II

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Wieder war ich in meiner Traumwelt gefangen. Das sagte mir zumindest mein Gefühl, mit welchem ich bisher oft richtig lag. Der dunkle Wald umgab mich wieder und die dichten Baumkronen verdeckten die Sterne. Nur der Mond schien durch. Leichter Nebel zog durch die Bäume und wieder rannte ich um mein Leben. Ein altbekanntes Szenario. Es endete wieder in einem Fall und mein Verfolger stand wieder vor mir. Mit vor Angst geweiteten Augen sah ich zu ihm auf und zitterte, obwohl ich im Inneren doch eigentlich wusste, dass ich nichts fürchten musste.

„Bitte... tu mir nichts!", flehte ich ihn an.

Er reagierte nicht, sah mich stattdessen einfach nur an. Seine Kapuze hatte er tief ins Gesicht gezogen und so konnte ich ihn wieder nicht erkennen.

Er beugte sich nach vorne, doch ich wachte nicht auf, wie sonst. Nein, ich träumte weiter und er griff mich auch nicht an, stattdessen hielt er mir seine Hand hin. Er wollte mir helfen?! Ich blieb wie erstarrt sitzen, unfähig mich zu rühren. Ich war einfach zu überrascht von seiner Handlung. Noch immer hielt er mir seine Hand hin, doch ich reagierte nicht. Plötzlich strahlte er eine seltsame Wärme aus und meine Anspannung ließ augenblicklich nach. Ich fühlte mich seltsam wohl in seiner Nähe.

Gerade wollte ich nach seiner Hand greifen und mich aufrichten, als ein Schuss die stille Nacht durchdrang. Es hallte laut im Wald und ich zuckte stark zusammen.

Als ich hochsah, stockte mir der Atem. Der Fremde zog seine Hand zurück, die er mir zuvor noch hingehalten hatte und zog scharf die Luft ein. Halbherzig schüttelte er das Blut von der verletzten Hand, welches den Waldboden benetzte. Jemand hatte ihm in die Hand geschossen!

Hektisch sah ich mich nach dem Schützen um, doch erkannte in der Dunkelheit nichts. Der Fremde ließ seinen Blick ebenfalls kurz durch den Wald wandern, ehe er plötzlich erstarrte und sich anschließend schnell zu mir drehte. 

„Laila, lauf!", schrie er fast schon panisch und mit seiner gesunden Hand machte er eine bestärkende Bewegung.

Das ließ ich mir natürlich nicht zwei Mal sagen. Wackelig stand ich auf und rannte weiter. Doch er folgte mir nicht. Verwirrt sah ich hinter mich. Laila lauf! Seine Worte hallten in meinen Kopf und brachten mich dazu, doch weiter zu rennen. Weitere Schüsse erklangen und als ich wieder über meine Schulter sah, war er weg.

Ich kam nicht dazu, darüber nachzudenken, denn ein schrilles Klingeln riss mich aus meinem Traum. Erschrocken öffnete ich meine Augen und setzte mich auf. Einerseits war ich froh aus meinem Traum befreit worden zu sein, andererseits hatte ich keine Lust auf Schule.

Trotzdem stand ich auf und machte mich fertig. Mein Vater schlief noch, da er erst spät von der Arbeit kam. Ich war also allein am Esstisch, wie immer.

Auch im Bus war nichts los. Doch auch wenn ich Musik hörte, nervten mich meine Gedanken. Der Traum musste einfach etwas bedeuten. Aber warum wurde er angeschossen und seit wann konnte er mit mir sprechen? Und woher kannte er meinen Namen? Brauchte er vielleicht meine Hilfe und der Traum war ein Hilfeschrei? Oder ging die Gefahr von jemandem ganz anderen aus und er wollte mich warnen? Aber er gehörte doch zu ihnen, da konnte er doch unmöglich mir helfen wollen.

Laila, lauf! Immer wieder schallten seine Worte durch meinen Kopf. Sie hörten gar nicht mehr auf, wie ein Echo wiederholten sie sich. Laila, lauf!

Ich hielt mir den Kopf und fluchte leise. Es sollte aufhören! Ich wollte ihn nicht mehr hören. Die Leute sahen mich schon komisch an und ich war einfach nur froh als der Bus hielt und ich endlich aussteigen konnte.

Jetzt musste ich nur noch ein wenig zur Schule laufen. Ich war so in Gedanken und wurde durch die ständigen Worte abgelenkt, so dass ich gar nicht bemerkte wohin ich lief. Dann knallte ich plötzlich mit etwas Harten zusammen und stolperte zurück.

„Na sieh mal einer an", hörte ich die gehässige Bens Stimme. Seine Anhänger lachten und mein Herz zog sich automatisch zusammen.

Da hatte ich einmal gehofft, er würde mich in Ruhe lassen und schon musste ich direkt in ihn laufen. Laila, lauf! Da war wieder seine Stimme in meinen Kopf und dieses Mal nahm ich ihn ernst.

Schnell stand ich auf und rannte davon. Doch Ben folgte mir und war deutlich schneller. Zum Glück hatte ich Übung darin, jemanden davon zu rennen. Nur leider war das hier die reale Welt. Die Schritte hinter mir kamen näher und plötzlich spürte ich Arme, die sich um meinen Oberkörper schlangen und mich gewaltsam nach hinten zogen. Einer von Bens Freunden legte meine Arme auf meinen Rücken und machte mich somit bewegungsunfähig.

Ich konnte nur noch mit meinen Füßen treten, doch das brachte mir nicht viel. Dann sah ich sein Gesicht direkt vor mir und sein Blick und sein Grinsen ekelten mich an.

„Lass mich los!", schrie ich, doch der Griff wurde nur noch fester.

„Tja, Laila, ich dachte, du hast gelernt uns aus dem Weg zu gehen", meinte er und ich sah ihn angeekelt an.

„Das war ein Versehen." Ich konnte meine eigene Verzweiflung hören und mein Herz schlug immer schneller. Als er mir noch näherkam und seine Hand auf meine Wange legen wollte, spuckte ich ihm jedoch ins Gesicht.

„Du kleine Schlampe", fluchte er, während er sich durchs Gesicht fuhr. Sogleich bereute ich meine Tat. Der Schlag bestätigte mir, dass das eine dumme Idee war. Meine Wange brannte schrecklich und ich biss die Zähne zusammen.

Dann packte er mich an den Haaren und zog mich zu sich. „Ich hoffe du lernst endlich mal, wo dein Platz ist", flüsterte er.

Sein Kumpel nahm mir den Rucksack ab und übergab ihn Ben. Dieser schüttete ihn auf den Gehweg aus und durchsuchte ihn anschließend. „Was haben wir denn hier?", fragte er begeistert und hielt mein Portemonnaie in der Hand, dessen Inhalt er sogleich einsteckte. Mir blieb nichts anderes übrig als zu zusehen.

Als er fertig war, kam er mir noch einmal gefährlich nahe. „Wenn du irgendjemanden davon erzählst, mach ich dir das Leben hier zur Hölle, haben wir uns verstanden?"

„Aber das machst du doch so schon", entgegnete ich leise zischend.

Sein Gesichtsausdruck wurde schlagartig böse und seine Augen funkelten mich wütend an. Sein Griff in meinen Haaren wurde stärker und ich bekam langsam Schmerzenstränen in den Augen. „Ob wir uns verstanden haben?", fragte er erneut. Ich nickte nur. „Geht doch", sagte er noch und gab seinem Kumpel ein Zeichen mich loszulassen.

Ich sackte auf meine Knie und meine blonden Haare fielen mir ins Gesicht. Ihr gehässiges Lachen drang in meine Ohren und ich hörte sie einklatschen. Toll, dass sie sich bei so etwas gut fühlten.

Dann entfernten sich ihre Schritte und langsam hob ich meinen Kopf. Sie waren weg. Zittrig atmete ich ein und stand auf. Meine Tränen wischte ich weg und meine Sachen sammelte ich ein. Eigentlich wollte ich nicht in die Schule, doch ich durfte nicht schwänzen.

Ich war sowieso zu spät, also brauchte ich mich nicht zu beeilen. Bei meinem Klassenzimmer angekommen atmete ich tief durch und klopfte. Als der Lehrer antwortete betrat ich den Raum und setzte mich auf meinen Platz. Dabei ignorierte ich die Blicke der anderen. Der Unterricht war ätzend wie immer und ich hörte nicht wirklich zu.

Dann plötzlich klopfte es an der Tür. Ich hörte mehrere Personen den Raum betreten, doch sah nicht auf.

„Hallo, entschuldigen Sie wegen der Störung, aber ich möchte euch heute ihre neuen Mitschüler vorstellen. Darryl und David Akshara. Ich hoffe, dass ihr gut miteinander klarkommt und ansonsten wünsche ich noch weiterhin viel Erfolg beim lernen." Die ruhige Stimme des Schuldirektors erklang und ich hob meinen Kopf.

Augenblicklich blieb mir der Atem weg und meine Augen weiteten sich. Das war doch unmöglich...

*****

Hallo erst mal, Kritik und Kommentare sind gerne gesehen. ❤️

Was meint ihr, war es eher eine Drohung oder ein Hilferuf in Lailas Traum? Und wer sind die beiden Neuen? 💗

Freu mich auf eure Kommentare.❣️

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