DREIZEHN - ١٣

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LAMEES| „Wow...", Nour hielt sich ihre Hand vor dem Mund. Ihre Augen blieben fest an mir kleben, unsicher strich ich mir über das Kleid. Ich fühle mich bei den penetranten Blick von ihr unsicher, dennoch lächle ich meine Unsicherheit weg.

„Du siehst darin wunderschön aus.", spricht sie und greift nach meiner Hand. Erneut fange ich an zu lachen, da ich nie sowas zu hören bekomme. Ja wieso wohl auch. Wann stand ich bitte vor einer Person, in einem Brautkleid?

„Wie nett von dir, danke.", ich spüre wie die Röte mir ins Gesicht steigt. Diesmal fängt sie an zu lachen und schenkt mir einen glücklichen Blick. Ich kann's nicht fassen. Wir suchen mir ein Brautkleid aus. Die Zeit kommt immer näher. Die Brautmodeverkäuferin reißt den Vorhang weg und ermöglichst somit den anderen einen Blick auf mich zu werfen. Erneut kommt mir die Unsicherheit hoch, doch als ich die Blicke der anderen sah, wusste ich, dass ich mein Kleid gefunden habe. Meine Schwiegermutter hat Tränen in den Augen, Amaras Mund war offen. Nour gesellte sich zu ihnen.

„Ich glaube, wir haben es.", sagt die Brautmodeverkäuferin hinter mir. Ich drehe mich zu ihr um und sehe wie sie mir mit geschlossenen Augen zugrinst. Dabei war es das erste Kleid. Ach, das ist mir egal. Diese Hochzeit hat keine Bedeutung für mich. Es ist mir im Grunde egal, wie ich an dem Tag aussehen werde. Raus aus den Gedanken, widme ich wieder meine Aufmerksamkeit den anderen. Mein Herz fängt an feste zu schlagen. In mir baut sich von dem einen Moment zu den anderen unglaublich großen Druck auf. Um meine Ohren herum ist mir plötzlich so warm, doch fange ich an zu zittern, obwohl sich Scheiß unter meinen Achseln ausbreitet. Ich glaub, ich muss weinen. Einer fehlt.

Meine Mutter,

Wie kann sie an so einen Tag nicht teilnehmen können, Gott? Meine Mutter wird mich nicht sehen als Braut. Aber als Frau. Ich muss jetzt stark bleiben. Sobald ich dieser Ehe zugestimmt habe, kommen meine Eltern zurück. Legal. Dafür wird die Familie von ihm sorgen.

„Was ist los, Lamees?", fragt Amara besorgt. Nun schaut meine Schwiegermutter verwirrt. Ich schüttle nur meinen Kopf und füge ein „ist nichts" hinzu. Es ist ja nichts. Außer dass mir meine Eltern so sehr fehlen und ich jedes Ereignis mit ihnen teilen würde. Ich wünschte, meine Mutter könnte mich jetzt so sehen. Wieso hat das Schicksal es nicht so mit mir? Was habe ich in der Vergangenheit getan, dass ich so traurig sein muss?

„Willst du mal einen Probelaufgang machen?", fragt mich die Verkäuferin. Nickend bejahe ich ihre Frage und packe sie an der Hand. Schon mit den ersten Schritten merke ich, dass es ganz schön schwer ist in so einem Kleid zu laufen. Und dabei habe ich noch nicht einmal hohe Schuhe an. Das Kleid ist schwer. Ich weiß jetzt schon, dass meine Hochzeit ganz schön stressig wird. Als ich meine Runde gelaufen bin, konnte ich endlich alleine in der Kabine sein. Jetzt habe ich etwas Zeit, mir mein Kleid genauer anzuschauen. Beim zweiten Blick ist es gar nicht so schlecht. Mein Schlüsselbein ist deutlich zu sehen, aber dennoch ist mein Décolleté nicht zu sehen. Das Kleid hat Ärmeln, Spitzeärmeln. Es ist kein zu monströses Kleid, sondern noch schick und modern. Da wir nur Standesamtlich heiraten wollen, habe ich mich für ein schlichtes Kleid entschieden. Es liegt eng an meiner Haut, ist aber ab über den Knien locker, schon fast ein Meerjungenkleid. Das Kleid ist wunderschön. Nein, ich liebe es. Wow, ich werde heiraten. Erneut kommt mir diese Traurigkeit hoch. Wie schön es wäre, jemanden zu heiraten, den man liebt und er auch einen selbst. Aber keiner wird mich je lieben. Dafür bin ich einfach zu geschlossen. Kaum öffne ich mich einer Person, zeigt sie mir wieso ich so bin. Doch wenn man mich einst kennenlernt, hat man selbst die Entscheidung ob man bleiben will oder nicht. Wer mich richtig kennenlernen durfte, ist auch geblieben. Wenn man erst mich als Person verstanden hat, lernt mich zu schätzen. Doch wenn man mich versteht, aber anderer Meinung ist, verlässt mich. So wie es sich auch gehört. Ich will niemanden bei mir haben, der nicht mich und meine Meinung akzeptiert. Ich will nicht sagen, dass ich in allen Hinsichten ein guter Mensch bin, doch ich habe eine reine Seele. Wenn man mich verletzt, übe ich keine Rache aus. Ich zeige der Person nur das, was sie auch verdient. Und das ist pure Ignoranz. Er wird das Gefühl bekommen, mich niemals gekannt zu haben. Und genau dieses Gefühl will ich dieser Person dann auch geben. Aber irgendwie habe ich Angst, dieses Gefühl Arda auch geben zu müssen. Was wird passieren, wenn ich Arda geheiratet habe und meine Eltern zurück habe? Wird er dann mich verlassen und die Person heiraten, die er lieben wird? Egal wie es kommen wird, ich werde alleine da stehen. Arda wird mich niemals lieben. Dafür sind wir zu verschieden.
Wir bezahlen das Kleid und laufen raus aus dem Laden. Ich schlucke schwer, als ich Arda vor seinem Auto sehe. Er ist drangelehnt und hat eine Sonnenbrille auf. Seine dunklen Haare sind nach hinten gekämmt und ein Knopf seines Hemdes ist aufgeknöpft. Ich streite es nicht ab, Arda ist ein hübscher Mann. Wir bleiben vor ihm stehen. Ich sehe seine Augen nicht, deshalb weiß ich nicht wohin er schaut. Langsam senke ich meinen Blick und schaue wo anders hin. Es ist mir unangenehm nicht zu wissen, wo er gerade hinschaut.

„Nour, fahr schon mal vor mit den anderen. Ich muss kurz wohin mit Lamees.", er überreicht ihr den Schlüssel. Die Augenbraue von Amara hebt sich, ich schaue überfordert zu ihr. Ich will nicht mit ihm alleine sein.

„Ist es in Ordnung für dich Lamees? Soll Amara mit?", kommt es von meiner Schwiegermutter. Sie hat meine Überforderung gespürt. Zumal ist es auch nicht etwas angesehenes in unserer Kultur, meinen unseren noch nicht Ehemann alleine zu sein. Ich schaue hoch zu Arda und sehe, wie er sein Kiefer zusammenpresst. Was will er alleine mit mir? Ich schüttle nur meinen Kopf. Ich will es wissen. Was willst du mir sagen, Arda?

„Sicher?", kommt es von Amara. Die Situation wird immer unangenehmer. Ich verdeutliche ihr, dass ich es auch alleine schaffe. Wir verabschieden und von den anderen und laufen los. Ich habe keine Ahnung wohin wir laufen, dass will ich auch nicht wirklich. Ich will nur wissen, wieso er mit mir alleine sein will.

„Willst du auch mal anfangen zu reden?", kommt es ungeduldig von mir. Seine obere Zahnreihe kommt zum Vorschein. Ich muss wirklich zugeben, er hat schöne helle Zähne.

„Wieso bist du traurig?", kommt es von ihm. Er schaut mich von der Seite an, mein Kopf senkt sich erneut. Sieht man mir es so sehr an? Wir bleiben stehen,— besser gesagt er.

„Wieso antwortest du nicht?", fragt er ruhig nach. Ich schlucke erneut. Ich stehe einen Meter vor ihm. Seine Arme sind hinten überkreuzt, sein Blick so neutral wie es nur geht. Er will einfach nur wissen, wieso ich so traurig bin. Was soll ich schon dazu sagen? Ich weiß es selbst nicht einmal so richtig. Alles kommt einfach hoch. Die letzten Ereignisse meines Lebens kommen hoch, weshalb ich mich so in einen Kummer versetze. Dann noch kommt die standesamtliche Hochzeit immer näher. Das alles raubt mir die letzten Nerven. Dazu fühle ich mich so unglaublich alleine. —
Arda seufzt auf. Er kommt ein Schritt näher auf mich zu und nimmt seine Sonnenbrille ab. Seine klaren eiskalten blauen Augen blicken direkt auf meine dunklen braunen.

„Wenn du mir nicht antworten willst, ist es in Ordnung.", fängt er an zu reden.

„Egal woran es gerade liegt,-

Ich will dir nur sagen, dass egal wie es kommt,-

Ich immer versuchen werde, ein guter Ehemann zu sein."

Ich spüre, dass meine Augen leicht feucht werden. Schnell blinzle ich es weg. Mein Hals fühlt sich trocken an, ich will weinen. Nein Lamees. Du bleibst jetzt stark.

„Ich will, dass du keine Angst vor der Zukunft hast. Verstanden?", ich atme den ganzen Druck aus, habe aber das Gefühl, dass es immer schlimmer wird. Als würde ich keine Luft mehr kriegen.

„Hör zu—", er greift nach meiner Hand und klammert unsere Hände ineinander. Meine Augen werden groß und schauen geschockt in seine. Er schluckt schwer, fährt aber fort.

„Ich bin kein schlechter Mensch. Würdest du mir erlauben, dir das auch zu beweisen?", sprachlos schaue ich in seine Augen. Meint er es ernst? Seine Pupille überdeckt fast das ganze Blau, weshalb es so dunkel aussieht. Ich springe ihn in die Arme und umklammere ihn fest, damit er meine Tränen nicht sieht. Ich weiß nicht wieso, aber ich brauche seine Nähe gerade.

„Wieso?", meine Stimme hört sich nasal an. „Wieso willst du mir beweisen, dass du gut sein kannst?", ich zwinge mich nicht aufzuschluchzen. Er soll nicht wissen, dass ich weine. Seine Arme legen sich langsam um meine Taille, er drückt mich fest zu sich.

„Weil ich mir geschworen habe, ein guter Ehemann zu werden."

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