feel the music | julie and the phantoms

How? - 2020

Flynn war gerade dabei, Julie zu überzeugen, einfach auf die Bühne zu gehen. Ich baute ein Keyboard auf. Ich war optimistisch. Gestern hatte ich Julie in der Garage singen hören. Ich war zwar nicht sichtbar, aber ich musste eben auch auf sie aufpassen, wenn ich nicht gerade als sichtbare Marie anwesend war.  Als sich Carries Auftritt dem Ende neigte, mischte ich mich unter die Leute, um nicht aufzufallen. Gespannt blickte ich auf die Bühne. Julie setzte sich gerade ans Keyboard und ich wurde von einem Schwall Glück überrollt. Endlich sang sie wieder. Als sie begann zu singen, bewegten sich meine Lippen. Verwirrt drehte ich den Kopf. Den Song kannte ich doch! Den hatte ich gemeinsam mit Luke geschrieben! Doch bevor ich mir zu viele Gedanken machen konnte, kamen plötzlich drei Jungs mit Schlagzeug und Gitarren wie aus dem Nichts auf die Bühne. Ich schnappte nach Luft. Das konnte nicht sein. Auch Julie und die anderen sahen verwundert aus. Doch sie lieferten eine Wahnsinnsshow und als Lukes Part an die Reihe kam, gab es keinen Zweifel mehr. Das war Sunset Curve. Als ich genauer auf Alex Schlagzeug sah, konnte ich sogar noch ihr Logo erkennen. Ich begann vor Glück zu Weinen. Sie waren also genau wie ich Geister. Warum ich sie nicht gefunden hatte, konnte ich mir zwar nicht erklären, aber es war mir egal. Vielleicht konnten sich Geister gegenseitig umarmen. Ich hatte seit 24 Jahren keine Umarmung mehr bekommen.

Nach dem Song verbeugten sie sich und plötzlich waren Luke, Alex und Reggie am anderen Ende der Turnhalle. Alle staunten. Da fiel mir ein, dass sie sie vermutlich nicht mehr sehen konnten. Reggie „testete" gerade ob ihn eh niemand sehen konnte. Mir entwich ein Lacher. Die umstehenden Personen drehten sich zu mir um. Ich sah sie entschuldigend an und rannte aufs Klo. Ich kramte mein Buch heraus und machte mich unsichtbar. Dann ging ich hinaus und suchte nach den Dreien. Als ich plötzlich jemanden laut „Leonie!" rufen hörte, musste ich sofort grinsen. Ich drehte mich um und da lag ich auch schon in Alex Armen. „Wie ist das denn möglich?" Ich lachte. „Ihr wisst ja gar nicht wie glücklich ich gerade bin!"  „Doch! Was glaubst du wie es und geht? Wieso bist du nicht alt und warum kannst du uns sehen?", fragte Luke. Ich zuckte mit den Schultern. „Autounfall genau ein Jahr nach einem Tod." Sie sahen mich mitleidig an. „Seit wann bist du denn ‚Wach'?" Ich antwortete und wir redeten noch ein bisschen, bis plötzlich Julie um die Ecke kam. „Mit wem redet ihr?", fragte sie gereizt. Reggie deutete auf mich. „Kannst du Leonie nicht sehen?" Julie sah ihn verwirrt an. „Meine Leonie?" Ich kramte in meiner Tasche, während Luke sagte: „Deine Leonie? Das ist unsere Leonie!" Ich lachte und machte mich sichtbar. „Leo! Was reden die? Und warum kannst du sie überhaupt sehen?" Ich holte tief Luft. Jetzt musste Wohl die Wahrheit raus. „Ich bin auch nicht gerade lebendig.", begann ich, Reggie unterbrach mich mit einem Lacher. „Ich bin aber anders als die drei hier schon seit ein paar Jährchen ein Geist. Ich war mit deiner Mom sehr eng befreundet. Und kurz vor ihrem Tod hat sie mich gebeten, auf dich aufzupassen. Auch wenn sie nicht wusste, dass ich echt zuhörte. Auf jeden Fall habe ich dieses Buch hier gefunden, womit ich mich sichtbar machen kann. Um immer für dich da zu sein." Julie sah mich entgeistert an. „Also bist du genau wie Luke, Alex und Reggie ein Geist?" Ich nickte. „Das ist grad alles ein bisschen viel für mich. Flynn hasst mich gerade auch, weil ich ihr nicht von euch erzählt hab. Aber ich kann ihr ja schlecht sagen, dass ihr Geister seid, sie sagt das sofort Dad!" Ich nickte mitfühlend. „Rede einfach mal mit ihr, und sonst zeig es ihr einfach! Ich kann auch mein Verschwinden vorführen, wenn du willst." Julie lächelte mich dankend an. „Danke! Wir müssen jetzt aber los, wir haben noch Unterricht." Ich nickte genervt. Ich wollte eigentlich die Schule schmeißen, aber ich konnte ja meine beste Tarnung schlecht aufgeben.