harry Styles, das ehemalige One Direction Mitglied, den, den alle kennen, der Treat-people-with-kindness-Mensch. Aber wo war deine ach so tolle kindness, als ich dich gebraucht habe? Du bist ein Lügner, Harry Styles. Ich brauche dich. Schön, wenn du mich nicht mehr liebst, aber ich brauche dich wenigstens als Freund. Es gab eine Zeit, da haben wir jeden Tag auf einander gehockt. Und jetzt? Ich stehe hier, betrunken und heule wie ein Idiot deine Mailbox zu, während du dich nicht mal genug interessierst, um dir das anzuhö- *piep*" Die Mailbox unterbricht meine Schimpftirade und ich atme tief durch um mich zu beruhigen, ehe ich meinen Kopf wieder an die kühle Wand lehne. Ich kneife die Augen zusammen und konzentriere mich auf das erleichterte Gefühl in meiner Brust, nicht auf die Wut. Als ich mich beruhigt habe, torkel ich auf das Auto zu und setzte mich hinten rein. Der Fahrer fährt los zum Hotel. Wie die letzen Male tut er so, als wäre nichts passiert.

Larry OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt