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Snow Flower.
Dieser Name war es, der Jungkook so einfach über die Lippen ging, der sein Herz höher schlagen ließ. Er konnte nicht in Worte fassen, was er fühlte wenn er diesen Namen hörte, wenn er ihn selbst sagte oder wenn er die dazugehörige Person sogar zu Gesicht bekam. Ein Mal im Jahr. Für eine Stunde, wenn der Schnee angefangen hatte zu fallen.

Jungkook liebte ihn. Alles an ihm, von dem er bis jetzt wusste. Und er wollte soviel mehr von ihm wissen, er wollte alles wissen. Aber er würde es wohl nie. Nicht weil er es nicht konnte oder wollte, sondern weil er Angst hatte. Was wäre, wenn er abgewiesen werden würde, wenn er wegrennen würde, wenn Jungkook die Schuld dafür tragen würde, dass er nie wieder hier auftauchen und dem Schnee beim Fallen zusehen würde? Was dann? Könnte er sich das verzeihen? Wenn er ihn nie wieder sehen könnte? Seine Blase würde platzen. Die, in der er sich seit seinem sechsten Lebensjahr befand. In der er hoffte, all seine Wunschvorstellungen würden irgendwann wahr werden. Er wusste zwar auch jetzt, dass es wohl nie dazu kommen würde, aber er hoffte es trotzdem so so sehr, dass dein Herz schmerzte bei dem Gedanken daran, ihn zu verlieren.

Dabei wollte er doch so unbedingt wissen, was die Geschichte Snow Flowers war, die hinter seinem jährlichen Auftauchen während des Schneefalles steckte. Gab es überhaupt einen tieferen Grund? Oder war es einfach etwas, was ihn glücklich machte? Jungkook wollte es so sehr wissen, als hinge sein Leben davon ab, aber er traute sich nicht zu fragen und das seit vierzehn Jahren. Vierzehn Jahre, die er ihn schon beobachtete wie ein Spanner in der Hoffnung, er würde zu ihm sehen, ihn anlächeln und auffordern zu ihm zu kommen. Es wäre so einfach und er müsse nicht einmal seine große Angst überwinden und ihn fragen. Er hätte das bekommen, was er wollte, aber es würde nie so sein. Dafür war das echte Leben zu kompliziert gestrickt. Als würde die Natur einen kämpfen sehen wollen. Mit sich selbst. Als würde es ihr gefallen einem dabei zuzusehen, wie man vor Angst schwitzte, Herzklopfen bekam und wie einem die Knie einknickten. Wie man litt. So wie der Zwanzigjährige es tat.

Jungkook schluckte als er Snow Flower genauer betrachtete. Das blondierte Haar der letzten Jahre, war rausgewachsen und nun wieder von seiner Naturfarbe Braun ersetzt worden. Dem Studenten gefiel es. Ihm würde alles an ihm gefallen. Aber ihm stand diese Haarfarbe, sogar noch mehr als das Blond. Zudem waren sie leicht gelockt und schienen voller als sonst. Sein Gesicht hatte sich im Gegensatz zu den anfänglichen Jahren kein bisschen verändert. Er war noch genauso wunderschön und begehrenswert wie die Jahre davor. Jungkooks Blick fiel. Er lag nun auf der Kleidung. Ein langärmliges, weißes Oberteil und dazu eine weitere, beige Stoffhose.

Es sah gut aus. So wie immer. Jungkook wurde warm ums Herz, als er ihn und seine Schönheit bewunderte und dabei schmolz, wie all die Schneeflocken vor ihm, die nun aufgetaut die Fensterscheibe herunterflossen.

Es dauerte einiges an Zeit, bis er aus seiner Bewunderung heraus finden konnte und endlich realisierte, was er schon viel früher hätte bemerken sollen.

Snow Flower fror. Sein Körper musste mit eine Gänsehaus überzogen sein und jeder Windzug ihn zum Zittern bringen. Denn sein Outfit war dünn. Viel zu dünn, wenn man sich die momentanen Temperaturen ansah, erst reicht, wenn es nun auch noch schneite. Er musste wohl gleich losgefahren sein, als er den Schneefall bemerkt hatte.

Jungkook bekam ein schlechtes Gewissen, während er ihn so beobachtete, wie er fror, nichts hatte, das er sich überziehen konnte und das ihn wärmen würde.

Unruhig kaute er auf seiner Unterlippe herum und spielte mit seinen Fingern. Sollte er ihn ignorieren? Sollte er ihn weiter beobachten und hoffen, er würde an der Kälte nicht erkranken und sich eine Erkältung zuziehen? Oder sollte er zu ihm gehen und ihm etwas warmes anbieten?

Wäre Jungkook in seinen Träumen, dann hätte er die dritte Wahl genommen. Obwohl... Wenn er in seinen Träumen versunken wäre, dann wäre Snow Flower zu seinem Haus gekommen, hätte geklingelt und gefragt, ob der Braunhaarige etwas warmes zum Anziehen hätte, wäre ihm dann bis ins Zimmer gefolgt und hätte ihn dort am Kragen gepackt, bevor er ihn auf das Bett geschmissen hätte und ihn geküsst hätte, anfangs zärtlich und dann immer leidenschaftlicher, bis es irgendwann im Sex geendet wäre.

Jungkook musste schmunzeln bei dem Gedanken, auch wenn es ihm im Nachhinein unglücklich stimmte, weil er all das nie erleben dürfte. Und das machte ihn traurig, weil er es so unbedingt wollte, dass er wohl alles dafür gegeben hätte.

Der Zwanzigjährige hatte Angst. Er musste zu ihn gehen. Zu Snow Flower. Wie könnte er ihn auch dort frierend stehen lassen? Aber er wollte nicht. Er wollte sich nicht blamieren und ihn erst recht nicht verlieren, bevor er ihn überhaupt kennen gelernt hatte.

Zwiegespalten biss er auf seinem Fingernagel herum und blickte dabei weiterhin aus dem Fenster in Richtung des jungen Mannes, der dort stand und lächelnd in den Himmel blickte. Er liebte ihn und wenn er dieses Szenario sah, dann wusste er auch warum.

Snow Flower war einfach anders. Er war etwas besonderes.

Snow Flower ⚣𝗄𝗈𝗈𝗄𝗍𝖺𝖾Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt