𝐕𝐈𝐒𝐈𝐎𝐍𝐀𝐑𝐈𝐄𝐒

29. Ein vulgäres Bild

Ein vulgäres Bild

"So, wer von euch kam auf diese hervorragende Idee?",fragt Jemima, verschränkt die Arme und zieht eine Augenbraue in die Höhe.

"Arabella natürlich, wer auch sonst",antwortet Celia und Bella lacht und verdreht die Augen.

"Ich finde den Umgang mit dem Thema einfach falsch. Warum ekeln sich so viele Menschen vor einem natürlichen Zyklus des Körpers? Warum ist es ein Tabuthema, das nie angesprochen werden darf und warum zum Henker müssen wir Geld dafür bezahlen? Es ist unlogisch und ich finde, dass wir als 'visionaries' darauf aufmerksam machen sollten."

"Nun gut, ich bin natürlich deiner Meinung, aber wie hast du dir das vorgestellt?"

Arabella steht von deren Bett auf und holt aus deren Schrank Zeichnungen heraus. Celia erkennt sie sofort.
"Weißt du noch als wir Besuch aus Cambridge bekamen und mit unserem Konzept den ganzen Tag auf den Kopf stellten? Ich glaube, nichts hat so sehr schockiert wie unsere Aktzeichnungen und ich denke, dass wir das als Ansatz nutzen sollten."

Arabella hatte die Zeichnungen wieder eingesammelt, als bekanntgegeben wurde, dass der Tag der offenen Tür ein andermal stattfinden solle und die Gäste nur durch den angrenzenden Garten der Birmingham University geführt wurden. Kurz nach der Rede Fernsbys hat Bella die Tat vollbracht. Die Zeichnungen liegen seitdem in deren Kleiderschrank, versteckt unter tonnenweise Klamotten.

"Ich denke, dass wir etwas malen sollten",schlägt Celia vor, stößt sich von der Wand ab und formt mit ihren Armen ein Rechteck, "eine riesige Leinwand mit vulgären Bildern und einprägsamer Botschaft, die wir mitten auf dem Schulflur anbringen."

"Genau das",sagt Arabella und nickt, "so ähnlich habe ich mir das auch gedacht. Was denkst du, Jemima?"

Sie schlägt in die Hände.
"Lasst es uns machen!"

"Gut, folgendermaßen: Die Kunsträume sind um diese Zeit noch geöffnet, wir sollten aber trotzdem nicht auffallen. Ich werde eine große Leinwand besorgen und Farben und Pinsel mitnehmen, ihr macht euch Gedanken, wo wir malen können. Ich denke, hier in dem Zimmer wäre es zu auffällig."

Mit diesen Worten verlässt Arabella das Zimmer und Celia kommt eine Idee.

—

"Mein Gott, es ist fürchterlich kalt hier",sagt Jemima und reibt sich mit den Händen über die Arme.

"Ach komm, Jemima. Bei euch fallen alle zwei Wochen die Heizungen aus. Das hier ist nichts im Vergleich dazu",sagt Celia. Zu dritt und mit Materialien und einer riesigen Leinwand bewaffnet, steigen sie Treppenstufen nach oben, die anderen folgen Celia und sie bleiben stehen, als sie vor einer gewissen Wohnungstür stehenbleiben.

"Und du denkst, das ist in Ordnung für ihn?",hinterfragt Arabella.
"Ja, mach' dir keine Sorgen. Ich denke, er würde nicht mal Fragen stellen, aber so langsam möchte ich ihn einweihen und ich hoffe, dass das auch in Ordnung für euch ist."

"Aber natürlich. Jetzt wissen es Ferris, Lucien und es sind ja nur jene in unserem Kreis des Vertrauens. Außerdem möchte ich endlich die Person kennenlernen, die es dir so angetan hat, Océane."
Jemima stupst Celia in die Seite und sie schüttelt kichernd den Kopf, ehe sie sich der Tür widmet und auf die Klingel drückt.

Nach wenigen Sekunden steht ein gutgelaunt, dennoch ein bisschen verblüfft aussehender Calisto im Türrahmen und mustert die Freunde sowohl interessiert als auch verwirrt.
"Na, hallo auch",sagt er und zieht eine Augenbraue in die Höhe, "ich dachte, mein Maler und Lackierer wollte erst nächste Woche kommen."

"Nun, wir können auch wieder gehen",erwidert Celia spielerisch und sieht ihren Freund herausfordernd an. Dieser springt sofort darauf an und ein Lachen setzt sich auf seine Lippen. Er nickt.