VI

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Misstrauisch sah ich David hinterher, ehe ich mich selbst zum Unterricht begab. Die Gänge waren bereits leer und die meisten Schüler waren schon in ihren Klassen. Also sollte ich mich mal beeilen.

Plötzlich hörte ich Stimmen und näherkommende Schritte hinter mir. Dann Gelächter. Oh nein, das hatte mir noch gefehlt, Ben! Seine nervende Stimme würde ich überall wieder erkennen.

Laila lauf! Unbewusst lief ich schneller und sah unsicher nach hinten.

Doch es war bereits zu spät, einer von Bens Freunden hatte mich gesehen und zeigte auf mich. Als mich Bens Blick traf, schaltete ich mein Gehirn aus und rannte den Gang entlang. Natürlich folgten sie mir. Als hätte meine plötzliche Flucht sie geradezu angestachelt. Der Unterricht war mir egal, Hauptsache weg von Ben. Am Ende des Flurs rannte ich die Treppe nach unten und dann in den linken Flügel, des Gebäudes. Ihre fluchenden Stimmen dicht hinter mir.

„Laila, bleib stehen! Wir kriegen dich sowieso!", schrie Ben und ich wusste, dass er recht hatte. Sie hatten mich schon immer bekommen, denn Ben bekam immer was er wollte. Dennoch blieb ich nicht stehen, sie mussten mich schon fangen. Freiwillig würde ich garantiert nicht stehen bleiben.

Dann kam mir eine Idee, das Mädchenklo! Dort könnte ich mich einsperren und warten bis sie keine Lust mehr hatten.

Also rannte ich noch schneller. Dabei fiel mir mein Handy aus der Hosentasche und ich stockte in meiner Bewegung. Es gab einen leisen Knacks als es zu Boden schmetterte. Kurz blieb ich stehen, wollte es aufheben.

Laila lauf! Da war sie wieder, Darryls Stimme! Ich entschied mich also dagegen, da Ben dicht hinter mir war. Ich rannte weiter und sah schon von weiten die Toilette. Hoffnung keimte in mir auf. Ich stieß die Toilettentür auf, flüchtete hinein und schloss von innen ab. Erschöpft setzte ich mich auf den Toilettendeckel und atmete erleichtert ein.

„Laila, mach gefälligst auf, sonst wirst du das bitter bereuen!", knurrte Ben von außen und ich vergaß kurz zu atmen. Noch sicher ganze fünf Minuten fluchten sie vor sich her, ehe sie es aufgaben und weggingen.

Ich hatte es geschafft. Zum ersten Mal ging eine Begegnung mit Ben gut aus.

Zittrig legte ich meinen Kopf in den Nacken und lehnte ihn gegen die Wand. War es nur Zufall, dass mir Darryls Worte immer in den Sinn kamen, wenn ich in Schwierigkeiten steckte? Ob es womöglich eine indirekte Warnung war? Sie war wie mein stiller Begleiter, auch wenn es nur zwei einfache Worte waren.

Aber was noch viel komischer war, seit dem Darryl und David da waren, träume ich nicht mehr. Und Zufall konnte das doch nicht sein?

Zur Sicherheit wartete ich noch weitere Minuten und verhielt mich still. Ich hörte nichts außer meinen eigenen Herzschlag und meinen Atmen. Sie waren anscheinend wirklich weg, also verließ ich mein Versteck. Vorsichtig sah ich auf den Flur und spähte den leeren Gang entlang.

Laila lauf! Ich erschrak, doch es war bereits zu spät. Von hinten packten mich zwei starke Arme und mir wurde der Mund zugehalten.

„Ich hab doch gesagt, du sollst rauskommen. Aber du wolltest ja nicht, also musst du bestraft werden", erklang Bens heuchlerische Stimme und kurze Zeit später stand er vor mir.

Er leckte sich leicht über die Lippen und das perverse Funkeln in seinen Augen jagte mir einen gehörigen Schauer über den Rücken. Ich hatte bei der Sache überhaupt kein gutes Gefühl. Er kam auf mich zu und als sein Freund mich losließ, drückte er mich an die Wand. Unsere Körper waren aneinandergepresst und er hielt meine Hände rechts und links neben meinen Kopf fest. Dann kam er mir mit seinem Gesicht näher und legte seine Lippen auf meine.

His Green EyesWhere stories live. Discover now