Kapitel 21

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„Na, Maja. Jetzt werde ich dich mal vor meinem ungeschickten Sohn retten."  Leon war neben Luca und mir aufgetaucht und klatschte ab. Ja gut, Luca war wirklich kein begnadeter Tänzer, aber wenn ich das richtig gesehen hatte, war das durchaus eine erbliche Sache. Oder anders gesagt, ich kam vom Regen in die Traufe. Ehe ich aber noch etwas einwenden konnte, hatte mich Leon schon in seine Arme gezogen und war mir das erste Mal auf den Fuss getreten. Ich sollte mir merken, dass ich wenn ich Luca heiratete am besten Schuhe mit Stahlkappen anzog. „So, wir tanzen dann mal zum Rand und schauen, wo dein Vater mit Lucy ist." Was sollte Papa denn mit Lucy? Also meine Freundin tat mir gerade ziemlich leid, wenn sie mit meinem Vater tanzen musste, denn der war ebenso begnadet wie Leon. Nur weil man mit einem Fußball umgehen konnte, hieß das nämlich noch lange nicht, dass man sonst seine Füße koordinieren konnte. Mein Blick ging über die Tanzfläche. Max und LR schwebten gerade an uns vorbei. Sie grinsten sich verliebt und gutgelaunt an. Na ja, heute war ja auch ihr erster Hochzeitstag. Da wäre es ja traurig, wenn sie nicht glücklich wären. Mama tanzte gerade mit dem Bräutigam und schien ihn zuzutexten. „So, dann können wir los." Wo kam denn auf einmal Papa her? Und wo wollte er hin? „Was?" Gleich würde ich bestimmt einen Anranzer bekommen, weil Sätze aus mehr als einem Wort bestanden. „Mensch Maja, die Brautentführung." Oh Gott, die hätte ich fast vergessen. Ja klar, dafür war ja auch das Kranzlpaar verantwortlich und Luca und ich hatten abgesprochen, dass ich mit Papa und Leon die Braut entführte und er mit Andi und Marvin uns dann suchen würde. Als wir auf der Straße vor dem Restaurant standen, zog ich schnell mein Handy hervor. „Also wir treffen uns auf der Korbinianhütte", informierte ich alle. Lucy begann zu grinsen. „Cool, die haben den voll leckeren Apfelstrudel und Kartoffelsalat mit Fleischkas." Ich fragte mich, wie sie schon wieder an Essen denken konnte. Obwohl, früher war ich auch einmal so verfressen. Wieso hatte sich das eigentlich geändert? Und wann? Klar, als ich Luca kennengelernt hatte. Seitdem achtete ich mehr auf meine Figur. Na ja, das musste ich ja auch, denn seit dem spielte ich auch nicht mehr so viel Fußball. Seit Tessa in die erste Damen aufgestiegen war, hatte ich meine Fußballschuhe sogar ganz an den Nagel gehängt. „Weißt du, wo das ist?" Leon schaute seine Tochter fragend an. „Ja, klar." Sie deutete zu einem Berg genau gegenüber dem Karwendel. „Da am Kranzberg. Wir können mit dem Auto bis zum Latscheneck fahren und dann den Rest laufen." Leon verzog sein Gesicht. „Der Mietwagen steht am Hotel. Und getrunken habe ich auch schon was." Papa hob seine Hände „Ich auch und mein Wagen steht auch am Hotel. Aber das sieht doch gar nicht weit aus. Können wir da nicht schneller zu Fuß hin?" Ich schaute auf die Schuhe an meinen Füßen. Na wenigstens hatte ich in dem Dirndlratgeber auch gelesen, dass man immer flache Schuhe zu einem Dirndl trug. Und diese Ballerinas waren wenigstens bequem. Sonst hätte ich bei dem ganzen Hin- und Hergelaufe wahrscheinlich schon keine Füße mehr. Dann würde ich damit die kleine Wanderung auch noch überstehen. Kleine Wanderung! Bei diesen Worten dachte ich an die Wanderung zu Lucys Geburtstag. In den Bergen war jede Wanderung anstrengend. Egal! Ich musste Luca zeigen, dass er sich auf mich verlassen konnte. Morgen konnte ich mich dann ja wieder im Auto ausruhen. „Wir müssen nur dahinten durch den Gries und dann sind wir auch schon fast da." „Gries?" Ich schien nur noch Ein-Wort-Sätze zu beherrschen. „Das ist der alte historische Ortsteil von Mittenwald", erklärte Lucy sofort bereitwillig. „Na dann los." Papa und Leon setzten sich flott in Bewegung und Lucy und ich beeilten uns ihnen hinterherzukommen. „Puh, wie weit ist denn das noch? Du hast doch gesagt wir müssen nur durch den Ort und dann sind wir schon da." Papa blieb stehen und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Na ja, beim Parkplatz sind wir ja jetzt und dann müssen wir noch über die Forststraße den Berg hoch. Aber schaut doch erst einmal, was das für ein schöner Ausblick ist." Lucy deutete auf den Ort, der sich unter uns erstreckte. Ja, das sah wirklich schön aus. Ich erkannte sofort den Kirchturm. „Das ist doch die Kirche in der ihr geheiratet habt?" Lucy nickte. „Ja, das ist St. Peter und Paul." „Das Panorama ist mir doch wurscht,", knurrte Leon. „Gibt es nicht noch einen kürzeren Weg als über die Forststraße?" „Ja klar, durch den Wald", antwortete Lucy sofort grinsend. „Der ist auch viel schöner und abwechslungsreicher." Wir setzten uns wieder in Bewegung und bogen in einen schmalen Waldweg, der steil anstieg. Nach ein paar hundert Metern blieb Leon stehen. „Diese Schuhe sind eine echte Zumutung. Wie soll man mit denen denn vernünftig laufen." Er deutete auf die Trachtenschuhe an seinen Füßen. „Da sachste wat", stöhnte auch Papa. „Die Dinger wiegen ja einen halben Zentner." Lucy fing an zu lachen. „Das sind halt Haferlschuh und keine super leichten luftgepolsterten megateuren Sportschuh." „Und in den blöden Lederhosen schwitzt man sich auch einen Hecht." Papa zog die Wollwadler von seinen Beinen und machte sie sich um die Handgelenke. „Vielleicht taugen die Dinger ja wenigstens als Schweißbänder." Leon folgte seinem Beispiel. „Nee, die taugen höchstens als Pulswärmer", grummelte der Brautvater keine Minute später.  „So, können wir jetzt weiter?" Lucy hatte ihre Arme in die Hüften gestützt und schaute die beiden Männer auffordernd an. „Wenn ihr weiter so kriecht, dann ist mein Mann vor uns an der Hütte und ich kann ihn dann suchen gehen. Außerdem will ich noch ordentlich was futtern bevor ich ausgelöst werde. Also hopp." Sie schnappte sich meine Hand und marschierte zügig los. Hinter uns setzte ein gleichmäßiges dumpfes Trampeln ein und Papa und Leon überholten uns im Joggingschritt. „Oh Mann, sind die deppert", zischelte mir Lucy zu. „Wetten, dass sie an der nächsten Ecke wieder mit einem Herzkasperl stehen bleiben und erst einmal fünf Minuten Pause brauchen." Sie schüttelte ihren Kopf „Der Trick beim Wandern ist, dass du immer gleichmäßig läufst und gleichmäßig atmest." Das hörte sich logisch an. Ich passte mich ihren Schritten an und stellte fest, dass sie recht hatte. So war das gar nicht mehr so anstrengend. Trotzdem sollte ich unbedingt wieder etwas Sport treiben. Das konnte mit Sicherheit meiner Kondition nicht schaden.

Schuss und Treffer im Auswärtsspiel - Teil 9  ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt