38 - „Ich liebe dich"

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Lees POV

Diesen grausamen Schmerz, der gerade mein Herz zerfrisst, habe ich das letzte Mal gespürt, als Josh gestorben ist. All die Tritte und Schläge, die mir Jackson und seine Gefolgschaft oder auch Rave verpasst haben, waren nicht annähernd so schmerzhaft, wie das Gefühl, was ich aktuell empfinde.

Mabel hat Raves Ring angenommen und ihm damit das Versprechen gegeben, ihn irgendwann einmal zu heiraten.

Als ich die beiden vor ein paar Monaten kennengelernt habe, war auch ich der festen Überzeugung, dass sie für immer zusammenbleiben würden, aber seit sich Rave so sehr ins Negative verändert hat, weiß ich, dass er nicht der Richtige für Mabel ist.

Die rothaarige Schönheit hat einen aufrichtigen Menschen an ihrer Seite verdient, der sie auf Händen trägt und ihr die Welt zu Füßen legt.

Dieser Jemand könnte ich für sie sein.

Bei dem Gedanken daran, wie verzweifelt mich Mabel vor ein paar Minuten geküsst hat, löst sich eine Träne aus meinem Augenwinkel. Ihr Kopf scheint noch immer nicht verstehen zu wollen, was ihr Herz schon längst weiß: Sie liebt mich.

Die Art, wie sie mich heute auf Raves dämlicher Feier angeschaut hat, hat mir das verraten.

Ein Klingeln an der Haustür reißt mich aus meinen Gedanken. Da das vermutlich sowieso nur meine Mutter sein wird, welche zu faul ist, den Schlüssel aus ihrer Handtasche zu kramen, mache ich mir gar nicht erst die Mühe, aufzustehen und bleibe stattdessen liegen.

Dass ich mit meiner Vermutung jedoch falschliegen muss, wird mir bewusst, als die Klingel wenig später alle drei Sekunden betätigt wird.

„Meine Fresse", grummele ich genervt. „Ich bin doch nicht taub!"

Begleitet von einem bitterbösen Gesichtsausdruck quäle ich mich aus meinem Bett, stiefele die Treppenstufen ins Erdgeschoss hinab und reiße dort schwungvoll die Tür auf.

„Welcher Idiot-", setze ich wütend an, verstumme allerdings sofort, als ich sehe, wer sich da gerade vor mir befindet.

Das schönste Mädchen der Welt.

„Mabel?", frage ich meine Gegenüber verwirrt. „Was machst du hier?" Erst vor ein paar Minuten wurde sie doch von ihrem Vater auf der Straße eingesammelt und nach Hause gebracht. Wie ist es also möglich, dass sie in diesem Moment vor mir steht?

„Wenigstens einmal in meinem Leben möchte ich mutig sein und die richtige Entscheidung treffen", antwortet mir die Rothaarige nervös. Ihre Augen huschen viel zu schnell über mein Gesicht und auch ihre Atmung, die kleine Wölkchen in die Dunkelheit pustet, geht viel zu unregelmäßig.

„Gut, dann komm rein", erlöse ich Mabel aus ihrer Ungewissheit, indem ich einen Schritt zur Seite trete und sie hineinbitte. Sofort kommt sie meiner Aufforderung nach und läuft dann gemeinsam mit mir in mein Zimmer.

Bei den Erinnerungen daran, was wir hier schon alles so getrieben haben, wird mir ganz heiß.

Zusammen lassen wir uns schließlich auf meinem Bett nieder und verknoten unsere Hände miteinander. Erst scheint es so, als würde Mabel sich nicht trauen, den Anfang zu machen, doch nach einer Weile wispert sie leise: „Ich habe nie mit dir gespielt, Lee. Meine Gefühle für dich waren immer echt."

Automatisch beschleunigt sich mein Herzschlag, da sich eine gewisse Hoffnung in mir breitmacht, in welche Richtung dieses Gespräch verlaufen könnte.

„Auch mit Rave habe ich nie gespielt – jedenfalls so lange nicht, bis es zwischen uns beiden intim wurde. Ich weiß, dass es nicht fair war, Rave und dich parallel zu treffen und zu küssen, aber ich wusste nicht, was ich sonst machen sollte. Mein Leben lang war immer Rave derjenige, der an meiner Seite war. Ihn plötzlich zu verlieren, weil sich mein Herz in jemand anderen verliebt hat, hat mir Angst gemacht."

Wenn Sonne und Regen aufeinandertreffenWhere stories live. Discover now