14. Kapitel

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Rescue Me – OneRepublic

»Du hast ihn schon einmal gesehen, Maggie, aber das ist lange her.«

„Tut mir echt leid." Minho schenkte mir einen entschuldigenden Blick, als ich neben ihm her durch die hohen Gänge des mir endlos vorkommenden Labyrinths joggte. Ich wusste sofort, was er meinte: dass ich noch immer nicht alleine laufen durfte.

„Macht nichts", winkte ich ab und konzentrierte mich sofort wieder auf meine Atmung. Die Sonne stand schon tief und wir waren bereits auf dem Heimweg, um die Tore rechtzeitig zu erreichen, sodass auch meine Kräfte mittlerweile am Ende waren. Ich konnte Minho schlecht sagen, dass es mir so viel besser gefiel, weil es mir Zeit mit ihm zusammen gab, die ich dringend gebrauchen konnte. Gleichzeitig war ich auch einfach nur froh, für eine Weile die Lichtung mit all ihren Problemen hinter mir lassen zu können, ganz egal, ob ich das allein oder in Gesellschaft tat.

„Bald können wir bestimmt damit anfangen, dich wenigstens halbtags alleine loszuschicken", fuhr er fort. Im Gegensatz zu mir schien es, als würde er die geringe Entfernung zur Mitte als Anlass sehen, endlich wieder zu reden. Ich erwiderte nichts darauf. Was sollte ich auch sagen? Dass ich lieber bei ihm bleiben wollte?

„Maggie?", sprach er mich dann noch einmal an. Vielleicht störte es ihn, dass die Unterhaltung so einseitig war. Ich sah zu ihm auf. „Ich möchte eine Revanche bei unserem Wettrennen."

Erschrocken riss ich die Augen auf und starrte ihn weiterhin stumm an, diesmal allerdings, weil mir der Schock die Kehle zugeschnürt hatte. Was sollte das bedeuten, eine Revanche? Durch meinen Sieg hatte ich mir einen Platz unter den Läufern erkämpft, das konnte er nicht einfach rückgängig machen!

„Wenn du verlierst, darfst du nie wieder mitkommen", sagte er, als habe er meine Gedanken gelesen, rollte jedoch gleich darauf mit den Augen. „Natürlich nicht, du Strunk. Einfach so."

„Da kann wohl jemand nicht verlieren?", zog ich ihn auf und versuchte damit meine erschrockene Reaktion von davor wettzumachen. Er wurde langsamer.

„Natürlich kann ich verlieren", beschwerte er sich und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich dachte nur ..." Fast schon zögerlich brach er seinen Satz ab und ich zog skeptisch eine Augenbraue hoch.

„Du wolltest also nur einen Grund, um nachts wieder mit mir abhängen zu können?" Der Satz war eigentlich als Spaß gemeint, doch als ich Minho ins Gesicht blickte, erkannte ich sofort, dass ich den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Unwillkürlich schossen mir Gallys Worte in den Kopf. Minho musste mir von Anfang an also wirklich mehr Aufmerksamkeit geschenkt haben, als ich gedacht hatte, und nun sah ich meine Chance darin. Ich durfte nicht zulassen, dass er das Interesse verlor. Zum ersten Mal bemerkte ich, dass eine Lüge so viel mehr als nur Worte war: Die gesamte Köpersprache konnte jemanden belügen.

Ganz bewusst schlug ich also die Augen nieder, griff nach einer nach vorne gefallenen Strähne und drehte sie um meinen Zeigefinger, bevor ich scheinbar scheu zu ihm schielte. „In Ordnung."

Dann wandte ich mich hastig ab und rannte los. Länger konnte ich diese Fassade nicht aufrecht halten. Ich wusste nicht, ob ich überzeugend gewirkt oder mich gerade einfach nur zum Affen gemacht hatte.

„Fuck, wir sind spät dran", hörte ich Minho hinter mir fluchen und als hätte er es absichtlich genau dann ausgesprochen, vernahm ich direkt darauf das altbekannte Schaben der Steinwände, die sich langsam aufeinander zuschoben. „Schneller, Maggie!"

Angsterfüllt weiteten sich meine Augen, als ich um die letzte Ecke bog und machtlos mit ansehen musste, wie sich die beiden Enden der Wände immer weiter aufeinander zubewegten. Minho war schneller als ich, überholte mich mit langen Sätzen und schoss wie ein geölter Blitz auf den immer schmaler werdenden Spalt zu. Kurz bevor er diesen erreicht hatte, sah er über die Schulter zurück.

The WCKD Game • Running Nights || minho; tmrحيث تعيش القصص. اكتشف الآن