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Fröstelnd und wie gerädert wurde ich wach. Endlich, der 1. Dezember. Das Jahr neigte sich endlich dem Ende zu. Es war kein schönes Jahr und es musste dringend zu Ende gehen. Erstaunlicherweise hatte ich ausnahmsweise mal keine Probleme mich aus dem Bett zu quälen. Da wir Mittwoch hatten musste ich zum corona Test gehen und wie jeden Morgen zum wiegen. 50,9 zeigte die Waage. Wieder abgenommen aber ich wog noch viel zu viel. Vor einigen Wochen noch lag ich bei 44, aber ich musste ja wieder alles kaputt machen. Ich beschloss nicht zu frühstücken sondern einfach 200ml schwarzen Kaffee mit Süßstoff zu trinken. Kaffe wirkte manchmal leicht abführend wenn man ihn schwarz trank. Ich musste außerdem meinen Körper entwässern, dann würde ich nochmal Gewicht verlieren. Vielleicht sollte ich wieder aufhören zu trinken. Natürlich war das Frühstück wieder ein Diskusionsthema. Ich hatte leider Pech mit dem PED der da war, sie hatte nichts besseres zu tun als noch Salz in die Wunde zu streuen. „Und du willst auf die 2? Denkst du da musst du nicht essen??" und wie sie dabei lachte... ich wusste das ich auf der Jugendstation 2 auch essen musste, aber ich hoffte das die mir helfen würden. Den auf der Jugendstation 4 wo ich war halfen sie mir nicht wirklich. Ihre Worte Schnitten tief ins Fleisch. Nach dem Frühstück verzog ich mich wieder in mein Zimmer und meldete mich vorher bei der ergo Therapie ab. Da ich am vorherigen Tag nicht geschafft hatte 1500kcal zu essen durfte ich nun nicht an Schule, Ausgängen und Therapien teilnehmen. Während die anderen zur Schule gingen verzog ich mich in mein Bett, ich fror und war Hundemüde. Ich hatte ein schlechtes Gewissen. Egal was ich tat, aß ich hatte ich ein schlechtes Gewissen, aß ich nicht, auch. Ich schaltete das Radio ein um auf andere Gedanken zu kommen. Der Kaffee hatte meinen Magen nur geringfügig gefüllt und Hunger machte sich breit. Aber gleichzeitig war mir schlecht und ich konnte nicht essen. Als ich aufstand um aufs Klo zu gehen wurde mir schwindelig. So weit waren wir also schon wieder. Ich war gespannt ob ich meine Periode wieder bekommen würde, jetzt wo ich so viel mehr wog. Ich überlegte welches Workout ich gleich wohl machen könnte. 30minuten Bauchmuskeltraining? Oder lieber 20minuten Armmuskeltraining? Oder einfach beides? Eigentlich fühlte ich mich viel zu schwach dafür aber es musste sein. Ich konnte nicht joggen gehen, ich durfte ja nicht in den Ausgang. Ich hatte viel Zeit, der Vormittag was noch jung, also begann ich ihn zu planen. Zuerst würde ich noch ein wenig zeichnen, einen Schmetterling oder einen Pilz. Danach würde ich mein Workout machen und daraufhin duschen gehen. Entweder schaffte ich das bis 10uhr, oder ich musste das aufteilen. Bis 10 hatte ich noch eine Stunde Zeit, das würde knapp werden. Was würde ich dann essen? Ich konnte nicht noch eine Mahlzeit ausfallen lassen. Vielleicht aß ich einfach einen Alpro mit 100kcal, das würde vielleicht gehen. Aber vorerst setzte ich mich an meinen Zeichenblock und begann zu zeichnen.

Ich verlor recht schnell die Lust am zeichnen. Ich machte ein 20minuten Workout für die Bauchmuskeln und legte mich erschöpft ins Bett. Leider hatte ich nur wenig Zeit zum ausruhen, denn die nächste Mahlzeit stand an. Ich goss mir erneut Kaffee ein und schnappte mir einen Alpro. 100 kcal plus 4 vom Kaffee. Das machte auf den Tag 108 kcal. Ich war besser als am Vortag. Die Mahlzeit viel mir extrem schwer.  Ich hatte seelische Unterstützung eines PEDs, er lenkte mich ab und ich konnte ihm auch von meinem Problem erzählen nachdem wir eine zeitlang über Pferde geredet hatten. Ich sagte ihm das ich in einem Zwiespalt lebte. Ich hatte ein schlechtes Gewissen wenn ich aß und ein schlechtes Gewissen wenn ich nicht aß. Trat ich aber auf der Stelle war ich frustriert. Mit anderen Worten, von drei Wegen sind drei scheiße. Ich weiß nicht wie ich mich entscheiden soll. Ich will einerseits leben, reiten und meinen Alltag wieder genießen können und andererseits wollte ich doch nur dünn sein. Er sagte mir das dies normal war bei einer Körper Schema Störung. Das machte es nicht leichter. Ich wusste das ich ein gestörtes selbstbild hatte. Das machte es nicht grade leichter. Aber hat man das bei einer Essstörung nicht immer? Ich verkroch mich wieder in mein Bett und mir war zum weinen zumute. Ich fühlte mich fett, eklig und wiederlich. Alles schwabbelte an mir. Wo war mein flacher Bauch hin? Warum waren meine Oberschenkel nur so dick? Ana meldete sich zu Wort. „Ich hab dir gesagt du wirst fett wenn du nicht auf mich hörst. Das hast du jetzt davon. Eigentlich musst du mindestens eine Woche jetzt Fasten. Aber du willst ja weiterhin nicht auf mich hören." Es ging mir weiterhin nicht gut. Ich überlegte wie ich diesen beschissenen tag nur rumkriegen sollte. Vermutlich durfte ich am Wochenende nicht mal nach Hause. Diese ganze Situation war einfach nur frustrierend. Ich wollte doch nur dünn sein! Aber ich wollte dafür nicht meine Reitbeteiligung aufgeben... ich konnte nicht beides haben. Ich beschloss duschen zu gehen, in der Hoffnung das es mir danach etwas besser gehen würde.

Nie gut genug Where stories live. Discover now