The WCKD Game • Running Nights || minho; tmr

4. Kapitel

Born For This – The Score

»Bedauerlich, denn du hast großes Potential.«

Immer näher kam der Kreischer. Sein Maul war weit aufgerissen und ein ohrenbetäubendes Brüllen drang aus seiner Kehle. Ich wollte nichts als rennen, und doch waren meine Füße fest im Boden verwurzelt, sodass ich mich keinen einzigen Schritt bewegen konnte. Geschmeidig kroch das spinnartige Wesen auf mich zu und beugte sich bedrohlich über mich. Mein ganzer Körper zitterte wie Espenlaub. Angsterfüllt riss ich die Augen auf. Mein Herz pochte schnell in meiner Brust und mit Schrecken erkannte ich den Stachel, der nun direkt vor mir aufblitzte. Ein gellender Schrei entwich mir, als er ihn direkt in meinen Arm stieß. Die ganze Welt bebte.

Keuchend fuhr ich aus dem Schlaf hoch, worauf das Schütteln, das in meinem Traum meine Angst verstärkt hatte, verschwand und dafür einem Geräusch wich, als würde jemand erschrocken nach Luft schnappen. Hektisch wirbelte ich herum, erkannte unmittelbar neben mir ein Gesicht und spürte im selben Moment eine Hand, die sich auf meinen Mund presste, um zu verhindern, dass ich schrie.

„Shht", machte er. Es war dunkel um mich herum, doch auch im spärlichen Mondlicht erkannte ich Minho ohne Probleme.

„Was soll das?", fragte ich benommen und sah mich verwundert um, doch außer uns beiden konnte ich nur schlafende Gestalten erkennen. Die Lichtung war in friedliche Stille getaucht.

Mit einem Nicken bedeutete er mir zu folgen und verwirrt, doch gleichzeitig auch neugierig geworden, schlüpfte ich in meine Schuhe und tappte ihm nach. Erst, als wir uns etwas von den Schlafplätzen entfernt hatten, begann er im Flüsterton zu reden.

„Bist du bereit?", wisperte er mir zu, ein ungeduldiger Unterton hatte sich in seiner Stimme ausgebreitet.

„Wofür?", fragte ich und unterdrückte ein Gähnen. Bis zum Morgen würden noch einige Stunden verstreichen und ich verstand beim besten Willen nicht, warum ich mitten in der Nacht aus meiner Hängematte geholt worden war.

„Wenn du zu den Läufern gehören willst, musst du beweisen, dass du dazu in der Lage bist. Dort draußen gibt es nämlich kein Zurück mehr", erklärte er mir. „Das war es doch, was du wolltest, oder?"

Einige Momente lang musterte ich ihn. Er wirkte, weder als würde er mich mögen, noch als würde er mir sonderlich vertrauen, was ich ihm sowie den anderen nach dem Desaster mit unseren Namen nicht einmal verübeln konnte. Trotzdem weckte er mich mitten in der Nacht, was auch ihn einige Stunden Schlaf kostete. Ich hatte sein Ego scheinbar ordentlich gekränkt.

„Und das müssen wir mitten in der Nacht entscheiden?" Skeptisch verschränkte ich die Arme vor der Brust. Er zuckte mit den Achseln.

„Wir müssen gar nichts. Aber wie dir gestern Abend brilliant aufgefallen ist, bin ich tagsüber selten auf der Lichtung. Und außerdem", fügte er in herablassendem Tonfall hinzu, „möchtest du vielleicht nicht, dass jeder deine Niederlage mitbekommt."

„Wie bitte?", schnaubte ich empört und zückte ein Stück einer Ranke, welches ich mir gestern Mittag vorsorglich eingesteckt hatte, um damit meine Haare zurückzuknoten. „Ich kenne keine Niederlagen."

Ungläubig zog er eine Augenbraue in die Höhe. „Dann hattest du noch nie einen so guten Gegner wie mich."

Und bevor ich noch etwas einwenden konnte, war er schon losgesprintet. Ohne weiter darüber nachzudenken, stürmte auch ich los und legte noch einen Zahn zu, um ihn einzuholen. Der kühle Nachtwind schmiegte sich an mich und mein Zopf flatterte im Wind. Einige widerspenstige Locken hatten sich daraus gelöst und wippten im Takt meiner Schritte vor meinen Augen auf und ab. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte ich mich endlich wieder frei. Ich hatte es schon immer gemocht, zu rennen, und die Dunkelheit der Nacht gepaart mit der Tatsache, dass wir die einzigen beiden waren, die schon wach waren, verlieh dem Ganzen einen verbotenen Touch, der ein freudiges Kribbeln in meiner Magengegend auslöste. Ich senkte meinen Kopf und bewegte meine Beine schneller, während ich den heftigen Drang unterdrücken musste, die Arme auszubreiten und zu schreien.