talk - 2020

1.2K 76 5
                                    

In der Schule war ich nicht bei der Sache. Ich versuchte die ganze Zeit unauffällig zu Jacob zu sehen. Aber immer, wenn ich zu ihm schielte starrte er mich an. Ich konnte ihm nicht erklären, was er bei der Garagenparty gesehen hatte. Er würde es mir nicht glauben. Also versuchte ich, ihn zu ignorieren und mich auf den Unterricht zu konzentrieren. In Physik war ich allein. Weder Julie noch Flynn oder Jacob waren in meinem Kurs. Es war entspannend. Ich ließ meine Gedanken abdriften und vergaß beinahe, dass ich ja eigentlich Stunde hatte. Als es endlich läutete und ich durch die Türe nach draußen trat, atmete ich erleichtert aus.

Auf dem Weg zu Julie fiel mir ein, dass sie heute eine Stunde länger Schule hatte als ich. Trotzdem ging ich zu ihr nachhause und setzte mich gemeinsam mit Ray auf den Küchentisch. Begleitet wurden wir von Reggie. Es war anstrengend, ihm und Rey zuzuhören, ohne komisch zu wirken. Plötzlich kam auch Alex dazu. Ich konnte ihn nicht fragen, was er hier machte, aber da kam auch schon Carlos durch die Tür. „Dad! Oh, hi Leonie." Ich hob meine Hand zur Begrüßung. „Ich weiß jetzt etwas ganz Wichtiges! Es sind Geister bei uns im Haus." Ich zuckte zusammen und auch Alex und Reggie sahen verwirrt aus. „Wieso glaubst du das Carlos?", fragte ich ruhig. „Ich habe hier alte Sachen aus der Garage. Es ist ein Geist, der seinen großen Traum nicht erfüllen konnte.", klärte er mich auf. Ich nickte und lächelte gezwungen. „Und was ist dieser Traum?", fragte Ray und Carlos nickte. „Hier. Es ist ein Rezept für einen Dip. Wir müssen den Dip mit einem Sandwich machen, damit er seinen Traum in Erfüllung gehen sehen kann." Erleichtert atmete ich auf. Reggie und Alex verschwanden und ich verabschiedete mich von den beiden, die gerade auf dem Weg in die Küche waren. „Julie sollte jeden Moment kommen, ich warte in der Garage auf sie."

In der Garage wartet aber Alex auf mich. „Wo ist Reggie?" Er zuckte mit den Schultern. Ich setzte mich gemeinsam mit ihm auf das Sofa, als es plötzlich war, als würde ein Blick direkt in Alex hinein einschlagen. Erschrocken wich ich zurück, lief dann aber sofort wieder auf ihn zu. „Alex! Alles okay? Was war das?" „Nichts, nichts wichtiges." Doch ich sah, wie sehr es schmerzen musste. „Sag mir sofort was los ist!", fuhr ich ihn an. „du machst dir nur wieder Sorgen.", versuchte er zu scherzen, doch ich ging nicht drauf ein. Er seufzte. „Caleb, in dem Club aus dem du uns hinausgeholt hast. Weißt du noch?" Ich nickte langsam. „Er hat uns diese... Stempel, ich weiß selbst nicht was es ist gegeben. Wir müssen entweder seiner Band beitrete oder wir sterben nochmal." Ich sah ihn erschrocken an. „Aber ihr seid doch schon tot?" Alex nickte. „Ja, aber wenn wir unsere „Aufgabe" erfüllen, können wir vielleicht die Grenze überqueren." „In den Himmel?" „Wir hoffen darauf." Ich musste lächeln. „Aber was ist eure Aufgabe?" Doch in dem Moment fiel es mir selbst ein. Das Orpheum. „Können wir jetzt über etwas anderes reden?" Ich nickte.

Als Julie noch immer nicht zuhause war und es langsam dunkel wurde, ging ich mit Alex gemeinsam in ihr Zimmer. Wir wollten dort auf sie warten, und ich begann ein bisschen aufzuräumen. „Ist was?" Ich seufzte. „Warum fragen mich das alle?" „Weil du aufräumen hasst?" Ich schüttelte den Kopf. „Hör zu, mir geht's gut. Ich bin froh, dass Julie glücklich ist, aber das was mit euch passiert ist ja auch nicht gerade toll, oder? Außerdem..." Ich brach ab, weil ich schon den Kloß in meinem Hals fühlte. Ich drehte mich um und hob eine Jacke vom Boden auf. Es war Rose alte Jacke. Ich nahm sie in die Hand und konnte die Tränen nun nicht mehr zurückhalten. „Hey, hey, alles gut Leonie. Ich bin hier." Alex nahm mich in dem Arm und so saßen wir ein paar Minuten einfach nur da. Nachdem ich mich etwas beruhigt hatte, drehte ich mich zu ihm. Er sah mich besorgt an. „Ich kann dir gar nicht sagen warum ich gerade weine. Es ist grade einfach alles zu viel." Er nickte. Doch ein paar Momente später merkte ich, wie gut es wäre, mal mit jemandem zu reden. „Alex? Ich vermisse Rose so sehr! Und jetzt habe ich euch nach 25 Jahren wieder und jetzt wollt ihr ganz sterben?" „Leonie. Wir wollen nicht sterben. Aber wir haben keine andere Wahl. Und ich glaube dir, dass du Rose vermisst. Das ist ganz normal. Aber du musst auch mal Gefühle zulassen, so wie jetzt gerade. Du kannst nicht immer ein Stein sein." Ich lachte. „Ein Stein?"

Als das Licht vor der Tür im Garten anging, liefen wir ans Fenster. Es waren Luke und Julie. Doch es sah aus, als ob sie gerade ein intensives Gespräch führten. Ich ließ mich auf Julies Bett fallen und starrte an die Decke. „Du liebst Luke, oder?" Ich setzte mich auf. „Was?" „Ich sehe ja wie du ihn ansiehst." Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Es ist doch klar, dass er Julie mag. Und die sollen glücklich sein!" „Hast du es nicht auch verdient glücklich zu sein?" Ich sah auf meine Hände. „Hallo? Leonie? Natürlich hast du es verdient glücklich zu sein!" „Alex, ich bin es gewohnt die zweite Wahl zu sein, okay. Ich war immer die zweite Wahl. Bei meinem Bruder, früher in der Schule und eben auch jetzt. Es macht mir nichts aus. Außerdem bin ich eh schon tot, falls du es vergessen hast!" Ich stürmte aus dem Haus und hörte noch wie Alex rief: „Wenn es dir nichts ausmacht, warum weinst du dann?" Wütend rannte ich an Julie vorbei, die gerade die Treppen hinaufging.

Draußen sah Luke mich verwirrt an, doch ich sah ihn nicht an. Nur ein paar Meter weiter stand er plötzlich vor mir. Ich schrie auf. „Schlag mich nicht wieder, ja?" Ich musste durch den Tränenschleier lachen. „Leonie, du musst mir jetzt mal sagen, was los ist." „Ich habe schon mit Alex darüber geredet. Es ist einfach gerade schlecht." „ja, aber ich will auch wissen was los ist." Ich verdrehte die Augen. „Liebst du Jacob? Und er dich nicht?" Ich schnappte nach Luft, doch fing mich schnell wieder. „Luke! Nein, hör auf. Ich möchte jetzt echt nicht über Jacob reden." „Also ist es wegen ihm." Er sah beleidigt aus. „Kann dir doch egal sein, du hast ja eh gerade die schönste Teenie-Romanze mit Julie!", rutschte es mir raus. Ich schlug die Hand vor den Mund. „Das habe ich nicht so gemeint." Luke sah mich nur verwirrt an. „Ist es das was dich sauer macht? Meine Freundschaft zu Julie?" „Luke, jeder der euch ansieht kann erkennen, dass das nicht nur Freundschaft ist. Und ich gönne es euch. Wirklich. Von ganzem Herzen. Aber tief in mir drinnen habe ich einfach gehofft, dass wir zwei auch eine Chance gemeinsam haben." Er griff nach meiner Hand. „Leonie. Ich liebe Julie. Aber ich liebe Reggie und Alex genauso. Es ist alles nur freundschaftlich." Ich nickte ungläubig. „Luke es ist wirklich okay. Ich habe dich echt geliebt. Vor 25 Jahren. Aber es ist viel Zeit vergangen. Und wir haben uns beide verändert. Und das ist gut so. Es hätte vermutlich eh nicht gepasst." Ich redete wie ein Wasserfall vor mich hin. Und ich hörte erst auf, als ich Lukes Lippen auf meinen spürte.

feel the music | julie and the phantomsWhere stories live. Discover now