XXXIII

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Als ich das nächste Mal meine Augen öffnete, sah ich direkt in die Sonne und kniff sie schnell zusammen. Die Nacht hatte ich neben Darryl im Gras verbracht und er hatte mich mit seinen Armen stark umschlungen. Als hätte er Angst, ich würde ihm im Schlaf weggenommen werden.

Lächelnd drehte ich mich auf die Seite. Gar nicht so einfach, wenn Darryl nicht mitmachte. Mal wieder beobachtete ich den Schwarzhaarigen, während er schlief. Er sah so friedlich und unbekümmert aus. Einfach nur süß.

„Morgen", nuschelte er neben mir. Wie lange war er denn schon wach? Ohne seine Augen zu öffnen, grinste er. „Kannst du bitte aufhören mich so anzusehen?"

Ich legte den Kopf schief. „Wie sehe ich dich denn an?"

„So eindringlich und...", er öffnete seine Augen, „verurteilend."

Jetzt war ich aber beleidigt. „Ich hab doch nur beschlossen, dass du im Schlaf süß aussiehst! Sonst nichts", stellte ich zu meiner Verteidigung klar.

„Hast du mich gerade süß genannt?!", stieß er empört aus und rollte sich über mich. Bedrohlich, aber liebevoll sah er mich an und musste selbst ein wenig lachen.

„Ja hab ich. Wobei niedlich es eher trifft." 

Jetzt schien er sauer. Frustriert atmete er die Luft tief ein und stieß sie wieder aus, so, dass sie auf mein Gesicht prallte. Dabei hatte er die Augenbrauen zusammengekniffen und mit tiefer Stimme bestimmte er, „Ich bin nicht süß und schon gar nicht niedlich!"

Ich wusste erst nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Doch Darryls Gesicht erhellte sich plötzlich er drehte uns um, so dass ich oben lag und strahlte mich an. „Außer wenn du das sagst. Aber pssst!" Er hielt sich den Zeigefinger vor den Mund.

„Du bist gemein", lachte ich und schlug leicht auf seine Brust. Diese vibrierte als er lachte.

Allerdings wurde der schöne Moment durch mein Handy unterbrochen, welches klingelte. Genervt ging ich ran. „Ja?"

„Nicht so unfreundlich!", schimpfte David am anderen Ende. „Ist ja auch egal. Wo seid ihr?!" Wow, was war denn mit dem los?

„Draußen. Keine Ahnung. Was gibt's?", wollte ich wissen, wurde aber von Darryl unterbrochen, der mich fast erdrückte und küsste. „Darryl lass das", bestimmte ich lachend und versuchte ihn wegzudrücken.

„Nö, hatte noch keinen Morgenkuss", brummte er und fuhr mit seiner Hand verträumt durch meine Haare.

„Alles okay bei euch?", fragte David am anderen Ende. Den hatte ich ja fast vergessen.

Nachdem ich mich von Darryl befreit hatte, stand ich auf. Dieser sah mich erst beleidigt an und ließ seinen Kopf zurück ins Gras sacken. „Ja, alles in Ordnung."

„Dann kommt zurück nach Hause! Sofort!", schrie David aufgebracht.

Verständnislos schüttelte ich den Kopf. „Wieso?"

„Macht einfach!" David wollte noch etwas sagen, doch er wurde von irgendetwas daran gehindert und die Leitung wurde unterbrochen. Verwirrt sah ich mein Handy an und drehte mich zu Darryl. Dieser hob fragend den Kopf und fragte nach, was sein Adoptivbruder wissen wollte. 

„Keine Ahnung. Er wollte, dass wir sofort nach Hause kommen", erklärte ich.

Der Grünäugige kniff wieder seine Augenbrauen nachdenklich zusammen, dann riss er seine Augen auf und erhob sich schnell. „Wir müssen sofort zurück!"

„Wieso?" 

Noch bevor mein Gegenüber antworten konnte, durchbrach ein Schuss die Luft und Darryl zischte auf. Wie in Zeitlupe sah ich ihn an und mein Blick glitt zu seiner Hand, mit der er nach mir greifen wollte. Sie war blutverschmiert und am Handrücken prangte ein Streifschuss. Geschockt sah ich auf das tropfende Blut und nahm meine Umgebung nicht mehr wahr. Das war dem Traum ziemlich ähnlich und das Ganze erinnerte mich an vergangene Zeiten.

Zum Glück war so etwas für Darryl nicht das Schlimmste und mit seiner anderen Hand griff er nach meiner und zog mich mit sich. Der Schütze war kein guter Treffer, denn er verfehlte uns zweimal.

Wir suchten Schutz im Wald und Darryl führte uns sicher zurück. Zum Glück wurden wir dabei nicht noch einmal getroffen und kamen sicher beim Lager an. Doch was wir dort sahen, war das reinste Chaos.

Rauch stieg in die Luft und Schreie durchschnitten die Luft. „Was zum-?", setzte Darryl an, doch für das Geschehene gab es keine Worte. Das große Tor stand offen und wir hatten freie Sicht auf das Leid im Inneren.

„Darryl! Laila!" David kam auf uns zu gerannt und als er bei uns war hielt er sich an Darryls Schultern fest. „Ihr seid da!"

„Was ist passiert?", fragten wir beinahe gleichzeitig.

David sah uns müde und zweifelnd an. Er wollte wissen, ob wir darauf wirklich eine Antwort haben wollten. „Wir wurden unerwartet angegriffen. Das Sicherheitssystem hat versagt und plötzlich waren sie drin. Viel zu viele, um sie zu zählen und sie haben Feuer gelegt." Wir hörten aufmerksam zu und Darryl stützte David, während dieser weitererzählte. „Dann haben sie auf uns geschossen und..." Die Stimme des Braunhaarigen wurde immer leiser und am Ende schwieg er.

Also gingen wir ins Innere der Lichtung, wobei Darryl seinen Freund eher trug, statt stützte. Davids Kleidung war blutverschmiert und ich konnte in Darryls Blick die Mordlust sehen. Wie gerne er sich hierfür rächen würde. Doch im Moment ging es nicht.

Die anderen sahen nicht anders aus und Jessie hatte es besonders mitgenommen.

Es brauchte mehrere Stunden die Verletzten zu versorgen und meiner Meinung nach hätten wir einen Krankenwagen rufen sollen. Nur was sollten wir denen sagen? Zudem bestand der Clan darauf das mit sich selbst auszumachen. Wie hätte man das Alles und die Toten überhaupt erklären sollen? Es waren zum Glück nicht viele dem Anschlag zum Opfer gefallen, aber definitiv mehr als genug.

„Wie geht es jetzt weiter?", fragte David kraftlos, der an einer Wand lehnte, um nicht umzukippen.

„Wir werden dem Ganzen ein Ende bereiten!" Ruckartig drehte ich mich um und sah Molotov, der mit ernstem Ausdruck uns alle beobachtete. Nicht ein Blutsfleck auf seiner Kleidung. Die Augen wach und aggressiv funkelnd.

Darryl schien das zu gefallen, denn er lächelte bestätigend. „Molotov hat Recht. Wir werden diesen feindlichen Clan ein für alle Mal vernichten!"

„Und dank dem hier wissen wir jetzt auch, wo sie sind", meinte Jessie, die das Buch meines Vaters in der Hand hielt. „Ich hab es mir noch einmal angesehen. Dank der Organisation von Lailas Vater, wissen wir wo das Lager von ihnen ist. Zumindest können wir das Gebiet eingrenzen. Er hat wahrscheinlich nur nie etwas unternommen, weil er die Mittel dazu nicht hatte."

„Aber wir haben sie", sprach Darryl mehr zu sich selbst. „Dann ist das beschlossen! Sie haben das Alles angefangen, dann sollen sie auch zu Ende bringen."

„Nur werden wir Hilfe brauchen. Immerhin kennen wir den genauen Standpunkt nicht.", warf Molotov ein. „Und ich weiß auch, wo wir die herbekommen."

His Green EyesWhere stories live. Discover now