Ace, ein strenger Verfechter von Körperhygiene

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"Du bist unglaublich. Magisch. Bewundernswert."

"Es ist nur ein bisschen Lich-!"

"Ein Geschenk Gottes! Die Antwort auf meine Träume!" Branwyn wollte Katherine überschwänglich um den Hals fallen, während Ace sie beide schmunzelnd beobachtete. Mithilfe von schwarzer Magie, vermutlich, hatte die Blondine es geschafft und das Licht im Bunker zum Laufen gebracht. Die Atmosphäre, die durch die fleckigen Lampen hervorgerufen wurde, lud immer noch nicht zum Wohlfühlen ein, aber es war allemal besser, als sich andauernd auf Taschenlampen angewiesen zu fühlen. Ace, der seinen Handyakku bereits beim Sinken beobachtete, hätte fragen sollen, wo man das eigentlich auflud. Er wollte nicht. Er hatte Angst vor der Antwort, und die Tatsache, dass keines der Mädchen ein Handy bei sich trug, machte es nicht besser.

"Haben wir Wasser?", erkundigte Branwyn sich inzwischen.

"Ja, aber kein warmes. Warte, ich hab versucht, uns einen Plan von dem Ding zu zeichnen..." MIt diesen Worten kramte sie einen schmuddeligen Zettel aus der Brusttasche ihrer Jacke und breitete ihn aus. Ace konnte eine Beschriftung mit 'Generator' erkennen, in dem Raum, in dem er auf seinem Stuhl aufgewacht war, mehrere durchkreuzte Räume namens 'Toiletten', eine umkreiste Lagerhalle, die liebevoll mit 'unsere Abstellkammer' und einem Herzchen bezeichnet wurde, und mehrere kleine Räume mit Häkchen. Bevor er fragen konnte, wanderte Katherines Finger über sie hinweg. "Für die da habe ich Schlüsselkarten gefunden. Alles Zweibettquartiere, also hätte ich vorgeschlagen, wir bringen Ace bei unserem Kopfgeld unter - keine Panik, wir binden den so fest, dass er dir nichts tun kann. Vielleicht können wir das hier sogar als unser richtiges Lager einrichten und gucken, ob sich weitere Interessenten ohne Wohnung finden-..."

Sie begannen zu fachsimpeln, und Ace schaltete ab. Vielleicht nicht einmal freiwillig. Sein Kopf behauptete zwar steif und fest, dass ein 'Was wäre wenn'-Gespräch über weitere Bunkerbewohner langweilig wäre, aber Ace vermutete etwas anderes. Er hatte das Gefühl, sein Gehirn wollte ihn schützen. Er hatte das Gefühl, 'langweilig' wäre ein Tarnumhang für 'beängstigend'.

Dennoch änderte das nichts daran, dass ihm fast die Augen zufallen wollten. Er stand auf, um ein paar Runden durch 'unsere Abstellkammer <3' zu drehen und Inventur zu betreiben. Angefangen damit, welche Gegenstände nicht aussahen wie aus dem Müll gezogen.

Er hatte es bis zur dritten Kiste geschafft, als hinter ihm ein Ruf ertönte. "Ace! Geh mal zur Box dahinten und hol ne Büchse raus, ich will gleich Abendessen machen!" Fast wie auf Kommando schnellte das Gerümpel vor ihm in die Höhe.

Erst, als Ace zurückgezuckt war, wurde ihm klar, dass das so liebevoll von ihm als Gerümpel bezeichnete Subjekt Katherines 'Kopfgeld' war. Die Arme verschwanden noch auf dem Rücken und waren in die fleckigste, zerrisstenste Jacke gehüllt, die er bis jetzt gesehen hatte. Das Shirt darunter wirkte, als hätte sein Besitzer zwischendurch in einer Kläranlage übernachtet und nicht alles rausgewaschen gekriegt, und die Hose war aufgewetzt und gleichzeitig so beschaffen, dass sie Ace an körperliche Arbeit erinnerte. Und als würde das alles nicht reichen, um einen sehr sympathischen Eindruck zu machen, war das Gesicht unter langem, strähnigen Haar verdeckt, dass bis auf die Schultern reichte und mit einem ungepflegten Bart der Sorte 'Ich lass das einfach mal wachsen' um Aufmerksamkeit kämpfte. Viel mehr war nicht zu erkennen. Die Haut, die nicht von Haar bedeckt war, wurde durch ein Tuch verhangen, dass jemand dem Landstreicher um die Augen gewickelt hatte. Aces erster Impuls war zu fragen 'Und dafür zahlt jemand Kopfgeld?!'. Sein zweiter war vorsichtiges Räuspern.

"Ja ... euer dritter Mann ist übrigens wach." Oder zumindest ließ er sich von lauten Rufen zum Schlafwandeln verleiten. Ace schlich fast nervös um ihn herum, aber jetzt, wo der Landstreicher aufrecht saß, machte er keine Anstalten mehr, sich weiterzubewegen oder sich zombieartig auf das nächstbeste Opfer zu stürzen. Dennoch atmete Ace auf, als er endlich bei der Konservenkiste angelangt war und ein würdiges Abendmahl für sie heraussuchte.

FrostbyteWhere stories live. Discover now