Kapitel 22

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AMALIA

Wenige Monate später war es soweit. Brunos und meine Hochzeit stand an. In den letzten Monaten war eine Menge passiert. Mein Vater war zurück zu seinen Eltern in seine Heimatstadt gezogen und meiner Mutter und mir ging es damit auch sehr gut. Wir waren schon sehr viel glücklicher, seitdem mein Vater gegangen war und Alma ihm gesagt hatte, dass er nicht mehr wiederkommen sollte. Also war er wortlos gegangen und ich war mir dieses Mal wirklich sicher, dass es endgültig so bleiben würde. Ich machte mich gerade in meinem Zimmer fertig, als es an die Tür klopfte. Linda, Pepa und Julieta kamen rein und lächelten mich an.
"Na, Señora Madrigal? Bist du bereit?", fragte Julieta grinsend nach, ich musste lachen und mein Herz schlug dabei höher. Nach heute würde mein Nachname Madrigal sein, das konnte ich immer noch nicht glauben! Ich strich mir eine Strähne meiner offenen Locken zurück und lächelte meine drei Freundinnen an.
"Ja, ich denke schon. Ich brauche bloß noch ein bisschen Hilfe mit dem Schleier, den kriege ich nicht so richtig aufgezogen", anwortete ich aufgeregt und sah an mir hinunter. Mamá hatte mir extra ein Hochzeitskleid genäht, das wunderschöne goldene Ornamente in Form von kleinen Sanduhren aufgestickt hatte. Es war abgesehen von den Ornamenten ganz einfach und es gefiel mir wirklich gut. Am liebsten würde ich es nie wieder ausziehen und diesen Tag jeden Tag wieder erleben.
"Dann komm her, wir helfen dir!", sagte Linda und kam zu mir, um mir mit dem Schleier zu helfen.
"Wir haben übrigens schon die Blumen unten hingelegt und deine Mutter ist auch gleich fertig, dann geht es los! Bist du schon aufgeregt?", erwiderte Pepa, ich nickte.
"Und wie aufgeregt ich bin! Ich kann immer noch kaum glauben, dass das wirklich passiert!", antwortete ich nervös und atmete tief durch. "Ich träume doch nicht, oder?"
"Wenn, dann haben Bruno und du denselben Traum! Der war heute Morgen so nervös, dass er die ganzen Treppen runtergefallen ist!", meinte Julieta und kicherte leise. "So nervös habe ich ihn wirklich noch nie gesehen!"
"Oh ja, er wartet schon in der Kirche! Ich hab ihn vorhin gesehen und es sieht wirklich so aus, als wäre er extrem nervös!", stimmte Linda ihr zu. "Nichts gegen dich, Pepa, aber wir können wirklich froh sein, dass er nicht deine Gabe bekommen hat! Sonst würde es jetzt wahrscheinlich stürmen!" Wir lachten und ich fand es wirklich rührend, dass Bruno so nervös war und sich offensichtlich genauso auf den heutigen Tag freute wie ich. Meine Freundinnen setzten mir die kleine Tiara mit dem Schleier auf und zupften ihn zurecht, bevor sie zufrieden lächelten. "Du siehst wunderschön aus! Bruno fallen die Augen aus dem Kopf, wenn er dich sieht!"
"Hoffentlich nicht, ich glaube nämlich nicht, dass Julieta das heilen könnte", erwiderte ich grinsend, worauf wir wieder lachen mussten.
"Na komm, wir gehen. Dein Bräutigam wartet schon auf dich", meinte Linda und harkte sich bei mir unter. "Los geht's." Sie zog mich die Treppe hinunter in die Küche, wo meine Mutter bereits auf uns wartete. Als sie mich sah, schlug sie sich die Hände vor den Mund und bekam Tränen in den Augen.
"Dios mio! Hija, du bist wunderschön!", sagte sie und kam zu mir, um mich zu umarmen. "Ich kann nicht glauben, dass du heute heiratest!"
"Ich auch nicht, Mamá", gab ich zu und nahm den Strauß Blumen vom Tisch. "Aber ich glaube, dass wir losgehen sollten, oder? Ich will das Dorf nicht ewig warten lassen!" Mamá harkte sich bei mir unter, während Linda, Pepa und Julieta schon einmal vor zur Kirche gingen, um ihre Plätze einzunehmen. Mamá und ich warteten vor den Türen der Kirche, bis die Musik von drinnen erklang und wir eintraten. Alle standen auf und drehten sich zu uns um. Bruno stand am anderen Ende des Ganges und sah mich an und wenn ich gekonnt hätte, hätte ich mich losgerissen und wäre zu ihm gerannt, um ihn zu küssen. Aber ich musste noch warten, bis der Priester es uns erlaubte, sonst würde er gleich ein zweites Mal mit uns durchdrehen und das musste wirklich nicht sein. Ich lächelte nervös und ging mit meiner Mutter den Gang hinab. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, dass wir den Gang hinabliefen, aber endlich kam ich bei Bruno an. Mamá ließ mich los, drückte meinen Arm und setzte sich dann auf eine Bank in der ersten Reihe, direkt neben Alma. Ich lächelte Bruno an, er lächelte auch.
"Du siehst wunderschön aus, mi vida", flüsterte er mir zu, ich lächelte.
"Du auch, mi vida", erwiderte ich leise, bevor der Priester sich räusperte und dann mit seiner Ansprache begann. Ich hatte währenddessen nur Augen für Bruno, ich bekam kaum mit, was der Priester sagte und antwortete nur knapp auf seine Fragen, weil ich es kaum abwarten konnte, bis ich Bruno endlich küssen konnte. Als der Priester uns endlich die Erlaubnis dazu gab, schob Bruno meinen Schleier beiseite und küsste mich, ich erwiderte den Kuss und die ganze Kirche begann zu klatschen. Ich ließ von Bruno ab.
"Ich liebe dich."
"Ich liebe dich auch." Er nahm meine Hand und wir drehten uns um. Unsere Mütter hatten Tränen in den Augen und Pepa regnete leicht, weil sie vor Rührung auch schon am Weinen war. Julieta und Linda grinsten einfach breit, als wir allen voran aus der Kirche gingen, um auf dem Marktplatz feiern zu können. Ich war der glücklichste Mensch der Welt und lehnte meinen Kopf an Brunos Schulter.
"Siehst du, ich hatte recht! Du hast dich beim Deuten deiner Vision geirrt! Wir heiraten tatsächlich", sagte ich zu Bruno, er lachte und sah mich an.
"Das haben wir schon, Lia, das haben wir schon. Und ja, du hattest recht", gab er zu, worauf ich ihn ansah.
"Aber eine Sache fehlt noch", wandte ich ein, worauf er mich verwirrt ansah.
"Wieso? Was fehlt denn?", fragte er perplex nach, ich grinste.
"Schon vergessen, wie deine Vision aussah? Ich muss Casita noch Bescheid sagen!", antwortete ich und löste mich von ihm. "Warte hier kurz und beschäftige die Gäste, ja? Ich bin sofort wieder da!" Er nickte, also ging ich auf Casita zu und lächelte das Haus an, dem ich winkte. "Hola, Casita. Sieht wohl so aus, als würde ich jetzt bei euch wohnen." Das Haus klapperte begeistert mit den Ziegeln und schob mich ein wenig mit dem Fußboden umher, ich lachte. "Ja, ich freue mich auch."
"Lia!" Ich drehte mich um. Bruno stand am Ende des Weges und winkte mir. "Komm runter, die anderen vermissen dich jetzt schon!"
"Ich komme!", erwiderte ich und sah noch einmal Casita an. "Bis später, Casita." Ich ging zurück zu meinem Mann und harkte mich bei ihm unter. "Los, lass uns tanzen gehen. Wir müssen noch richtig feiern, Señor Madrigal."
"Nichts lieber als das, Señora Madrigal." Ich lächelte ihn an und drückte seine Hand. Jetzt würde der schönste Abschnitt meines Lebens beginnen und nichts und niemand konnte mir das zerstören. Ich liebte Bruno und er liebte mich, also wovor sollten wir Angst haben? Jetzt konnte nur noch alles perfekt werden! Und ich konnte mir mein Leben mit niemand anderem als mit Bruno vorstellen! Als wir zu tanzen begannen, lächelte ich ihn an und strich ihm eine dunkle Locke hinter sein Ohr. Das hier war perfekt. Alles war perfekt. WIR waren perfekt. Nie wieder würde ich Bruno gehen lassen, so viel war sicher. Dafür liebte ich ihn viel zu sehr und niemand konnte mir das nehmen! Ich war eine Madrigal, und das nun offiziell. Was konnte man denn mehr wollen?

Ich brauche dich, BrunoDonde viven las historias. Descúbrelo ahora