1. Kapitel

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Run for Your Life - The Seige

»Hallo, Maggie.«

Mein Kopf brummte. Ein schmerzhaftes Ziehen zog sich durch meinen gesamten Körper und ich fühlte mich, als hätte ich gestern noch an einem Marathon teilgenommen. Der markante Geruch von Regen machte sich breit, doch da ich keine Nässe spürte, musste dieser schon vor einiger Zeit vergangen sein. Stattdessen fühlte sich der Boden unter mir hart und kalt an.

Vorsichtig öffnete ich meine Augen einen Spaltbreit und musste sie gleich darauf wieder schließen, weil sich alles um mich herum zu drehen begann und das Licht mich so sehr blendete, dass ich nichts erkennen konnte.

Langsam strömte die Kraft zurück in meine schmerzenden Glieder und ich begann damit, mich zu bewegen. Erst ganz sachte, nur die Zehenspitzen und Finger, die vorsichtig über den Boden unter mir strichen, dann meine Arme und Beine, worauf ich endlich meinen Kopf hob und einen erneuten Versuch wagte, meine Augen zu öffnen. Das helle Licht war verschwunden. Auf wackeligen Beinen rappelte ich mich auf, worauf sich meine Umgebung erneut wie verrückt drehte und ich einige Schritte taumelte. Schließlich prallte ich gegen eine efeubewachsene Wand.

Eine solche Wand kannte ich bereits. Jetzt erst richtete ich meine Aufmerksamkeit vollends auf die Umgebung um mich herum. Meterhohe Wände umstellten mich von drei Seiten. Grau und trostlos ragten sie in den noch blauen Himmel, an dem die Sonne schon tief stand. Gerade eben hatte sie meinen Standort noch erfasst, nun war sie jedoch um ein winziges Stückchen gewandert und ihre Strahlen wurden jetzt von den bewucherten Wänden aufgehalten. Bald schon würde sie untergehen.

Langsam kehrten die Erinnerungen zurück. Erschrocken riss ich die Augen auf, mein Pulsschlag erhöhte sich augenblicklich, als mir der Grund meines Daseins in den Kopf schoss. Panisch sah ich mich um und entdeckte, keine zwei Meter von mir entfernt, die vertraute, zierliche Gestalt Janes. Ihre langen, braunblonden Haare umrahmten ihr Gesicht in verknoteten Strähnen, während ihre Augen noch immer geschlossen waren. Mit leicht angewinkelten Beinen lag sie zusammengekauert auf dem kalten Steinboden, doch sie wirkte unverletzt.

Mit unsicheren Schritten tappte ich zu ihr, ging vor ihr in die Hocke und musterte sie kurz. Gleichmäßig hoben und senkten sich ihre zierlichen Schultern im Takt ihrer Atemzüge und auch ich holte einige Male tief Luft, um mich zu beruhigen. Ich war nicht allein.

Ein Geräusch ließ meinen Kopf hochschnellen. Es klang kratzend, als würde man ein Stück Metall über harten Stein ziehen. Augenblicklich überkam mich ein Schauer und ich blickte mich wachsam um.

„Jane", murmelte ich und schluckte, meine Stimme noch rau, weil ich seit Längerem nicht mehr geredet hatte. „Jane!"

Sie reagierte nicht auf mich. Das Kratzen wurde lauter, gefolgt von einem monströs klingenden Kreischen, welches mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Die winzigen Härchen auf meinen Armen stellten sich auf und mit einmal hatte ich ein prickelndes Gefühl im Nacken, als würde sich der Blick eines Jägers auf mich richten.

„Jane!", sagte ich nun lauter, packte das blonde Mädchen bei den Schultern und schüttelte sie. Schweiß stand mir auf der Stirn und mein Mund fühlte sich staubtrocken an, während meine Hände leicht zitterten, als ich mit aller Kraft versuchte, meine Freundin aus dem Reich der Träume zu reißen.
„Jane, verdammt, wach auf! Jane!"

Mit einem kleinen Schrei richtete sie sich so hastig auf, dass sie beinahe gegen meinen Kopf gestoßen wäre. Im gleichen Moment sah ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung und fuhr herum, um ein spinnenartiges Wesen zu erblicken, das sich vom anderen Ende des Ganges, teilweise an Wänden kletternd, schnell auf uns zu bewegte. Die Hälfte seines Körpers bestand aus Metall und Stahl und in seinem breiten Maul blitzte eine Reihe messerscharfer Zähne auf. Die lähmende Angst schlich mir durch die Glieder und sorgte dafür, dass ich kurzzeitig nichts tun konnte, als das Biest mit weit aufgerissenen Augen anzustarren. So musste sich eine Maus vor einer Katze fühlen. Ich hatte Kreaturen wie diese schon gesehen. Kreischer nannten wir sie, und häufig schon hatten sie die Hauptrolle in meinen Albträumen gespielt.

The WCKD Game • Running Nights || minho; tmrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt