Ace stolpert über vertraute Gesichter

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„Hey! Hey!" Ace stieß sich um ein Haar den Kopf, als er sich aus seiner Zuflucht freikämpfte, schnappte sich die Audiologs vom Tisch und schaltete seine Taschenlampe ein, um damit wild in der Luft wedeln zu können.

„Hier hinten ist noch jemand! Hey!" Sein Kopf ratterte und versuchte, die Stimme einer Klassenkameradin zuzuordnen, aber auf Anhieb konnte er nur sagen, wem sie nicht gehörte. Die Ober-Zicken fielen schonmal aus, selbst die, die er eigentlich insgeheim nicht so schlimm fand. Eilige Schritte bestätigten ihm, dass er gehört wurde, und Ace drehte sich, um zu gucken, wo auf Stegen oder dem unteren Bereich jemand durch die Tore stolperte. Schließlich erkannte er eine dunkle Gestalt, die sich durch den Eingang schob, und hob die Stimme erneut. „Hier oben! Fuck, ich dachte schon, ich muss die ganze Nacht hier festsitzen-..." Er hatte mit seinem Handy das eigene Gesicht ausgeleuchtet und gewinkt, aber nun erstarrten seine Bewegungen, genauso wie seine Stimme. Die Person, die da unten durch das Tor getragen war, schien ein bisschen zu breit für ein Mädchen. Und außerdem trug sie eine Schusswaffe.

Ace zog sein Handy zurück und nahm einen großen Schritt Abstand von der Brüstung, aber vermutlich hatte man ihn schon längst gesehen. Ein Lichtstrahl von unten richtete sich suchend auf ihn.

Aber das war nur Show, nur Show, nur Show-

Mit vorsichtigen Schritten hatte er sich zu einem der Ausgänge langschleichen wollen, als sein Fuß im Rückwärtsgang etwas umriss, dass mit leisem Poltern über den Metallboden rollte. Der Lichtstrahl fand ihn innerhalb von Sekunden.

„Du da! Stehenbleiben und Hände hoch!" Das hier war nur Show. Und deswegen erwartete Ace nicht, dass irgendwas passierte, als er losstürmte und durch die Tür verschwand. Weit hinter ihm konnte er einen lauten Knall hören, und das Platzen von Stein, und aufs Neue begann sein Herz zu hämmern.

Wenn das hier eine Attraktion war, dann kein Wunder, dass man sie geschlossen hatte.

Er war bis in einen Gang gekommen, der an einer großen, von innen verschlossenen Schotttür endete und mit etlichen Eingängen versehen war, die die Wege zu irgendwelchen Mitarbeiterquartieren wiesen. Und jede. Verdammte. Tür. War verschlossen. Ace hatte sich gegen einen der Türrahmen gekauert, sein Handy ausgeschaltet und versuchte nicht laut zu atmen, während er mit hämmerndem Herzen lauschte. Der Staubsauger stand ihm gegenüber und verhöhnte ihn mit seiner Unfähigkeit, irgendwen mit irgendwas zu beschießen. Sein Mund schmeckte noch nach Blut, wie jedes Mal im Sportunterricht, wenn er gezwungen war, ohne lange Einwärmung zu sprinten.

„-da lang."

„Aber du glaubst, es war menschlich?"

„Es hat uns gerufen. Ich gehe stark davon aus, dass es menschlich war." Und noch immer hätte er schwören können, er kannte die Stimme. Andererseits konnte Ace nicht behaupten, viele Mädchen zu kennen, die Schusswaffen mit sich trugen – und sie auf harmlose, winkende Jungen richteten.

„Es gibt auch Viecher, die menschliche Stimmen nachahmen können..."

„Aber so gut? Mit vollständigen Sätzen?" Der Lichtkegel einer Taschenlampe schob sich am Gang neben ihm langsam nach vorne. Ace zog die Beine noch einmal ein wenig mehr an und folgte ihm mit flackerndem Blick.

„Wenn wir davon ausgehen, dass sein letztes Opfer ihn so begrüßt hat?... Dort!" Der zweite Lichtstrahl hatte die Spitzen seiner Turnschuhe gestreift, und Ace wollte nicht länger warten. Stattdessen sprang er aus seiner Ecke heraus und begann wieder zu laufen. Diesmal wollte er den Überraschungsmoment nutzen, an ihnen vorbeistürmen und in die entgegengesetzte Richtung flüchten, aber die zweite Gestalt schien seinen Plan zu erkennen. Sie stürzte sich auf ihn, und Ace schrammte über den Boden, ehe er schweratmend versuchte, sich gegen das Gewicht auf seinem Rücken zu stemmen. Einen Moment darauf drückte selbiges Gewicht einen kalten, metallenen Gegenstand in seinen Nacken.

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