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Mit offenem Mund beäugte Jungkook seinen Gegenüber, wagte es nicht sich auch nur einen Millimeter zu bewegen und bewunderte dabei abermals die einnehmende Schönheit des Braunhaarigen.

Nun da er ihn ohne weiter Entfernung betrachten konnte, viel ihm auf, wieviel schöner er eigentlich war, als Jungkook es bisher gedacht hatte. Dunkele Iris hoben sich von seiner hellen, porzellanähnlichen Haut ab, ebenso seine funkelten Haare und die wenigen Schönheitsflecken, die er besaß. Als hätte man einen Himmel mit vereinzelten Sternen fotografiert und einen Negativ-Filter daraufgelegt. Daran erinnerte die Haut des jungen Mannes Jungkook, seine dunklen Muttermale waren Sterne, weit entfernte Sonnen.

Der Zwanzigjährige musste jedoch auch feststellen, dass seine Lippen, spröde, rissig und blau abgelaufen waren, offensichtlich von der Kälte, was ihm wieder ins Gedächtnis rief, warum er überhaupt vor dieser bezaubernden Schönheit stand.

Doch bevor er dazu kam seinem Gegenüber den Pullover anzubieten, fielen ihm wieder die Worte ein, die gerade erst aus dem Mund Snow Flowers erklungen waren.
„H-Hat sie dich geschickt?"

Es hatte ihm einiges an Zeit gebraucht zu realisieren, was sein Gegenüber überhaupt gesagt hatte, so eingenommen war er von dessen Erscheinung gewesen. Doch nun blinzelte er nur verwirrt und schüttelte kaum merklich mit seinem Kopf.

Wen meinte er? Und wie kam er überhaupt darauf, dass ihn jemand geschickt hätte? Und dann auch noch jemand ihm bekanntes?

„Tut mir leid, i-ich weiß nicht, von wem du sprichst", entgegnete er daher nach einer langen Stille, die zwischen ihnen entstanden war und krallte seine vor Nervosität, da er gerade mit seiner Liebe seines Lebens sprach, schwitzigen, gefrorenen Finger in den flauschigen Stoff des Pullovers, den er eigentlich vor gehabt hatte seinem Gegenüber zu geben, nun aber über ganz andere Dinge mit ihm sprach, als beabsichtige.

Nun war Snow Flower derjenige, der nichts zu erwidern wusste. Starrte den Zwanzigjährigen aus großen Augen an und ließ kein Wort über seine Lippen kommen.

Und erst da bemerkte Jungkook die feuchten Tränen, die schon von Anbeginn auf der makellosen Haut des Braunhaarigen glänzten. Er weinte. Er weinte schon seit der Zwanzigjährige zu ihm getreten war, hatte es auch davor getan und tat es immer noch. Stumm bahnte sich die Flüssigkeit einen Weg über die verfrorenen Wangen und ließ eine glänzende, bei aufprallendem Wind vor Kälte kribbelnde Spur zurück, die Jungkook ihm am liebsten aus dem Gesicht gewischt hätte. Doch er traute sich nicht. Zudem war er momentan nicht in der Lage sich zu bewegen und erstrecht war er mit seinen Gedanken ganz wo anders.

Denn es dauerte nicht allzu lange, da öffnete sein Gegenüber den Mund und ließ seinen sichtbaren Atem vor sich aufbäumen, bevor er sich gleich auflöste und wieder verschwand.

„Von ihr. Hat sie dich geschickt? Nach all den Jahren?", seine zittrige Stimme brach die Stille und ließ Jungkook eine Gänsehaut über den Rücken laufen. Er hatte sich bei seinen Träumen nicht auf die Stimme konzentriert, aber trotz dessen hatte er nie damit gerechnet, dass Snow Flower so eine tiefe, beruhigende Stimme hätte. Doch zu ihm passte dieser tiefe Bariton, trotz des Kontrastes zu seinem reinen, fast etwas niedlichen Auftretens.

Jedoch war das nicht das einzige, was nun in Jungkook Kopf herumschwirrte.  Denn viel so viele Fragen häuften sich zu dem, was sein Gegenüber gerade erst gesagt hatte. Von ihr. Jungkook Verstand nicht, wen er damit meinte. Aber er wollte es wissen. Von wem war die Sprache? Wer sollte ihn geschickt haben? Und warum sollte er jemanden kennen, der auch dem Braunhaarigen bekannt war? Jungkook war die Verwirrung ins Gesicht geschrieben.

Doch je länger sie sich anschwiegen, desto schneller fing Jungkook an zu glauben, er würde sich viel zu viele Fragen stellen. Vielleicht war Snow Flower ja auch einfach nur verwirrt oder hatte schon durch die Kälte verfrorene Gehirnzelle, sodass seinen Mund nur noch unnützes Zeug verließ.

„Ich hab dir einen Pullover gebracht, es schien so, als wäre dir kalt", fing Jungkook daher an, umging die Fragen, die er von seinem Gegenüber gestellt bekommen hatte.

Dieser ließ daraufhin seinen Blick fallen, richtete ihn somit auf das Stück Stoff, welches dem Zwanzigjährigen in den schwitzigen Händen lag und beäugte ihn, als würde er nicht wissen, ob er ihn annehmen sollte oder nicht.

Jungkooks Herz raste. War das nun der Moment, an dem er abgewiesen werden würde? Er wollte nicht, dass es vorbei war. Er wollte weiter mit dem Braunhaarigen Zeit verbringen, auch wenn sie sich hauptsächlich anschwiegen und eine unangenehme Stille entstand. Er wollte ihn weiter ansehen, bewundern. Er wollte einfach weiter in seiner Nähe sein.

Das Herz des Zwanzigjährigen jedoch schien noch an Geschwindigkeit zuzunehmen, als sein Gegenüber auf einmal seine Hände ausstreckte, den Pullover griff, ihn aus Jungkooks Armen zog und an sich selbst drückte.

„Danke."

Snow Flower ⚣𝗄𝗈𝗈𝗄𝗍𝖺𝖾Where stories live. Discover now