26 - Schlechtes Kuss-Timing

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Lees POV

Mabels Lippen auf meinen zu spüren, ist das schönste Gefühl dieser Welt.

Ein Feuerwerk aus Glücksgefühlen explodiert in meinem Bauch und lauter Schmetterlinge flattern aufgeregt durch meinen Körper.

In den letzten Tagen habe ich mir oft vorgestellt, wie es sich anfühlen könnte, Mabel zu küssen, doch in diesem Moment werden all meine Erwartungen übertroffen.

Mabels Lippen sind weich und warm. Außerdem schmecken sie ein bisschen nach Himbeere.

Ganz langsam und vorsichtig fange ich an, meine Lippen zu bewegen.

Eigentlich rechne ich damit, dass sich die Rothaarige nun meinen Bewegungen anpasst, doch das tut sie nicht. Stattdessen legt sie ihre Hände auf meine Brust und schiebt mich energisch von sich weg. Außer Atem und mit glitzernden Tränen in den Augen schaut sie mich an. „Warum hast du das getan, Lee?", möchte sie fassungslos, fast schon entsetzt, von mir wissen.

Um ehrlich zu sein überrumpelt mich ihre abweisende Reaktion gerade ein bisschen, da ich in den vergangenen Tagen das Gefühl hatte, dass sie sich ebenfalls von mir angezogen gefühlt hat. Nur deswegen habe ich auch all meinen Mut zusammengenommen und sie geküsst.

Ich dachte, ich könnte sie mit dem Kuss aufmuntern und ihre Tränen in ein Lächeln verwandeln, aber wie es scheint, habe ich falsch gedacht.

Mabel erweckt nämlich in diesem Augenblick den Anschein, als würde sie mir am liebsten an die Gurgel springen.

„Rave liegt gerade im OP-Saal und kämpft um sein Überleben!", erhebt meine Gegenüber wie gedacht wütend ihre Stimme. „Und dir fällt nichts Besseres ein, als mich zu küssen?" Verzweifelt rauft sie sich die Haare, während die ersten Tränen über ihre Wangen tanzen. „Verdammt, Lee! Ich habe jetzt echt keinen Kopf für dieses Gefühlsdrama, okay? Ich kann aktuell nur an Rave denken!"

Automatisch fühle ich mich schlecht. „Ich wusste nicht, dass Rave operiert wird", gebe ich kleinlaut zu. „Das-"

Anstatt mich aussprechen zu lassen, unterbricht mich die Grünäugige sofort energisch. „Du hast ja auch nicht gefragt!", wirft sie mir vor. „Du solltest herkommen, um bei mir zu sein, und nicht, um alles noch schlimmer zu machen. Gib Rave doch nicht noch einen Grund für seine dämliche Eifersucht!"

Vermutlich hat Mabel keinen blassen Schimmer, wie sehr mich ihre Worte verletzen.

Hätte sie mir in den vergangenen Tagen keine Signale gesendet, dass sie mich ebenfalls mag, hätte ich auch gar nicht erst versucht, sie zu küssen. Außerdem hat sie mich eben so sehnsüchtig aus ihren grünen Augen angeschaut, dass ich gar nicht anders konnte, als meine Lippen auf ihre zu pressen.

Die alleinige Schuld für diesen Kuss auf mich zu schieben, ist also nicht fair. Mabel ist nicht so unschuldig, wie sie denkt.

„Es tut mir leid", entschuldige ich mich dennoch bei ihr, da ihr die Verzweiflung praktisch ins Gesicht geschrieben steht. „Ich hätte mit dem Kuss warten sollen. Gefallen hat er mir aber trotzdem."

Daraufhin weiten sich Mabels Augen und sie schüttelt ungläubig ihren Kopf. „Hast du mir nicht zugehört, Lee?", keift sie mich aufgebracht an. „Rave kämpft um sein Überleben! Hör also verdammt nochmal damit auf, mir Komplimente zu machen und mir Honig ums Maul zu schmieren. Alles, woran ich denken kann, ist mein Freund, den ich liebe. Hast du das verstanden?"

Erneut treffen mich ihre Worte mitten ins Herz, sodass dieses klirrend auseinanderfällt.

Rave hat nicht nur mich, sondern auch Mabel geschlagen. Außerdem hat er sie mehrfach beleidigt und ihr dubiose Sachen unterstellt. Wie kann sie ihn nach diesem ganzen Drama immer noch lieben?

Wenn Sonne und Regen aufeinandertreffenWhere stories live. Discover now