work day and night - 1995

2.8K 99 1
                                    

„Dir ist klar, dass alles nicht echt ist, oder?" „Ja, klar" Natürlich war es real, diese kleinen Gehirne der Normalsterblichen konnten es nur nicht glauben. Erst gestern war ich von meiner letzten „Reise" zurückgekommen, doch das konnte ich Lucy natürlich nicht erzählen. Ich blickte konzentriert auf meine Hände, um ihren durchdringenden Blicken auszuweichen.

Ich legte meinen Stift beiseite, obwohl ich mit keinem Wort des Geschriebenen zufrieden war. Seit Tagen hatte ich eine komplette Schreibblockade und mir fiel keine gute Handlung für das neue Buch ein. Ich blickte auf den Stapel Papier, der seit einem halben Jahr auf meinem Nachttisch lag. Das Buch wartete nur darauf, dass ich plötzlich genug Mut bekam, um zu einem Verlag zu gehen, um es verlegen zu lassen. Ich drehte das Radio auf, um mich mit Musik etwas abzulenken. Während ich zur Musik tanzte, suchte ich meine Sachen für den Nachmittag zusammen.

Ich sprintete zum Bus, den ich gerade in der letzten Sekunde noch erwischte. Außer Atem suchten meine Augen den Bus nach einem freien Sitzplatz ab. Doch alles war besetzt. Ich seufzte und lehnte mich an das Fenster. Nach nur etwa zehn Minuten Fahrzeit stoppte der Bus plötzlich abrupt und es gab einen lauten Knall. Ein Reifen war geplatzt und alle mussten aussteigen und zu Fuß weitergehen oder auf den nächsten Bus warten. Ich kramte in meiner Tasche nach meinem Telefon, um Miller zu sagen, dass ich wieder einmal etwas zu spät kommen würde.

Ich packte mein Handy zurück in die Tasche und begann loszulaufen. Nach etwa zehn Minuten Dauerlauf kam ich komplett verschwitzt im Club an. Ich nahm die Hintertür und legte meine Sachen schnell in der Garderobe für Mitarbeiter ab. Ich band meine Haare zu einem schnellen Zopf zusammen, bevor ich hinter die Bar trat und begann, die Spülmaschine auszuräumen. Plötzlich legte mir jemand die Hand auf die Schulter. Ich musste einen Aufschrei unterdrücken. „Tom, du weißt, wie schreckhaft ich bin!", schimpfte ich meinen Boss freundschaftlich. „Leonie, du bist echt Meisterin im pünktlich kommen!", lachte er. Ich schaute beschämt zu Boden. Ich arbeitete schon seit einem Jahr fast jeden Tag hier im Musik-Club, wo es jeden Abend live Musik gibt, und insgesamt bin ich wahrscheinlich zwanzig Mal pünktlich gekommen. „Aber jetzt bist du ja da, hast du schon gesehen wer heute Auftritt?" Ich schüttelte den Kopf. So viel Zeit hatte ich nicht gehabt. Er zwinkerte mir zu. „Na dann sei gespannt, ich glaube es wird dir gefallen." Ich schüttelte lachend den Kopf.

Um 16 Uhr machte ich meine erste Pause. Ich kramte in meiner Tasche herum, um meine Schulsachen zu finden. Ich machte schnell meine Hausaufgaben, damit ich sie am Montag abgeben konnte. Es klopfte an der Tür und Tom kam herein. „Leonie, bist du bereit? Es kommen schon die ersten Gäste und die wollen bedient werden." Ich nickte und stopfte meine Sachen zurück in die Tasche.

Ich servierte den Gästen ihre Bestellungen, wischte die Tische und half Tom die Bühne vorzubereiten. Der normale Tagesablauf also. Um etwa 19 Uhr, als ich gerade die Gläser wieder in ihre Regale stellte, drehte Miller die Boxen mit der Musik ab. Es war also Zeit für die Live Musik. Gespannt hielt ich inne und sah zu, wie vier Jungs etwa in meinem Alter auf die Bühne kamen. Einer setzte sich hinter das Schlagzeug. Er war blond und wirkte sofort sympathisch. Die drei anderen hatten jeweils eine Gitarre. Der nicht so große, brünette Junge, der meiner Vermutung nach der Leadsänger war, stellte die Band vor und sie begannen den ersten Song zu spielen. Ich setzte meine Arbeit vor, aber ich konnte nicht verbergen, wie sehr mir die Musik der Band gefiel. Nach ein paar Songs bedankten sie sich und gingen von der Bühne. Verstohlen sah ich mich um und sah die vier an einem Tisch sitzen. Sie redeten aufgeregt und sahen unglaublich glücklich aus. Ich musste lächeln. Es war so schön, wenn Leute ihre Passion ausleben können und noch dazu richtig gut sind. Ich nahm mir meinen Block und einen Stift und ging zu ihnen hinüber. „Hallo, kann ich euch vielleicht irgendetwas zum Trinken bringen, nach eurem Auftritt?", fragte ich lächelnd. „Oh ja bitte! Ich hätte gerne ein Cola.", sagte der schwarzhaarige Gitarrist. Ich nickte ihm zu und sah die anderen fragend an. Sie bestellten und nachdem ich mich umgedreht hatte und schon auf halbem Weg zur Bar zurück war, hörte ich wie jemand nach mir rief. „Hey! Magst du dir selbst auch was zum Trinken machen und dich dann bei uns dazusetzen?", fragte der Leadsänger. Ich musste schmunzeln. „Ich schau mal wie viel ich zu tun hab.", sagte ich und begann die Getränke zu machen. Tom kam um die Ecke und als ich ihn fragte, ob ich eine pause machen konnte, stimmte er sofort zu. „Ich muss ja deine sozialen Kontakte fördern.", lächelte er. Ich grinste und füllte mir ein Glas mit Wasser an.

feel the music | julie and the phantomsWhere stories live. Discover now