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Es ist jetzt also beschlossene Sache, ich werde morgen entlassen. ( ja ich habe beschlossen die Zeitform zu ändern.) Es ist das was ich die ganze Zeit wollte und gleichzeitig halte ich den Gedanken einfach nicht aus. Ich bin unsicher und habe Angst. Der große volle Mond am Himmel schenkt mir etwas Sicherheit. Selbst wenn ich es nicht zu Hause schaffte, es würde einen Wiederaufnahme Vertrag geben, der besagt, dass wenn ich unter 50,5kg rutsche, ich den nächsten freien Platz auf Station bekomme. Es kann also nichts schief gehen. Es sei denn ich bringe mich um. Meine mum schiebt unfassbar viel Stress. Alle reden auf mich ein ich solle länger bleiben. Alle reden mir ein es sei zu früh. Ich könnte es vielleicht nicht schaffen. Ja verdammt, vielleicht haben sie recht. Aber was wenn nicht?? Ich wollte es doch zumindest probieren! Ich wollte flüchten, musste hier raus! Ich hasste diesen Ort! Ich weiß selbst das es mir nicht gut geht. Ich habe unfassbar viel erreicht hier und geschafft und Fortschritte gemacht, aber eben nicht genug. Ich bin noch längst nicht am Ende. Aber ich will gehen. Ich halte das nicht aus hier. Ich fühle mich wie ein Tiger in einem zu kleinen Käfig. Ich hasse Häuser, ich bin am liebsten ganz viel draußen mit frischer Luft und Bewegung. Und nein, das sagt nicht meine Essstörung, sondern mein Wesen. Eben so wie ich bin. Ich ziehe die Kopfhörer auf und sinke zu Boden. Ich lasse das Gespräch mit meiner Therapeutin nochmal in meinem Kopf vorbei ziehen. Ja, mein Wesen... wer war ich schon? Ich wusste halb wer ich war und ich wusste das niemand wissen durfte wer ich war. Ich musste jetzt damit anfangen, bevor ich entlassen werde, meine Mauern noch stärker als sonst hochzuziehen und niemanden mehr durch zu lassen. Keinen an mich ran zu lassen, alle weg zu stoßen. Niemand durfte hinter meine Mauern, ich musste alleine sein. Nur so konnte ich vermeiden das Menschen mir zu nahe kommen, denn dann würden sie mich verletzten. „Ich wünsche dir das du deine Mauern mal fallen lässt und Menschen rein lässt, denn du bist ein wunderbares Mädchen" tönt die stimme meiner Therapeutin im Kopf. „ Ich habe es immer wieder gemerkt, du hast deine Mauern mal fallen lassen und Hilfe angenommen aber sobald du dachtest das du keine Hilfe mehr brauchst hast du deine Mauern wieder hochgezogen und keinen mehr rein gelassen." Ich musste aufhören mit Hilfe zu suchen. Zu Hause war ich auf mich alleine gestellt, dort hatte ich auch keine Hilfe. Ich durfte mich gar nicht erst wieder daran gewöhnen Hilfe zu bekommen. Ich musste wieder kalt werden und mich verschließen. Es tat weh, aber von Menschen verletzt zu werden tat noch viel mehr weh. Irgendwie ist alles kalt. Als ich eben draußen war, in dünner Strickjacke und barfuß war es weniger kalt. Der gefrorene Boden unter meinen Füßen stach wie eistachel in meine Haut. Die Grashalme brachen unter meinem Gewicht. Ich spürte meine Füße kaum. Ich kletterte ein letztes Mal auf den großen Baum und lehnte mich zurück. Ich betrachtete die Sterne über mir und genoss die Stille und Kälte. Jetzt hier im warmen war mir noch viel mehr kalt.

(Sorry für den ständigen zeitwechsel bin etwas durch den Wind und in meinem Kopf ist eben genau dieses Chaos...)

Momentan konnte ich mein Gewicht halten, auf das Gramm genau, aber essen wurde immer schwieriger da die Verantwortung voll bei mir lag. Es achtete keiner mehr drauf, ich sollte das alleine schaffen. Ich schaffe das alleine nicht. Ich würde viel zu schnell wieder unter dieses Gewicht rutschen... ich würde neben all dem Sport nicht genug essen können. In der Tagesklinik sind die Wartelisten irre lang. Ich hatte meiner Therapeutin versprochen mich nicht selbstzuverletzen, egal wie hoch der Druck gegen Abend wurde. Es wird schwer werden... ich brauchte jemanden zum reden, aber ich durfte ja meine Mauern nicht mehr runter lassen. Ich musste jetzt stark sein. Ich versteckte mich weiter hinter meiner zu großen Kapuze und dachte weiter nach. Ich hatte so Angst vor morgen... was wenn ich das zu Hause nicht schaffen würde? Wenn wieder alles zu viel werden würde?? Wie sollte ich das mit der Schule schaffen? Ich hab so Angst in diese Schule zurück zu kehren ich wollte am liebsten die Schule wechseln...ich beschloss mich noch etwas mit tik tok abzulenken. Es würde eine lange Nacht werden...

Es war mal wieder Mitternacht. Ich hatte den letzten Abend noch genossen, n ein tatoo gestochen, Fotos ausgemistet, gesnackt und gelacht. Jetzt schlief n aber ich hatte Angst schlafen zu gehen. Ich wollte einfach nicht das diese letzte Nacht rum ging. Ich wollte einfach nicht wahr haben das morgen alles vorbei sein sollte. Ich hatte mich so sehr gegen alles hier gewehrt, wollte unbedingt gehen, aber jetzt, nach fast 4 Monaten viel mir der Abschied doch sehr schwer. Ich war müde und musste einsehen das es keinen Sinn machte mich unnötig lange wach zu halten. Morgen würde anstrengend werden, ich sollte wohl schlafen. Ich betete das zu Hause alles funktionieren würde....

Nie gut genug Where stories live. Discover now