10. Kapitel

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Water Fontain – Alec Benjamin

»Ich möchte dir nun ein Bild zeigen.«

„Du bist also mit dabei?", wollte ein blonder, lockiger Junge mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen wissen, der schon am Tor stand und mit seiner herzlichen Stimmung einen riesigen Kontrast zu der angespannten zwischen Minho und mir bildete. „Ich bin Ben, freut mich, dich kennenzulernen."

Er hatte ein schmales, weiches Gesicht und fröhlich dreinblickende, blaue Augen, die von langen, dunklen Wimpern umrahmt wurden. Vage erinnerte ich mich daran, ihn schon einmal gesehen zu haben. An einem der letzten Abende hatte er kurzzeitig neben mir gesessen und sich später mit Minho unterhalten.

„Spar's dir", brummte der Schwarzhaarige in diesem Moment in Bens Richtung. „Wo bleibt Jack?"

Unsicher zog ich die Schultern nach oben und fuhr mir mit der Hand durch die ungekämmten Locken, in der Hoffnung, sie doch noch ein wenig mehr zu ordnen. Kurz darauf konnte ich einen braunhaarigen, etwas kleineren Jungen erkennen, der offensichtlich auf uns zulief und vermutete, dass es sich bei diesem um Jack handelte.

„Wie laufen wir?", rief er schon von Weitem und nickte den anderen zur Begrüßung zu, während er in meine Richtung eine Hand ausstreckte, in die ich, froh, dass mich jemand aus dem unangenehmen Herumstehen holte, einschlug.

„Jack, freut mich. Bist du bereit, zu rennen, Maggie?"

Schon öffnete ich meinen Mund, als Minho das Wort ergriff. „Wir laufen bis zum Ende der ersten Schicht gemeinsam." Dass ich gerade zu einer Antwort für Jack angesetzt hatte, schien ihn nicht zu interessieren. „Dann werden wir uns aufteilen. Und jemand muss auf sie aufpassen." Er nickte mit einer ungenauen Kopfbewegung zu mir, wich meinem Blick jedoch aus.

„Du meinst wohl, du wirst sie mitnehmen, oder?", entgegnete Jack und grinste frech. Er warf einen prüfenden Blick zum Himmel, wohl, um die Zeit festzustellen, und sah dann wieder zu uns. „Der Tradition halber auf jeden Fall. Und ich bin der Schnellste, sie würde mich nur aufhalten." Das sagte er nicht ohne einen gewissen Stolz in seiner Stimme mitschwingen zu lassen.

Ich stieß ein Lachen aus, welches sogar für mich aufgesetzt klang. „Hey, du weißt doch gar nicht, wie schnell ich bin!" Es war ein schwacher Versuch, darum herumzukommen, den Tag allein mit Minho verbringen zu müssen.

„Sie ist langsamer als du", bemerkte dieser jedoch kurzgebunden. Immer noch verhielt er sich, als sei ich gar nicht anwesend. „Ich werde mich wohl darum kümmern müssen." So, wie er es sagte, klang es, als habe er sich heroisch dazu bereiterklärt, eine schwere Bürde zu übernehmen. Ohne dass ich es wahrhaben wollte, schmerzte diese Aussage. Schließlich hatte ich nicht einmal etwas falsch gemacht.

All unsere Gespräche verstummten, sobald das mir wohlvertraute Schleifen erklang, das von sich bewegenden Steinplatten hervorging. Nervös leckte ich mir über die Lippen, als ich sah, wie sich die Körper der Jungen anspannten und wir alle uns darauf vorbereiteten, aufzubrechen. Unweigerlich erhöhte sich mein Puls und die Innenseiten meiner Handflächen wurden feucht.

Unter lautem Schieben gewährten uns die sich langsam, aber stetig, öffnenden Tore Einlass in das unendlich wirkende Labyrinth. Sobald sich die beiden Wände weit genug von einander entfernt hatten, dass man hindurchschlüpfen konnte, schritt Minho nach vorne und betrat den ersten Gang, auf den hunderte weitere folgten. Nun flatterte mein Herz in meiner Brust wie ein kleiner Vogel, während mein Atem sich verschnellerte und sich der Schweißfilm von meiner Hand auf meinem gesamten Körper ausbreitete. Gleichzeitig kribbelten meine Beine vor Aufregung, als befänden sich in mir tausende kleine Ameisen, und meine Glieder befahlen mir ungeduldig, mich ebenfalls in Bewegung zu setzen. Also huschte ich flink als Zweite durch den sich öffnenden Eingang.

The WCKD Game • Running Nights || minho; tmrWhere stories live. Discover now