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Die ersten roten Sonnenstrahlen knallten auf die staubige Großstadt und tauchten alles in orange-Rotes Licht. Ich fuhr den altbekannten Weg bis zum Hauptbahnhof, wie früher schon unzählige Male. Ich wurde überflutet von einem Meer aus Erinnerungen. Und dann saß ich da, in der kühlen Morgenluft am Bahnhof und wartete. Lauschte im Hintergrund den Stimmen des bahnhofs, menschen, zugansagen, tauben. „S 23 Richtung Rheinbach über meckenheim. S 23, Rheinbach über meckenheim, Abfahrt 7:55. Vorsicht bei der Einfahrt." lange hatte ich das nicht mehr gehört. Der Steig füllte sich langsam mit Menschen, die gemeinsam mit mir auf den Zug warteten. 4 Minuten noch. Da kam er auch schon. Ich schulterte nervös meine Tasche und stieg mit der kleinen Menschentraube ein.
Ich setzte mich ans Fenster und wartete geduldig auf die Abfahrt des Zuges. Ich musste durch bis Rheinbach, dort umsteigen und weiter nach Euskirchen. Dort wieder umsteigen und weiter zur Schule. Im Kopf ging ich nochmal den klausurstoff für gleich durch. Textanalyse, literarische Texte. Einleitung, Hauptteil 1, Hauptteil 2, Hauptteil 3 und Schluss. Ich konnte das. Ich brauchte nicht nervös sein. Ich dachte an die zwei Fresubin Flaschen in meinem Rucksack. Würde ich es tatsächlich schaffen sie zu trinken? Oder würde ich sie wegkippen? Meine Lehrerin würde Fragen stellen. Sie dachten alle es ginge mir schon besser. Dann würden sie denken es sei nicht so. Aber wenn ich das vor allen Augen trinken sollte, was würden sie dann denken? Würden sie denken „kein Wunder dass sie so zugenommen hat wenn sie das trinkt" ? Meine Gedanken killten mich. Der Zug fuhr los, gewann an Tempo, etwas was man aus Euskirchen nicht kannte. Ich ließ meinen Blick über die in warme Sonnenstrahlen getränkte Landschaft gleiten und lauschte der Musik. Es würde schon alles gut gehen. Ich lehnte mich zurück und schloss die Augen.

Ich fuhr weite Strecken durch Wiesen und Wälder. Plötzlich lichtete sich der Wald und gab den Blick frei auf eingezäunte Wiesen aus denen Nebel hochstieg. Das Licht fiel in strahlen in den Nebel und tauchte alles in magischen Schimmer. Ich gähnte herzhaft, es war grade mal viertel nach acht. Mittlerweile war ich in meckenheim angekommen. Die Welt war wunderschön um eine solche frühe Uhrzeit. Noch still und friedlich, nur die Tiere waren schon wirklich auf. Eine Stunde noch, dann würde ich da sein. Ich hatte Magenschmerzen, der ganze Stress wegen den Klausuren und dem Essen saß tief. Ich hatte nicht viel geschlafen und von Kaffee auf nüchternen Magen bekam ich sowieso grummeln. Egal, Hauptsache es blieb alles drin. Meckenheim City. Menschen stiegen aus, Menschen stiegen ein. Weiter ging die Fahrt, aus der Stadt raus, zwischen Felder und Wiesen.

Langsam fuhr der Zug in den Bahnhof ein. Endstation. Ich musste umsteigen. SEV, ätzende Sache. Ich kannte den Bahnhof recht gut und fand mich schnell zurecht. Seit einem Jahr fuhr kein Zug mehr nach Euskirchen. Erst war es eine Baustelle, dann die Flut. Seitdem musste ich ständig in alle möglichen Richtungen auf den SEV ausweichen, da oft auf längere Strecken auch kein normaler Bus fuhr. Mit dem SEV ist das so eine sache. Entweder es kommen direkt zwei, oder gar keiner. Da kam der erste- und fuhr durch. Panik... jemand wollte einsteigen, doch der Busfahrer winkte ab. Warum ließ er keinen rein?? Der nächste kam erst um 46... das wäre zu spät. Macht der jetzt pause?! Dann kam zum Glück ein zweiter und ich stieg zügig ein. Und los ging die rasante Fahrt Richtung Euskirchen. Ich versuchte mich erneut zu entspannen, sonst würde mein Frühstück doch nicht mehr drin bleiben. Ich hätte an einem solchen Tag nicht essen sollen, ich hätte mir denken können wozu das führte! Auf der anderen Seite musste ich das auch üben. Der Bus fuhr aus Rheinbach raus und ich war wieder in der Pampa. Wer schon einmal hier war, oder die Eifel kennt, weiß was ich meine. Ich bin mir zwar nicht sicher ob euskirchen/ Rheinnach schon zur Eifel gehörte, aber auf jeden Fall lag die Eifel direkt daneben und das konnte man anhand der Landschaft auch deutlich sehen. Kilometer Landschaft liegen zwischen den Dörfern. Wenn man das nicht gewöhnt ist, sondern nur die Stadt, kann man schonmal nervös werden ob das richtig ist hier. Aber das Land ist mein zu Hause, die stadt bin ich erst seit kurzem gewohnt. Ich hatte das Land vermisst. Seit fast 5 Wochen war ich nicht mehr aus der Stadt rausgekommen, eine lange Zeit für mich. Umso mehr konnte ich es jetzt genießen, bevor es heute Nachmittag wieder zurück ins die stickige Großstadt ging.

Nie gut genug Where stories live. Discover now