In den schützenden Händen der Katzenlady

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Wenn Ace aufwachte, dann umgab ihn der Geruch nach Tier - ein angenehmer, beinahe heimeliger Gestank, der ihm sagte, dass er hier sicher war. Die Luft war warm, die ersten Arbeiterinnen schnatterten schon - manche von ihnen standen weit vor Sonnenaufgang auf, was er persönlich für eine Menschenrechtsverletzung halten würde, würde es nicht freiwillig geschehen - und mit dem Öffnen der Augen konnte er das zerfetzte Dach über sich sehen, die Plane, die man zum Regenschutz daran befestigt hatte, und in den Lücken die Farben einer aufgehenden Sonne. Es hatte etwas unsagbar Friedliches an sich.

Es war fast eine Woche her, dass er durchgängig zu Bewusstsein gekommen war. Manchmal musste Ace sich aus dem Schlaf reißen, weil seine Träume ihn wieder ins Eis entführten.

Und manchmal - ohne dass er ganz wusste, wieso und was er davon halten sollte - war es der Junge mit Hörnern, oder Dämon aus Schatten, oder was-auch-immer, der ihn im Traum heimsuchte. Auch das waren keine guten Träume. Selbst wenn sie ereignislos verliefen, wachte Ace mit verengter Kehle und Leere in seinem Kopf auf, fast so, als hätte er etwas verloren.

Die Arbeit half ihm, sich auf die Gegenwart zu konzentrieren. Man konnte sein Schicksal nicht bejammern oder einer verlorenen Hand nachweinen, wenn man zu tun hatte, und stumpfsinnige, körperliche Beschäftigung schien seinem Kopf tatsächlich eine eigene Art von Entspannung zu verschaffen. Außerdem waren die alten Frauen freundlich zu ihm und akzeptierten Ace weitaus schneller, als er es von Gleichaltrigen kannte.


Den rechten Arm hatte er sich mittlerweile an den Körper gebunden, um der Versuchung zu widerstehen, immer und überall zuerst mit Rechts zugreifen zu wollen. Ace hatte nichts davon, an seine Verletzung erinnert zu werden. Nichts außer ein Gefühl von Grauen, dass versuchte, sich aus der Ferne in seinen Geist zu nagen, bevor er es wieder fortprügelte. Die Verletzung - denn es war nur das, nicht mehr - war nicht ewig. Konnte sie nicht sein. Wo Eisstatuen mit Magie Körperteile nahmen, würde es doch andere Orte geben, an denen man sie zurückbekam, ganz sicher.

Nachdem er das Futter in den improvisierten Pferchen verteilt und die Eier eingesammelt hatte, hatte er sich zu Sammy gesetzt und ihr mit der Wäsche geholfen. Ein riesiger Berg von Klamotten - mehr, als die wenigen Frauen hier im Dachgeschoss in drei Wochen ansammeln würden - wartete auf sie. In diesem Teil des Daches hatte man mehrere Zuber aus Holz und Metall platziert, die abgedeckt wurden und in denen die Wäsche mit einer Handkurbel gewalkt wurde. Anstrengende Arbeit, und damit genau das Richtige, um sich in den Pausen zwischendurch auszutauschen.

"Also - sind nur die alten Leute hier oben? Und die, die sie nicht woanders einsetzen wollen?", hatte Ace sich erkundigt, nachdem Sammy klargestellt hatte, dass ihre Zuflucht noch weitaus mehr Personen beherbergte, ernähren und versorgen musste.

"Ja. Die, die sie nicht mehr auf Jagden und Raids mitnehmen wollen. Wenn der Körper nicht mehr so belastbar ist, oder die Reaktionen nicht schnell genug..." Sammy seufzte tief. "Wenn sie uns da draußen mitschleppen würden, gefährdet das die ganze Gruppe. Sicher, man macht sich auch Sorgen, die jungen Mädels ziehen zu lassen - aber was sollen wir denn tun? Von irgendwas muss man ja leben, und so ein ängstliches Ding wie ich hätte uns hier verbarrikadiert, bis wir alle verhungert wären. Es ist ganz gut, dass die Katzenlady das Kommando an sich gerissen hat." Die 'Katzenlady' war bereits mehrmals erwähnt worden, und in der Regel schien man wohlmeinend von ihr zu sprechen - selbst wenn Elli gelegentlich über ihre strengen Vorgaben und Erwartungen schimpfte.

"Aber ihr wart nicht immer hier, oder?", schnaufte Ace, der noch mit seiner eigenen Kurbel kämpfte. "Elli sagte, ursprünglich kamen alle in die Zuflucht aus Rustbelt? ... Und das hier eigentlich nur Frauen leben."

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⏰ Last updated: Nov 26, 2023 ⏰

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