9. Kapitel

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Wicked Game Gemma Hayes

»Behalte immer vor Augen: WCKD ist gut.«

Damit war es also beschlossen: Ich sollte Läuferin werden. In der Nacht, in der ich zum ersten Mal mit ins Labyrinth kommen sollte, tat ich kaum ein Auge zu.

Meine Gedanken kreisten um alle möglichen Dinge. Wie sollte ich mich am besten verhalten? Was, wenn wir einem Kreischer begegnen würden? Zu real waren meine Albträume, in denen ich immer wieder von ihnen verfolgt wurde und zu nahe unsere Ankunft, bei der wir den tödlichen Fängen nur knapp entronnen waren. Und wie sollte ich mich verhalten, wenn wir wirklich einen Ausgang finden würden? Wie sollte ich mich generell verhalten? Nach was genau suchten wir überhaupt?

Gleichzeitig fühlte ich mich so schlecht, dass mir tatsächlich speiübel wurde. Ich wusste ganz genau, wie wir hier herauskommen würden und dennoch schwieg ich darüber. Sicherlich würde mir das keiner von ihnen jemals verzeihen. Je näher ich sie an mich heranließ, desto schmerzhafter würde es am Ende für beide Seiten werden, aber ich konnte gar nicht anders, als das zuzulassen.

Schließlich gab ich es auf, einschlafen zu wollen und huschte heimlich aus der Hütte hinaus, wie ich es etliche vorherige Nächte auch schon getan hatte. Ich hatte nicht die Absicht zu rennen, denn ich würde meine Kräfte über den Tag hinweg nur zu gut brauchen und es reichte mir völlig, wenn ich an meinem ersten Tag im Labyrinth unausgeschlafen war.

Nichtsdestotrotz entfernte ich mich ein wenig von den Schlafhütten. Ich hatte mir nicht einmal Schuhe angezogen und spürte deshalb das weiche Gras unter meinen Füßen, als ich ziellos durch die Dunkelheit tappte und mir etwas Zerstreuung durch die frische Luft erhoffte. Einem Impuls folgend steuerte ich letztendlich auf den fast mittig stehenden Aussichtsturm zu, vorbei an der Feuerstelle und der Küche.

Bedacht zog ich mich die hölzernen Sprossen empor und setzte mich an die Kante des Bauwerks, um meine Beine baumeln zu lassen und eine bessere Aussicht über die Lichtung zu haben. In der Dunkelheit und von hier oben sah sie fast genau wie die Mitte aus. Traurigkeit umfasste mich wie ein Mantel und meine Sicht verschwamm, als ich mich an die Mädchen zurückerinnerte. An alles, was Jane und ich nun nicht mehr hatten. Ich war eine der Ersten gewesen und noch dazu die unausgesprochene Anführerin, weshalb ich mich umso mehr um das Wohl der anderen gesorgt hatte. Dass dieses nun wegen Jane und mir am seidenen Faden hing, bereitete mir ein schmerzhaftes Stechen im Magen. Ich hatte mir in den letzten Tagen, sogar Wochen, nicht erlaubt, genauer darüber nachzudenken, aber eigentlich hatte ich schon seit langer Zeit gewusst, dass wir nur Figuren in ihrem Spielfeld waren. Irgendwie musste es eine Möglichkeit geben, von ihnen loszukommen, doch so sehr ich mir auch darüber den Kopf zerbrach, ich wusste beim besten Willen nicht, wie.

„Maggie?" Eine raue Stimme riss mich aus meinen Gedanken und kurz darauf tauchte ein breiter Kopf am oberen Ende der Leiter auf. Muskulöse Schultern erschienen und allein an seiner Statur konnte ich Gally ohne Probleme erkennen. Er kletterte auf den Turm hinauf und ließ sich neben mich sinken, sodass auch seine Beine frei in der Luft baumelten.

„Ich kann nicht schlafen", murmelte ich und sah hinauf zum Himmel, um eine grobe Einschätzung davon zu bekommen, wie spät es war. Bald musste die Sonne aufgehen, denn der Horizont färbte sich langsam grau, statt noch immer dunkel zu sein.

„Du gehörst jetzt also zu ihnen", meinte er und schüttelte den Kopf, als könne er diese Tatsache nicht glauben. „Das passt nicht zu dir."

„Ich weiß", sagte ich leise und sah ihn dabei nicht an. „Aber ich muss es tun, Gally. Ich muss einfach."

Inbrünstig hoffte ich, dass er diese Tatsache nicht hinterfragen würde. Ich wollte nicht schon wieder in Erklärungsnot geraten und gleichzeitig die Zeit mit ihm nicht mit Streiten verbringen.

The WCKD Game • Running Nights || minho; tmrWhere stories live. Discover now