Intermezzo: Nicht wahr?

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"...Ace? Ist alles in Ordnung?" Er wollte nicht aufsehen. Es war Abend, Ace hockte auf seinem Bett der Jugendherberge, und er wollte nicht aufsehen. Seine Kehle brannte, und auch hinter seinen geschlossenen Lidern brannten Bilder über die Netzhäute.

Bitte. Wenn ich mich traue, reinzufassen, dann wirst du dich ja wohl trauen, es aufzulecken. Jetzt hab dich mal nicht so, Fuckface. Vielleicht bin ich zu dumm, das zu verstehen, Fuckface - ich meine, ich würd mich ja nie auf ein... wie war das... geistiges Duell? - einlassen - aber ich dachte, du würgst gerne Zeug hoch. Ich will dir doch nur nen Grund dafür geben. Weil ich ein hilfreicher, hilfreicher, hilf- Eh, nicht abhauen! - hilfreicher Mitschüler bin.

"...Ace? Hallo?" Sanftes Ruckeln an seiner Schulter. Er blinzelte genug, um Branwyn zu erkennen. Die dunklen Locken wippten auf ihrem Rücken, und einzelne gelöste Strähnen sprangen auf ihrer Stirn umher.

"Eugene is nich' im Zimmer", murmelte er und vermied es nach Möglichkeit zu schlucken.

"Ich frage aber nicht nach Eugene. Ace, ist mit dir alles-"

"Ja!" Sein Kopf ruckte herum, und er fauchte Branwyn an, mit all der Aggressivität, die Ace zuvor zurückgehalten hatte. "Ja, es geht mir super! Hau ab!" Sie schreckte zurück. Ihr Gesicht war verzogen, und Ace wurde erst verspätet klar, dass das an dem Geruch liegen musste. Er sollte verdammt nochmal endlich seinen Mund ausspülen. Und die Zähne putzen. Selbstmitleid tat doch niemandem gut.

"Ist ja gut!", meinte das Mädchen harsch. "Dann eben nicht!" Während sie noch auf dem Absatz kehrtmachte, quälte Ace sich auf die Beine und wankte ins Badezimmer, wo er vor einer Viertelstunde noch von vier Armpaaren festgehalten worden war. Er wollte nicht dran denken. Vor allem wollte er nicht zur Dusche herüberschauen. Der Geruch seines Erbrochenen hing immer noch in der Luft - oder bildete er sich das nur ein? Und die Haare konnte er auf der Zunge spüren, obwohl die hoffentlich endlich alle ausgespien waren.

"Die Ferien kommen", wisperte er seinem fahlen Spiegelbild entgegen. "Du bist sie sechs Wochen los. Und dann nur noch ein Jahr. Ein Jahr hältst du durch, oder?" Die einzige Antwort war das Rumoren seines Magens, der sich durch den Raum vermutlich zurückerinnert fühlte. Ace stürzte zur Toilette und verharrte mit offenem Mund darüber, während er in seinen Augen erschöpfte Tränen aufquellen spürte.

FrostbyteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt