new friends - 1995

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Ich stellte jedem sein Getränk hin und setzte mich dann auf den letzten freien Stuhl am Tisch. „Wie heißt ihr eigentlich alle?", fragte ich und blickte in die Runde. „Ich bin Luke, und das sind Alex, Reggie und Bobby." Ich nickte und versuchte mir die Namen sofort einzuprägen. Es gibt nichts Peinlicheres, als den Namen eine Sekunde nachdem man gefragt hat wieder zu vergessen. „Und du?" fragte mich Bobby. „Oh, ja, also ich bin Leonie." „Das ist ein wunderschöner Name. Wie alt bist du, wenn du schon hier arbeitest?", fragte Alex. Ich lächelte ihn an, da er einfach so herzig aussah. „Ich bin 16. Ich gehe noch in die Schule, aber ich arbeite jeden Tag hier.", sagte ich und trank etwas, um den Kloß in meinem Hals runterzuschlucken. „Echt? Jeden Tag. Das ist sicher anstrengend. Warum machst du das?" Ich sah Reggie an und presste die Lippen zusammen. „Die Situation mit meiner Familie ist jetzt nicht gerade großartig und deswegen brauch ich das Geld." Schnell blickte ich auf meine Hände. „Oh was ist den passiert?" fragte Luke sofort. Ich holte Luft und wollte gerade beginnen etwas zu sagen, als ich plötzlich kein Wort mehr herausbrachte. „Luke, sie will das klarer weise nicht sagen, sie kennt uns doch kaum!" ich sah Alex dankbar an. „Es hat echt nichts mit euch zu tun, aber ich kann noch nicht so gut darüber reden." Plötzlich kamen mir die Tränen. Ich drehte mich schnell weg. Als ich plötzlich Alex Arme spürte, der mich umarmte, konnte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten. „Ach, es tut mir so leid. Ihr wart so großartig heute Abend. Ihr solltet feiern und nicht mich hier trösten müssen!" Ich löste mich aus Alex Umarmung und wollte aufstehen. „Leonie, warte, fandest du uns heute echt gut?" Ich sah in Lukes Augen. „Natürlich! Jeder der eure Lieder hört wird sie sofort lieben! Ihr seid echt gut. Ich bin froh, dass ich euch kennengelernt hab, bevor ihr die größten Stars seid." Ich lächelte sie an. „Das ist echt nett von dir, aber ich denke nicht, dass wir so groß werden." „Doch ganz bestimmt. Was ist denn euer nächstes Ziel?" fragte ich. „Wir wollen im Orpheum spielen!" sagte Reggie stolz. „Aber da müssen wir erst mal gebucht werden.", erinnerte ihn Alex. „Echt, meine beste Freundin Rose arbeitet dort!", sagte ich. „Sie meinte, dass dort teilweise auch schlechtere Bands spielen, also ich glaub ihr habt eine realistische Chance dort mal zu spielen."

Nachdem wir noch etwas geredet haben, winkte mir Tom zu. Ich machte schon wieder viel zu lange Pause. „So, Jungs ich muss wieder an die Arbeit. Hat mich echt super gefreut euch kennenzulernen!" „Uns auch. Bist du jeden Abend hier?" Ich nickte Luke zu. „Dann wissen wir ja, wo wir dich finden." Zwinkerte er mir zu. Ich verbarg ein Grinsen und drehte mich um, nachdem ich ihnen zugewunken hatte. Als ich zu Tom ging, lächelte er mich bereits an. „Und, ist einer von ihnen schon dein Freund?" Ich lachte. „Nein, ich habe mich nur mit ihnen unterhalten." Schnell machte ich mich wieder daran, Bestellungen aufzunehmen.

Gegen Mitternacht endete mein Arbeitstag. Ich verabschiedete mich von Tom und ging zu Fuß zurück nachhause. Nachhause, wohl eher in eine gammlige Wohnung die mit zuhause eher wenig zu tun hatte. Etwa auf dem halben weg sah ich plötzlich ein Auto neben mir bremsen. Ich beschleunigte und ging möglichst weit weg von der Straße. Es waren ein paar Jugendliche, die bestimmt schon etwas getrunken hatte. Sie riefen mir etwas zu, doch ich ignorierte sie. Als sie plötzlich ganz anhielten und zwei von ihnen aus dem Auto stiegen bekam ich Angst. Ich umfasste meine Tasche und begann zu laufen. Doch die beiden waren schneller als ich. Sie hatten mich schon nach etwa 100 Metern eingeholt. „Wieso kommst du nicht mit uns?" Ich sah sie entgeistert an. „Was denkt ihr wer ihr seid? Geht weg und lasst mich in Ruhe!" versuchte ich es friedlich. Doch die beiden lachten nur dreckig. Als sie begannen mich anzufassen trat ich dem einen zwischen die Beine und riss mich los. Ich rannte los und hoffte auf genügend Vorsprung. Nach ein paar Minuten hörte ich sie nicht mehr. Erleichtert verlangsamte ich mein Tempo. Plötzlich rannte ich gegen eine dunkle Gestalt. Vor lauter Angst schlug ich ihr ins Gesicht und wollte losrennen, als ich sie erkannte. „Luke? Oh mein Gott, es tut mir so leid!" Ich griff ihm sanft an die Wange. Als ich ihn berührte, zuckte er zusammen. „Luke es tut mir so leid ich dachte du bist einer von denen...", stotterte ich. „Schon okay.", presste er heraus. „Was machst du überhaut hier?", fragte ich. Er nahm mich am Arm und ich folgte ihm. Stumm gingen wir ein bisschen, bis er rechts abbog. Wir gingen in eine kleine Garage. Ich setzte kaum einen Schritt hinein, als Luke schnell zu einem Kühlschrank ging, um sich ein Eis zu holen. Offensichtlich hatte ich ihn etwas zu hart getroffen. Aber wenn er einer von den beiden, die mich verfolgt hatten gewesen wäre? „Luke wieso bist du schon zurück, deine Spaziergänge dauern doch sonst immer mindestens eine Stunde?" Alex Gesicht kam hinter eine Ecke zum Vorschein. „Leonie?" er sah mich verwirrt an und suchte den Raum nach Luke ab. „Luke! Was hast du gemacht?" fragte er entsetzt, als er Luke mit dem Eisbeutel erblickte. „Das war wohl meine Schuld." Murmelte ich beschämt. Alex sah mich entgeistert an. „Was war eigentlich los Leonie?", fragte mich Luke. Ich musste Schlucken. „Es tut mir alles so leid, ich möchte euch echt nicht nerven, wieso passiert immer mir so etwas?" Ich setzte mich auf das nebenstehende Sofa und zog meine Knie an mich. „Ich hatte gerade die Arbeit beendet und bin zu Fuß nachhause gegangen, als plötzlich diese ... Jugendlichen gekommen sind. Zuerst habe ich mir nichts gedacht, aber dann sind sie ausgestiegen und mir nachgelaufen. Luke ich habe gedacht die haben mich eingeholt, sonst hätte ich dich doch nie geschlagen! Es tut mir so unglaublich leid." Ich sah die Musiker an. Mittlerweile hatte sich die ganze Band um mich herum versammelt.

„Was? Leonie wieso machen Leute sowas?" Alex war wie schon am frühen Abend sofort für mich da. Auch die anderen sahen mich betreten an. „Schon okay, ich will jetzt echt nicht länger stören. Luke willst du Schmerzensgeld oder so?" Er musste grinsen. „Deine Telefonnummer, vielleicht." Ich musste schmunzeln. „Wenn du einen Zettel hast sicher." Schnell schrieb ich meine Nummer auf einen Block und stand auf. „Danke das ich kurz hierbleiben konnte, und nochmal Entschuldigung Luke!" Auf dem halben Weg zur Tür knickte mein Knie plötzlich ein und ich fiel auf den Boden. Reggie war am schnellsten bei mir. Ich griff mir ans Knie und musste die Tränen unterdrücken. Ich musste es mir irgendwie verdreht haben. Ich versuchte, gemeinsam mit Reggies Hilfe wieder aufzustehen, doch ich konnte mich nicht länger als ein paar Sekunden auf den Beinen halten. Ich seufzte. „Das kann doch nicht alles heute passieren. Ich hasse diesen Tag!", schimpfte ich. Alle sahen mich an. „Habt ihr vielleicht ein Auto oder so?" Sie schüttelten die Köpfe. Ich schloss die Augen. Wieso passierte mir immer solche Sachen? „Du kannst bis morgen auch hier bei uns auf dem Sofa schlafen.", bot Alex an. Ich schüttelte den Kopf. „Wie könnt ich noch so lieb zu mir sein? Ich bin doch wie eine Klette, die an euch klebt, obwohl ich euch gar nicht stören will!" Luke lachte auf. „Du bist schon auch lustig. Du bist supernett und es stört glaube ich keinen, wenn du heute hier schläfst." Die anderen nickten zustimmend. Ich sah sie dankbar an. „Das ist so nett, ich weiß gar nicht wie ich euch danken kann!"

Als ich es mir mit ein paar Decken und Kissen auf dem Sofa bequem gemacht hatte, sagte ich den Jungs gute Nacht und war gerade am weg dösen, als mir jemand auf die Schulter tippte. Ich drehte mich schnell um. Es war Luke. „Hey, ich wollte dich nicht schrecken, aber wenn du sagst, dass du diesen Tag hasst, meinst du auch unseren Auftritt und dass du uns getroffen hast?" Er sah ernsthaft besorgt aus. Ich musste lächeln. „Luke, ich hasse es das ich euch solche Umstände mache. Ihr wart so großartig heute auf der Bühne. Ich meine es komplett ehrlich ihr seid alle so talentiert! Jeder von euch." Ich merkte, wie ich jedes Wort genauso meinte, wie ich es sagte. Er lächelte mich erleichtert an. „Morgen ist Samstag, da proben wir immer. Magst du bleiben?" Ich überlegte. „Wenn es euch nicht stört natürlich gerne. Aber ich muss morgen Nachmittag wieder arbeiten.", fügte ich hinzu. Er nickte. „Super, ich freu mich schon. Gute Nacht Marie." Ich drückte seine Hand. „Gute Nacht Luke."

feel the music | julie and the phantomsWhere stories live. Discover now