Kapitel 24

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Es schien wie eine Ewigkeit, bis aus der Ferne eiliges Pfotentapsen zu hören war. Onyx und Arkady lagen Seite an Seite beieinander und hatten gedöst, doch nun blickte wenigstens die orangefarbene Drachin erwartungsvoll zum Tunnel. Skyla hockte währenddessen bei ihrer besorgten Freundin. 

Ciaras Atem hatte sich beruhigt und die tiefe Wunde an ihrer Schulter blutete nicht mehr ganz so stark, dennoch konnte man der Heilerin anmerken, dass sie immer noch mit den Schmerzen zu kämpfen hatte. 

Lennox kam aus dem Tunneleingang gehechtet, gefolgt von einer dunklen Echse, die ihm wie ein zweiter Schatten folgte. Der junge Heiler trug einen Stock im Maul, an dessen Ende einige Spinnenweben klebten. Auch Evil legte ihre Ausbeute vor die Klauen Tikanis. Zumindest versuchte sie es, denn die klebrigen Fäden hafteten immer wieder an den Pfoten der Drachin. Ungeschickt schüttelte sie das weiße Zeug ab. "Hoffe, du kannst damit was anfangen.", sagte die Graue zufrieden. "Wie geht es Ciara?" Tikani seufzte. "Besser als vorhin, trotzdem hättet ihr nicht viel später kommen dürfen." Die Heilerin zog ein paar Spinnenweben von den Ästen und begann, sie über die offenen Stellen zwischen Ciaras Schuppen zu legen. Die silberweißen Fäden färbten sich augenblicklich rot, und Tikani pflückte immer mehr der Netze ab, bis endlich kein Blut mehr hindurchsickerte.

Skyla sah gespannt zu, wie die grüne Drachin ihre Vorderpfote wenige Zentimeter über Ciaras Schulter hielt. Sie schloss die Augen und verharrte einige Augenblicke in dieser Position. Es herrschte eine besorgte Stille im Tempel, nur durchbrochen von den gleichmäßigen, wenn auch nervösen Atemzügen der Drachen.

Anders als die Anderen schien Ciara's Sohn völlig entspannt zu sein. Für Skyla sah es so aus, dass Lennox sich gar keine Sorgen um seine Mutter machte. Vertraute er so sehr darauf, dass Tikani sie heilen würde?

Der Rest von ihnen beobachtete Tikani. Konzentriert murmelte sie unverständliche Worte vor sich hin. Ob es einfach nur Zuspruch für sich selbst oder etwas anderes war, konnte die Silberne nicht deuten - zudem wusste sie grundsätzlich noch recht wenig über das Heilervolk. Ein kaum merkliches, grüngelbes Glimmen erschien an Tikanis rechte Klaue und kleine, goldene, staubähnliche Partikel umspielten sie. Die Flocken bildeten einen Wirbel und drehten sich immer schneller, bündelten sich zu einem schmalen Strahl und verschwanden mit einem seltsamen Geräusch - das wie eine Windböe klag - in Ciaras Schulter. Diese zuckte leicht zusammen und blieb regungslos auf dem kalten Steinboden liegen. 

Augenblicklich begann der Rand der Wunde aufzuleuchten. Langsam bildeten sich neue, winzige Schuppen und die offene Stelle wurde immer kleiner, bis sie schließlich komplett verschlossen war. Ciara stöhnte nur leise auf, als Tikani ihre starre Haltung wechselte und immer noch ein wenig besorgt die andere Heilerin untersuchte. Ist die Wunde jetzt vollständig geheilt?, fragte sich Skyla. Ihre schweren, goldenen Krallen schabten über den glatten Felsboden, als sie auf die regungslose Ciara zuging und sich Tikanis Werk genauer anschaute. Ihrer Meinung nach hatte die grüne Drachin ganze Arbeit geleistet. Es war fast gar nichts mehr von Onyx' Mordversuchen zu sehen, nur eine kleine, längliche Narbe zog sich zwischen den türkisenen Schuppen entlang, sie ähnelte ganz entfernt einer Ranke.

Nun fiel Skyla bei genauerem Hinsehen auf, dass sowohl Lennox als auch Tikani von mehreren, fast unsichtbaren Narben geziert waren. Eine recht markante verlief an Tikanis Hinterbein entlang, bis fast hinunter zu ihrem Knöchel.

Im Vergleich zu den Anderen fühlte sich die Silberne auf einmal sehr unerfahren und nutzlos. Onyx und Arkady beherrschten beide schon die Macht über das Feuer, Tikani und Ciara - und wahrscheinlich auch Lennox - konnten Drachen innerhalb von Minuten von schweren Veletzungen befreien und darüber hinaus besaßen sie noch unfassbar viel Wissen über Pflanzen und ihre Wirkungen. Dagegen konnte sie nichts davon. Kein Anzeichen ihres Elements hatte sie bisher gezeigt, nur einmal war ihr ein wenig Rauch aus den Nüstern gestiegen, weil sie sich mal wieder über die Übervorsichtigkeit ihres Vaters und die Sturköpfigkeit ihrer Mutter aufgeregt hatte. Sie erinnerte sich an Heathers Worte. Dass es noch mit der Zeit kommen würde und es bei jedem Drachen anders sei. Doch diese Aussage half ihr bei ihrem Problem auch nicht weiter. Wenn es noch einmal zu einem Kapf kommen sollte, bei dem sie auch mitkämpfen konnte, würde sie sich auf ihre Klauen und Zähne verlassen müssen. Was würde sie in diesem Augenblick alles dafür geben, ihre Kraft zu erhalten...

Dragonhearted - die sechs KristalleМесто, где живут истории. Откройте их для себя