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„Kommst du Taehyungie?", kam es fragend aus der Dunkelhaarigen. In ihrer Stimme schwang etwas trauriges mit, als würde sie hoffen, ihr Sohn würde den Ausflug doch absagen wollen.

Doch der Fünfjährige nahm augenblicklich seine Aufmerksamkeit vom Himmel und richtete sie nun auf die Frau vor sich, die einen kompletten Kontrast zu ihrer weißen Umgebung ergab. Er lächelte. Er konnte es kaum noch abwarten einen Schneemann zu bauen und einen Schneeengel zu machen, sodass er gleich auf seine Mutter zu rannte, sie an die Hand nahm und hinter sich her zog, damit sie nicht mehr zu viel Zeit verschwenden würden.

Die beiden steuerten ein großes Feld in der Nähe eines Waldes an. Taehyungs Vater hatte ihm erst vor ein paar Tagen davon erzählt, dass diese riesigen Grünfläche bald für eine Reihe Einfamilienhäuser weichen musste und das hatte den Braunhaarigen zutiefst betrübt. Es war zur Tradition seiner Familie geworden, dass sie jedes Jahr aufs Neue auf diesem Feld einen Schneemann bauten, manchmal sogar eine ganze Familie von Schneemännern. Und diese sollte nun für Häuser zerstört werden? Taehyung war empört. Das konnte sie nicht machen! Niemand durfte das!

Angefressen von der Tatsache, dass er nächstes Jahr wo anders im Schnee toben musste, beäugte er die vereinzelte Abgrenzungen für das Erbauen der Häuser und drehte ihnen gleich den Rücken zu.

Er konnte sich das nicht länger ansehen.

Sein Blick fiel auf seine Mutter, die ziellos durch die Gegend starrte, bis ihr Blick den ihres Sohnes einfing und geradewegs zu lächeln begann. Egal wie sehr ihre Augen von Trauer, Verzweiflung und eigenen Vorwürfen gefüllte war, Taehyung wusste, dass das Lächeln selber Mutter von Herzen kam, dass es aufrichtig war und nicht erzwungen. Er wusste es, weil es nicht so aussah wie die letzten Jahre. Es war nicht aufgesetzt und sollte nicht die Tragik der Situation herunterspielen.

Nach längerer Zeit, in der sie sich lediglich angesehene hatten, ging die Dunkelhaarige in die Hocke, sodass sie auf Augenhöhe zu ihrem Sohn war und strich ihm mit ihrer einen Hand über das weiche, leicht lockige Haar und wenn Taehyung sich nicht irrte, dann erkannte er sogar kleine Tränen in seinen Augen, leicht glitzern.

„Taehyungie... Versprich mir, dass du nie vergisst, wie sehr Mama dich liebt, ja? Du bist ihr keiner Diamant. Denk daran, okay? Und auch daran, dass sie immer bei dir sein wird, dass sie dich überall hin begleiten wird", kam es über die zittrigen Lippen der jungen Frau. Sie tat sich schwer damit, ihre Tränen nicht freien Lauf zu geben, sie zurückzuhalten, damit eine schwache Frau, nicht das letzte Bild für Taehyung von seiner Mutter sein würde. Er sollte sie lächeln sehen, egal wie schwer es ihr viel, ihre Emotionen nich die überhand zu geben, sie musste es tuen. Für Taehyung. Für ihren Sohn. Für ihr ein und alles.

Dieser blickte sie nun mit leicht geweiteten Augen an. Er schien nicht wirklich zu wissen, warum seine Mutter ihm nun all das sagte. Er hatte es doch immer irgendwie gewusst, dass sie ihn liebte, auch wenn er es nie laut ausgesprochen hätte, aber trotzdem verwunderte es ihn, dass sie das gerade jetzt sagte. Hatte sie etwas vor? Oder wollte sie es ihn einfach mal wieder gesagt haben?

Der Fünfjährige wollte gerade nach einer Erklärung fragen, als seine Mutter ihm den Zeigefinger auf die Lippen presste und ihn somit daran hinderte zu sprechen.

„Sag nichts, bitte. Ich liebe dich, aber bitte sagt nichts mehr, okay?", meinte die Dunkelhaarige und nahm ihren Finger wieder zu sich, als der kleine Junge leicht zu nicken begann.

„Danke... Taehyung, ich möchte, dass du den schönsten Schneemann baust, den du je gebaut hast, während ich weg bin, ja? Schaffst du das?", wollte sie wissen, nahm dabei die beiden kleinen, in Handschuhen gepackten Hände in die ihre und drückte sie leicht, während sie ihren Sohn ein letztes Mal ansah.

„Ich liebe dich...", hauchte sie, sodass ihr Sohn es beinahe nicht gehört hätte und drückte einen Kuss auf die Stirn dessen, bevor die sich aus der Hocke erhob, die Hände dabei weiterhin fest in ihren.

Ihre Sicht wurde genommen, Tränen quollen aus ihren Augen, während die Sechsunddreißigjährige Taehyung ein letztes Mal ansah, bevor sie die Hände aus ihren gleiten ließ und sich von ihrem Sohn entfernte.

Dieser blickte ihr hinterher, wusste nicht, was geschah, warum seine Mutter einfach ging. Er wollte ihr hinterher, als ihm die Aufgabe in den Sinn kam, die er von seiner Mutter aus erledigen sollte. Und das würde er. Bis sie wiederkehren würde. Er würde dem Schnee beim Fallen zusehen, einen Schneemann bauen und die kalte Jahreszeit genießen. Auch wenn er es alleine tuen müsste.

Für immer.

Snow Flower ⚣𝗄𝗈𝗈𝗄𝗍𝖺𝖾जहाँ कहानियाँ रहती हैं। अभी खोजें