31. Kriminelle

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Kriminelle

Die Birmingham University reagiert nicht weiter auf den Skandal. Direktor Cecil äußerte sich in spöttischen Tönen, sprach sich gegen die Taten aus und setzt erneut leere Drohungen in die Welt. Diejenigen, die für diesen Schock verantwortlich waren, sollten umgehend verwiesen werden. Getan hat sich jedoch nichts und weiter geforscht wurde auch nicht.

Die Presse hingegen liebt diese Skandale, reißt sich um die Geschichten und erstellt Beiträge, Interviews, Kommentare, bezeichnen die 'Visionaries' als Rebellion der derzeitigen Generation, ehren sie sogar beinahe für ihre Taten. Celia weiß, dass sie das nicht wirklich tun und nur so freudig über sie berichten, da endlich mal etwas in dem hiesigen Birmingham passiert.

Die 'visionaries' sind ein omnipräsentes Thema in aller Munde, ja sogar Celias und Luciens Mutter hat beim Frühstücktisch die Birmingham Mail gelesen, der Frontartikel zeigt das große, vulgäre Bild, das vor wenigen Tagen noch im Schulflur der Universität hing, das von einem Jungen mit seiner großen Kamera aufgenommen wurde.

Die Universität schämt sich für diese Aufmerksamkeit, versucht jegliche Schuld von sich zu weisen und dem Thema soweit wie möglich aus dem Weg zu gehen, ihm auszuweichen. Reporter lecken sich hingegen die Finger, sprechen die Professoren und Vorgesetzten täglich an, fragen nach ihrer Meinung und schreiben in Windeseile die nächsten tausend Zeilen über eine kleine, unbekannte Gruppe, die das alte Birmingham aufmischt.

Cecil und Fernsby behaupten tagtäglich, sie würden dagegen vorgehen, etwas zu unternehmen versuchen und ein Auge auf die Jugendlichen haben, um ihr gutes Bild nach außen aufrecht zu erhalten, das unter der gesamten Berichterstattung und dem Druck der Außenwelt auf die Einrichtung völlig zerworfen wurde. Selbst die Freunde aus Cambridge sagten den neuen Termin für einen Tag der offenen Tür ab, wollen nicht in die Dramatik der Universität reingezogen werden.

Das Fazit ist, dass Celia, Arabella und Jemima genau dort sind, wo sie gerne hinwollten. Der Ruf ihrer Universität ist zerstört, ihre Taten und Streiche werden in ganz Birmingham angesprochen und Debatten über jene Themen, die sie mit ihren Projekten ansprechen, diskutiert. Auf einmal reden die Mädchen auf den Fluren über die Ungleichberechtigung, die Diskriminierung, die sie im Gegenzug zu ihren männlichen Kollegen spüren, die Kritik, die sie sich einzig und allein aufgrund ihres Geschlechtes anhören müssen. Die Binden und Tampons auf den Mädchentoiletten werden häufig benutzt, sogar wurden sie von einigen Mädchen ausgetauscht und aufgestockt, was jedoch nicht das Handeln der 'visionaries' war.

Die Aufmerksamkeit tut ihnen gut, lässt sie motiviert und erfrischt fühlen, endlich stehen wichtige Themen im Fokus und durch ihre ständige Kritik und ihre Provokation finden Debatten über Frauenrechte nun endlich Platz im Trubel des Alltages. Jemima, Arabella und Celia feiern diesen Erfolg für Tage, kaufen sich sämtliche Zeitungen mit Berichten über sie, schneiden die wichtigen Artikel aus und hängen diese an eine Pinnwand, die in Jemimas und Ferris' Wohnung hängt und nun als Ideen- und Konzeptboard verwendet wird.

Der Winter in Birmingham findet ganz langsam sein Ende, die Sonne steht blass und schüchtern am Himmel, beleuchtet und erwärmt den kühlen Asphalt, es ist stickig in den Räumen und eisig auf den Straßen, ein lieblicher Fiebertraum in Gestalt des Jahreszeitenwechsels.

Das Ende des Winters bedeutet Arbeit und Klausuren.

Die Freunde treffen sich jeden Nachmittag in der kleinen, für sie zugänglichen Bücherei der Universität, bringen anfangs kleine Gebäckstücke und je nach Wetter warme oder kalte Getränke mit und lernen zusammen, verbringen Stunden in Stille, in der sie sich auf Worte und Sätze fokussieren, Lernzettel schreiben und ihre eigene Strategie der Stoffsammlung und Verinnerlichung erstellen.

 𝐕𝐈𝐒𝐈𝐎𝐍𝐀𝐑𝐈𝐄𝐒 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt