Kapitel 16

603 27 0
                                    

Am Abend hatte es minimal abgekühlt, dennoch war es unerträglich heiß. Der Rest unserer Gruppe hatte sich auf ihr Zimmer verabschiedet, nachdem wir aus der Stadt zurückkamen. Sie alle sehnten sich nach einer Dusche und der Klimaanlage.

Ich hingegen schlich mich unbemerkt aus dem Hotel. Das was ich heute erfahren hatte würde mir nicht nur eine schlaflose Nacht bereiten. Ich wollte wenigstens in Ruhe darüber nachdenken können, was ich unternehmen wollte und zwar ohne von den Hotelwänden eingesperrt zu sein.

Direkt vor unserem Hotel lag der Marine Drive, ich musste also nur die Straße überqueren und stand direkt auf dem bogenförmigen Boulevard. Ich lief bis zur Mauer vor und atmete die salzige Meerluft ein.

Mit geschlossenen Augen ließ ich den Tag Revue passieren. Ich wusste nicht was ich schlimmer fand, dass meine Stoffe tatsächlich von Kindern hergestellt wurde oder dass ich nichts davon wusste.

Pete, diese hinterhältige Ratte würde ich umgehend feuern, sobald ich wieder in England war.

Es konnte nicht sein, dass er nichts von Jaspals Machenschaften wusste. Die beiden steckten unter der selben dreckigen Decke. Pete musste es auch gewesen sein, der diese Geschichte an die Presse verkauft hatte. Meinen anderen Mitarbeiter hatten alle keinen Einblick in die Stofflieferungen. Sie hätten also von der Kinderarbeit auch nichts wissen können. Außerdem vertraute ich ihnen blind. Wir waren eine Familie und würden uns niemals so hinterhältig ans Messer liefern.

„Schon wieder ohne Bodyguard unterwegs?"

Erschrocken fuhr ich herum.

„Meine Güte Ash. Du hast mich fast zu Tode erschreckt."

„War keine Absicht. Was machst du alleine hier draußen?"

„Das selbe könnte ich dich fragen."

Asher stellte sich neben mich und stütze sich mit den Unterarmen auf dem Geländer ab.

„Ich habe gesehen wie du dich aus dem Hotel geschlichen hast. Da bekam ich Angst, dass du von einer Rikscha überfahren wirst und bin dir gefolgt."

„Rikschas sind Indiens Todesmaschinen. Man muss höllisch aufpassen", grinste ich.

„Richtig, daher versuche ich mich als Bodyguard."

Ich lehnte meinen Kopf an Ashers Schulter, der einen Arm um mich legte. Gemeinsam sahen wir auf das Meer hinaus.

„Ravi hatte Recht. Bei Nacht mit den ganzen Lichtern ist das hier tatsächlich ziemlich romantisch."

Ich kicherte an Ashers Schulter. „Du bist wirklich ein hoffnungsloser Romantiker."

Er drückte mir daraufhin schweigend einen Kuss auf den Haaransatz.

„Du warst wirklich beeindruckend heute", sagt Asher. „Nicht nur wie du Jaspal gezeigt hast wer hier das Sagen hat, sondern auch mit den Kindern. Es war schön dich in Mitten dieser Kinder zu sehen, wie sie dich umarmen."

„Ich dachte eigentlich immer ich kann nicht so gut mit Kindern. Aber besonders Naresh und Nilay haben es mir angetan", seufzte ich. „Zu hören was sie alles durchgemacht haben ist einfach nur schrecklich. Und ich fühle mich so hilflos, weil ich nicht weiß was ich machen soll. Am liebsten würde ich sie alle in ein Flugzeug packen und mit zu mir nach Hause nehmen. Damit sie in Sicherheit sind, in die Schule gehen und wie ganz normale Kinder aufwachsen können."

Gedankenverloren spielte ich an meinen Armreifen, von denen ich Nilay welche geschenkt hatte.

„Die Kinderarbeit hier nimmt ein weit größeres Ausmaß an, als irgendjemand händeln kann. Laut UNICEF sind allein hier in Indien zehn Millionen Kinder, die ausgebeutet werden. Und solange die Regierung nicht effektiv etwas dagegen tut, können wir auch nichts tun, um diese Missstände zu verhindern."

Royal AffairWhere stories live. Discover now