20 - Bittere Enttäuschung

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„Myron!" Es ist nicht Blake, der den Schwarzhaarigen von mir zieht, sondern Fayn. Meine Augen weiten sich kurz, ehe ich schnell das Weite suche - nichts wie weg von Myron. Ich renne zurück in den Club und halte nach Blake oder Claire Ausschau. Ich möchte einfach nur noch nach Hause.

„Blake", seufze ich erleichtert und tippe dem Blondhaarigen auf die Schulter, doch er ist es nicht. „Sorry." Ich irre weiter durch die Menschenmasse, ohne fündig zu werden. Hat er mich etwa zurückgelassen? Ich möchte ihn anrufen, aber mein Handy hat blöderweise keinen Akku mehr.

Und jetzt? Ich lasse mich frustriert an der Wand hinabgleiten und beobachte die Menschen. Würde ich wissen, wo Blake gerade ist, hätte ich sicherlich auch bessere Laune. Mein Blick verliert sich irgendwo in der Ferne und ich spüre, wie mich eine Welle Müdigkeit übermannt. Mein Kopf fällt zur Seite und meine Lider flattern zu.

So viel zum Thema, dass das neue Jahr nur besser werden kann...

-

Als ich das nächste Mal meine Augen öffne, ist der Club fast leer. Es irren nur noch vereinzelte Besoffene umher, die nach irgendetwas zu suchen scheinen. Ich erhebe mich von den kalten Fliesen und taumele auf wackeligen Beinen Richtung Ausgang.

Draußen ist es schon wieder hell. Die Wintersonne spiegelt sich auf den Schneeresten wider und blendet mich. Glücklicherweise weiß ich so einigermaßen, wo sich der Club befindet, sodass ich mich auf den Heimweg begebe.

Blake hat mich tatsächlich vergessen.

Ich kann es nicht verhindern, dass eine Träne - gefüllt mit bitterer Enttäuschung - über meine Wange kullert. Ich habe ihm vertraut, doch wie sich nun herausstellt, war dieses Vertrauen leider nicht berechtigt. Es tut weh, dass ich mich in Blake getäuscht habe - mal wieder.

Die Menschen, die zu diesen frühen Morgenstunden schon unterwegs sind, werfen mir schräge Blicke zu. Es kommt wohl nicht jeden Tag vor, dass ein verweintes Mädchen im Partyoutfit durch die Straßen schlendert.

Auch wenn die Sonne scheint, friere ich. Meine Strumpfhose ist löchrig - wahrscheinlich ist sie auf der Party gerissen - und auch die Lederjacke schützt nicht vor der Kälte.

„Lucy?" Ich erkenne Shanes Stimme wieder, wage es allerdings nicht, stehenzubleiben oder mich zu ihm zu drehen. Er hat mich indirekt vor Blake gewarnt, ebenso wie Myron heute Nacht. Sie haben mir gesagt, dass Blake gerne spielt, doch ich war so naiv und habe ihren Worten keinen Glauben geschenkt. Dabei entsprechen sie anscheinend der Wahrheit.

Ich spüre, wie mein Herz langsam und lautlos an dieser Tatsache zerbricht. Ich habe Gefühle für den Blauäugigen entwickelt, die ich nicht länger unterdrücken kann. Umso schmerzhafter ist es nun, zu wissen, dass ich ihm egal bin.

„Lucy! Warte!" Shanes Schritte verschnellern sich und ehe ich mich versehe, läuft er direkt neben mir her. Ich kann seine Blicke zwar auf mir spüren, doch er sagt nichts. Und dafür bin ich ihm wirklich sehr dankbar. Ich bin nicht in der Laune, zu reden. „Brauchst du ein Taschentuch?", durchforstet er schließlich doch die Stille und reicht mir das Tuch. Ich nehme es an und wische mir die Tränen von den Wangen. Mein Make Up ist bestimmt total verschmiert, aber das könnte ich niemals mit nur einem Taschentuch retten.

Außerdem ist es mir egal, wie ich gerade aussehe. Die einzige Person, die ich beeindrucken möchte, ist sowieso nicht hier.

„Was hast du hier eigentlich zu suchen?", erkundige ich mich bei Shane. „Ich bin mehr oder weniger von zu Hause weggelaufen. Ich muss einfach mal meinen Kopf freibekommen", erklärt er mir, während er sich seine Winterjacke auszieht. Normalerweise hätte ich mich dagegen gesträubt, seine Jacke anzuziehen, aber da mir wirklich kalt ist, belasse ich es bei einem „Danke".

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