35 - Claires Rache

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„Ach du liebe Zeit." Ich schlurfe müde in die Küche und lasse mich auf den Stuhl neben Chaya fallen. Meine Schwester löffelt ihr Schälchen Müsli aus, wobei die Hälfte der Milch auf ihr T-Shirt kleckert. „Wusstest du, dass Blake schwul ist?", richtet sich Mum neugierig an mich. Ihre Worte überrumpeln mich noch mehr als die gestrigen von Shane.

Blake soll schwul sein? Niemals! Um ehrlich zu sein könnte ich mir bei ihm sogar vorstellen, dass er homophob ist.

„Ähm Mum, Blake ist nicht schwul", erkläre ich und wische Chayas Mund ab. Wie kommt sie bloß auf diesen absurden Gedanken? Sie weiß doch ganz genau, dass wir uns geküsst haben. „Doch", beharrt meine Mutter und schiebt mir die Zeitung rüber. Ich seufze und widme meine Aufmerksamkeit der aufgeschlagenen Seite.

Sofort springt mir ein Foto von Blake entgegen. Seine blauen Augen funkeln geheimnisvoll und er beißt sich verführerisch auf die Lippe. Doch so richtig interessant ist erst der Text darunter.

„Dominanter Er sucht hingebungsvollen Ihn zum Verwöhnen", entziffere ich die gedruckten Buchstaben und schlage mir danach die Hand vor den Mund. Neben den wenigen, aber aussagekräftigen Worten, ist seine E-Mail angegeben.

„Also wusstest du wirklich nicht, dass Blake schwul ist? Du hättest uns das sagen können, Lucy. Du weißt, dass wir da absolut kein Problem mit haben", redet Mum auf mich ein und schiebt mir meine Brotdose zu. Ich bin immer noch viel zu geschockt, um ihr zu antworten.

Blake ist nicht schwul und wenn doch, würde er keine Anzeige in der Zeitung aufgeben. Das passt nicht zu ihm.

„Ähm, ich rede mal mit ihm", sage ich verwirrt und kratze mich am Hinterkopf.

Blake scheint wohl ebenfalls mit mir reden zu wollen, da er mich vor dem Schultor abfängt und in sein Auto zerrt. „Spinnst du eigentlich total?!", schreit er mich aufgebracht an und schlägt mit der Faust gegen das Lenkrad. Ich zucke zusammen und schaue ihn aus großen Augen an. „Bla-"

„Das hätte ich nicht von dir erwartet. Wie kann man nur so eine ehrenlose Hure sein?", beleidigt er mich. Die ersten Tränen sammeln sich bei seinen Worten in meinen Augen, doch ich blinzele sie weg. Ich darf jetzt keine Schwäche zeigen. „Hast du das echt nur gemacht, weil ich mit Sabrina gefickt habe? Meine Bettgeschichten gehen dich nichts an und sollten dir regelrecht am Arsch vorbeigehen, Lucy! Ich kann auch nichts dafür, dass dich keiner flachlegen will!"

„Blake", bemühe ich mich, ihn zu beruhigen, aber er rastet total aus. „Auf unseren Kuss musst du dir auch nichts einbilden! Ich habe es nur getan, weil es sonst keiner machen würde. Du bist so erbärmlich und falsch!" Ich versuche die Autotür zu öffnen, allerdings ist sie verschlossen. „Scheiße man, warum hast du das gemacht, Lucy? War dir langweilig oder was?"

Ich lasse Blakes hasstriefende Worte über mich ergehen und wische mir über die Wangen. Warum schreit er mich überhaupt so an? Ich habe nichts getan. „Was soll ich denn sagen, hm? Du hast mich die ganze Zeit verarscht", nuschele ich. „Erst hast du dich nur mit mir getroffen, um Shane wütend zu machen und dann küsst du mich, obwohl du schwul bist?"

Blake verliert nun vollkommen die Kontrolle und verpasst mir eine Ohrfeige. Mein Kopf schnellt zur Seite, während ich einen erstickten Laut von mir gebe. Er hat mich geschlagen.

Ich fasse es nicht. Was ist er bloß für ein Mensch?

Ich schnappe nach Luft und fasse vorsichtig an meine Wange. Tränen verschleiern meine Sicht und sorgen dafür, dass ich Blake nicht sehen muss. Er ist ein Monster. Wer hat nur sein Herz geklaut und ihn in dieses abscheuliche Wesen verwandelt? „Lucy", raunt er und greift nach meinem Handgelenk.

„Fass mich nicht an!", zische ich und rüttele an der Autotür. „Lass mich raus!" Er ignoriert meine Worte und streicht stattdessen über die geschwollene Wange. „Ich habe gesagt, dass du mich nicht anfassen sollst!", wiederhole ich meine Worte und schlage seine Hand weg.

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