Kapitel 5

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AMALIA

Als wir bei Casita ankamen, winkte ich dem Haus. Sie winkte mit ihren Fensterläden zurück, worauf ich lachte. Wir mochten einander, schon vom ersten Moment an war das so gewesen. Ich war anscheinend mehr mit der Familie Madrigal und ihrer Magie verbunden, als es mir damals selbst bewusst gewesen war.
"Hola, Casita. Ich bringe dir bloß deinen kleinen Schützling zurück", sagte ich und ließ Brunos Arm los. "Pass mir heute Nacht gut auf ihn auf. Wir hatten vorhin einige Drinks." Das Haus klapperte wie zur Bestätigung mit den Ziegeln. "Sehr gut, danke." Ich sah Bruno an. "Sehen wir uns morgen und üben mit den Ratten weiter?" Er nickte.
"Na klar, was denkst du denn? Aber bitte, schmeiß mich nicht wieder in aller Herrgottsfrühe aus dem Bett! Ich will ausschlafen!", bat er, worauf ich grinsend die Arme vor der Brust verschränkte.
"Ich soll dich bis zwölf Uhr mittags schlafen lassen? Vergiss es, da ist der Tag doch schon längst vorbei! Ich gebe dir bis um neun Zeit, maximal zehn, ja? Aber dann bin ich da und schmeiße dich notfalls aus dem Bett!", wandte ich ein, er seufzte.
"Na gut, meinetwegen. Dann bis morgen, schlaf gut", sagte er.
"Du auch." Ich wartete noch, bis er reingegangen war und Casita die Tür hinter ihm geschlossen hatte, bevor ich den Heimweg antrat. Das Fest war noch in vollem Gange, nur die Kerzen waren in den meisten Häusern schon erloschen. Auch in unserem Haus brannte keine Kerze mehr, sie musste wohl ausgegangen sein. Als ich leise die Tür öffnete, war alles dunkel und es waren keine Geräusche zu hören. Meine Eltern waren wohl noch auf dem Fest. Ich ging die Treppe hinauf in mein kleines Zimmer, das nicht mehr als ein Bett und einen Schrank beherbergte. Mehr brauchte ich auch nicht, um ehrlich zu sein. Mein Balkon ging in Richtung des Marktplatzes hinaus und als ich raussah, konnte ich noch viele Leute tanzen sehen. Das Fest war also wirklich ein voller Erfolg geworden. Das war schön. Ich zog die Vorhänge zu und zog mich dann um, um ins Bett zu gehen. Morgen musste ich schließlich wieder früh raus!

Am nächsten Morgen war ich gegen sieben Uhr wach. Die Sonne kitzelte mich mit ihren warmen Strahlen, sodass ich nicht anders konnte als aufzustehen. Ich hatte noch gute zwei Stunden, bis ich Bruno wecken würde, also konnte ich die Zeit ja nutzen und vielleicht noch etwas backen. Ich machte das für mein Leben gern und hätte gerne eine eigene Bäckerei eröffnet, aber Papá war strikt dagegen. Er erlaubte es mir nicht, weil Mädchen keine guten Geschäftsleute waren und sowieso zuhause bleiben und kochen und putzen sollten. Er war recht traditionell und würde es nicht einmal akzeptieren, wenn ich auch nur so in einer Bäckerei arbeiten würde. Aber vom Backen zuhause konnte er mich nicht abhalten! Also schlüpfte ich schnell in mein grünes Kleid, band mir meine kleine Schürze um und hüpfte dann energiegeladen die Treppe hinunter. Alle Lichter waren noch aus, also schliefen meine Eltern wohl noch. Mir machte das allerdings nichts aus, dann hatte ich wenigstens meine Ruhe. Ich zündete eine Kerze an und machte mich dann am Herd zu schaffen. Einige Kekse würden sich jetzt anbieten, die konnte ich später auch wieder mit zu Bruno nehmen. Die Ratten, er und ich würden sie uns im Laufe des Tages schon noch verdienen. Erst recht mit unserer Arbeit an dem Theaterstück. Also bereitete ich den Teig zu und sobald das erledigt war, stellte ich die Kekse in den Ofen. Perfekt, sie würden bald fertig sein und dann konnte ich mich anziehen und losgehen. Ich wischte mir das Mehl von der Schürze und hängte sie an den Haken neben der Anrichte, bevor ich mich daran machte, das Frühstück zu richten. Gerade als ich das Brot aus dem Schrank holte, hörte ich Schritte auf der Treppe und drehte mich um. Papá kam herunter und sah mich an.
"Amalia, was machst du denn schon so früh hier unten?", fragte er gereizt und setzte sich an den Tisch.
"Kekse und Frühstück, weil ich nicht wusste, was ich sonst tun soll", antwortete ich ihm. "Die werden super, du wirst sehen! Ich könnte damit Geld verdienen!" Mein Vater sah mich genervt an und verdrehte dann die Augen.
"Amalia, das hatten wir doch schon! Frauen können weder arbeiten noch ein Geschäft leiten! Also schlag dir deine Hirngespinste endlich aus dem Kopf!", wandte er gereizt ein, ich seufzte niedergeschlagen und nickte.
"Natürlich, ich weiß, tut mir leid", beeilte ich mich zu sagen. "Willst du etwas frühstücken? Ich hab gerade das Brot aus dem Schrank geholt."
"Ja, ein Brot und ein Kaffee wären nicht schlecht", antwortete er, also brachte ich ihm sein Frühstück. "Was hast du denn heute noch so vor?" Jetzt musste eine Ausrede her.
"Ach, ein bisschen zu Linda gehen", wich ich aus. Meine Freundin hatte mir erlaubt, sie jederzeit als Ausrede vorzuschieben, wenn ich etwas mit Bruno machen wollte, weil sie natürlich auch nicht wollte, dass meine Eltern sauer auf mich wurden und ich Hausarrest bekam.
"Das klingt doch gut", meinte er desinteressiert, bevor er mich ernst ansah. "Aber sag mal, warst du gestern auf dem Fest? Einige Leute haben gesagt, dass du mit diesem nichtsnutzigen Madrigal-Jungen dort warst und ihr getanzt habt. Hatte ich dir nicht verboten, dich mit ihm abzugeben?!" Ich sah ihn an und obwohl ich aufgrund seiner Wut ziemlich Angst hatte, versuchte ich mir das nicht anmerken zu lassen.
"Papá, du kannst mir glauben, ich war nicht mit Bruno da. Aber nenn ihn nicht so, du weißt genau, dass er nicht nichtsnutzig ist! Er kann ja nichts für die Gabe, die er bekommen hat!", wandte ich ein. "Und wirklich, ich war nicht mit ihm auf dem Fest. Ich hab ihn nicht mal gesehen, keine Ahnung, ob er überhaupt da war. Linda und ich waren da, sind aber recht schnell wieder gegangen." Er wirkte nicht ganz zufrieden.
"Ach ja? Wieso haben dich dann einige mit diesem Bengel gesehen?", hakte er gereizt nach.
"Das weiß ich nicht! Ich war nicht mit ihm dort, aber vielleicht standen wir mal zufällig nebeneinander! Wie gesagt, Papá, ich weiß wirklich nicht, was die anderen da behaupten!", erwiderte ich und begann damit, mir selbst einen Kaffee zu machen. Mein Vater holte tief Luft, seufzte und nickte dann.
"Na gut, Amalia, ich glaube dir. Aber wenn ich rausfinde, dass du gelogen hast, dann ist die Hölle los, das kann ich dir sagen!", meinte er schließlich unzufrieden und wandte sich endlich seinem Frühstück zu. Ich nickte.
"Ich weiß, ist schon gut", beeilte ich mich zu sagen. Wenn er rausfand, dass ich ihn anlog, würde er mich umbringen! Aber ich wollte weder Bruno noch mich in Schwierigkeiten bringen, also hatte ich keine andere Wahl. Es war ja bloß zu unserer Sicherheit. Da kam Mamá die Treppe nach unten.
"Guten Morgen, amor. Machst du schon Frühstück?", fragte sie und lächelte mich an, bevor sie Papá einen Kuss auf die Wange gab.
"Ja, ich war wach und dachte mir, dass ich genauso gut Kekse backen und Frühstück machen kann. Ich gehe später noch zu Linda, deswegen muss ich auch bald los", antwortete ich ihr und warf einen kurzen Blick in den Ofen. Die Kekse würden noch einen Moment brauchen. "Könntet ihr kurz nach den Keksen sehen? Ich muss mich noch schnell umziehen und mir die Haare machen."
"Natürlich, mi hija, das mache ich schon. Geh du ruhig hoch", stimmte Mamá zu, also ging ich nach oben. Jetzt musste ich bloß noch hoffen, dass meine Eltern nicht zu Linda gehen würden, um nach mir zu suchen. Denn dann waren Bruno und ich definitiv geliefert. Linda würde uns zwar nicht verraten, aber mein Vater war manchmal sehr bestimmend und wenn er mich nicht bei Linda finden würde, würde er sofort wissen, was los war. Also musste ich jetzt einfach das Beste hoffen und etwas Glück haben. Hoffentlich hatte Bruno noch etwas Salz zuhause! Wir konnten etwas zusätzliches Glück gut gebrauchen!

Ich brauche dich, BrunoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt