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„Der Tod muss eine schöne Reise sein,
denn bis jetzt kam keiner lebend wieder"

Ich denke, es wird wieder mal Zeit ein paar Gedanken zu teilen.  Ich denke zur Zeit sehr viel nach, über den Tod, über das Leben, die Zukunft und den Menschen. Den Sinn weshalb wir leben, der Grund weshalb wir morgens aufstehen, der Grund weshalb wir es weiterhin tun sollten. Der Grund weshalb man weiter machen sollte. Auch wenn alles aussichtslos erscheint. Der Grund weshalb ich an der Brücke stand und in letzter Sekunde nicht gesprungen bin. Was hält mich hier? Und was ist es was so viele zum gehen bewegt? Der Mensch kann eine Menge an Leid aushalten und ertragen, aber was wenn das fass voll ist? Wenn es zu viel wird? Wenn die kraft zum kämpfen, zum reinen morgens aufstehen, nicht mehr reicht? Was, wenn der Verlust eines geliebten Menschen nicht aushaltbar ist? Was ist es, was die Menschen, entgegen jeder Natur, dazu bewegt dort oben zu stehen, die Augen zu schließen und einen Schritt ins nichts zu machen? Wie viel Leid müssen diese Menschen bereits ausgehalten haben? Aber was passiert dann mit ihnen? In den unterschiedlichsten Religionen und Kulturen hört man so viel über Mneschen die sich umbringen. Das sie den Tod nicht verdient haben. Das sie gesündigt haben in dem sie in Kreise eingegriffen haben in denen sie nichts zu suchen haben. Aber was wenn einfach nichts kommt? Wenn wir sterben und dann wars das? Und wie egoistisch muss dieses höhere etwas sein, dass es sagt diese Menschen hätten den Tod in all seiner Schönheit und Erlösung nicht verdient? Wer wagt es, sich das Recht zu nehmen so zu urteilen? Ich glaube, wir alle die noch am Leben sind können nicht im Ansatz begreifen durch welches Leid diese Menschen gegangen sind. Wir wissen nicht, wie lange diese Menschen schon nur noch für andere hier weilen und es aushalten. Und ich habe noch nie von einem Menschen gehört, der sich selbst in eine solche Situation gebracht hat. Diese Welt ist grausam. Diese Menschen sind grausam. Sie wollen von alldem nichts wissen, verschließen vor leid und unrecht die Augen, aber sprechen dann mit einer verständnislosen Stimme: „ Ach das arme Kind, weshalb hat es denn nichts gesagt?" Oh und wie es gesprochen hat! Wie wir alle sprechen! Aber keiner hört wirklich zu, hört wirklich hin. Magersucht? Quatsch. Dieses ganze dumme abnehmen ist nur ein Trend. Depression? Pff, das ist nur eine Phase. Es geht uns doch allen mal schlecht, lächle einfach und mach weiter und außerdem, so schlecht kann es dir ja gar nicht gehen, du hast doch alles was du brauchst. Burnout? Wir haben doch alle mal etwas Leistungsdruck jetzt stell dich nicht so an. Mach einfach 5 Minuten Pause und dann geht das schon wieder- wie? Du brauchst schlaf und Pause? Bullshit, das bildest du dir ein. A-typische Essstörung? Ach ja, wenn es nur A-typisch ist, ist es ja nicht so schlimm. Du bist gesund. Angsstörung? Was ein Blödsinn! Wir haben alle mal Angst, reiß dich mal zusammen! Du bist müde vom Leben? Tja, kann man nichts machen, dir fehlt es doch an nichts. Das geht wieder vorbei, hier hast du noch etwas Leistungsdruck damit geht es dir besser vertrau mir :). Sie hat sich umgebracht? Ja wieso hat sie denn nichts gesagt? Ach hätten wir nur gewusst wie schlecht es ihr ging... und die armen Eltern! Wie konnte sie das den Eltern nur antun...
Warum sie nichts gesagt hat? Weil sie gelernt hat still zu sein, weil niemand sie ernst nimmt. Weil ein „ Hilfe, es geht mir nicht gut" ein „ ich habe Angst, sei doch bei mir und verlass mich nicht" und ein „ ich fühle mich fett und unwohl ich werde nicht mehr essen" nur belächelt wurden und nicht ernst genommen wurden. Und wenn es dann mal zum Vorschein kam, in Form von Panikattacken oder Nervenzusammenbrüchen, wurde sie nur komisch angeschaut, als kaputt abgestempelt und sich abgewandt. Niemand war mehr da, niemand verstand sie noch. Und der Druck wurde immer mehr. Also beschloss sie zu gehen und jetzt soll es ihre Schuld gewesen sein? Jetzt ist sie egoistisch und hat den Tod nicht verdient? Hättest du ihr zugehört, wärst du für sie da gewesen, wäre sie diesen Schritt nicht gegangen. Aber du bist mit erhobenem Kopf an ihr vorbei gegangen als sie weinend dort im Park saß. Du hast schnell weggeschaut als sie dort oben stand und das erste mal überlegte. Du hast nur den Kopf geschüttelt und bist gegangen, als sie betrunken und unter Drogen dort saß um kurz alles zu vergessen. Du hast sie nur belächelt als sie meinte , sie würde nicht mehr essen, denn auf so einen Kinderkram hattest du keine Lust. Und jetzt ist sie Tod. Und du versuchst wirklich ihr die Schuld dafür zu geben. Immer noch den Fehler bei ihr zu suchen. Ihr immer noch etwas vorzuwerfen, wie sie das ihren Eltern antun konnte. Dabei weißt du nicht, dass ihre Eltern sie einsperrten. Das ihre Eltern sie beleidigten so oft es ging. Ihre Eltern ihr das essen verboten wenn sie etwas tat was sie nicht sollte. Dass ihre Eltern sie schlugen. Das ihre Eltern ihr so viel Leid angetan hatten. Bereits mit 9 Jahren saß sie alleine an ihre abgesperrten Zimmertür, flehte, wie all die Jahre davor darum dass man mit ihr sprach oder sie raus ließ, und griff zum ersten mal zur Klinge. Und Jahre später schaust du abfällig auf ihre vernarbten Arme. Und jetzt sag mir nochmal ins Gesicht das sterben egoistisch ist. Sag mir nochmal ins Gesicht, meine armen Eltern. Nenn mich noch einmal Junkie. Lache noch einmal darüber, dass eine meiner größten Ängste, die Angst vor Lebensmitteln ist. Schüttel noch einmal den Kopf wenn ich mich wieder mal besaufe und zu Drogen greife.

Nie gut genug Where stories live. Discover now