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..."Ist sie nicht wunderschön? Ich hätte mir es nie so schön vorgestellt.", flüsterte meine Mutter leise zu mir herüber und versuchte den Pfarrer während der Trauung nicht zu stören. "Mhm wirklich schön. Das Kleid schmeichelt ihr sehr. War sicher auch richtig teuer." , flüsterte ich zurück und beugte mich leicht zu meiner Mutter herüber, während ich mir meine Schwester vorne am Altar ansah. Alles war wunderschön geschmückt mit Blumen in zarten Rosa, Weiß und Grün. "Du und Jin seht aber auch unglaublich gut aus in euren Anzügen, so fein und stattlich. Ich habe dich noch nie in einem Anzug gesehen und Nachtblau passt dir perfekt. Zeig mir doch demnächst Bilder eurer Hochzeit. Ich fühle mich furchtbar nicht bei deiner Hochzeit gewesen zu sein. Ich hab so viel falsch gemacht." Sie wischte sich eine Träne weg, während sie es mir zu flüsterte und dabei weiterhin nach vorne zu meiner Schwester in ihrem weißen Kleid sah. Es fiel mir schwer zu erkennen ob sie nun wegen mir oder der Trauung selbst weinte. "Ich weiß." Mehr sagte ich nicht und bekam einen erschrocken Blick von der Seite. "...aber ist schon okay. Ich bin nicht nachtragend." Ich blickte weiterhin nach Vorne, lächelte als ich sah wie glücklich Cindy war und empfand ihren zukünftigen Mann auch als jemand der eine gute Figur her machte. Er war groß und auch sehr gepflegt. Während meine Mutter und ich ganz vorne links am Gang platziert wurden und somit auch einen schönen freien Blick auf den Mittelgang mit seinem weißen Teppich hatten war Jin ganz Rechts der Reihe am äußerem Rand. Neuerdings mussten wir darauf achten Platz für einen Kinderwagen zu haben oder so unauffällig wie möglich zu Verschwinden falls Nola anfing zu weinen ohne großartig zu stören. Leider Gottes war es mittlerweile so, dass sie entweder nur auf Jins Brust schliefen oder mit seiner Hand auf ihrer, wenn sie schon irgendwo liegen musste. So war sie ruhig und so wurde auch die Trauung mit dem traditionellem Kuss besiegelt ohne weitere Störungen oder Zwischenfällen.
Cindy feierte eine sehr große Hochzeit, die Reihen waren bis auf den letzten Platz gefüllt und ihre Gäste sahen unglaublich schick aus. Ein Kleid schöner, als das andere aber die Braut selbst funkelte am meisten. Wort wörtlich, denn Cindys Kleid war über und über mit schimmernden Steinen besetzt. Das Kleid meiner Nichte war ihrem angepasst und in einem süßen Rosa-rot getaucht. Sie feierte eine wahrhafte Traumhochzeit. Einerseits freute ich mich für sie nun endgültig aus unserer Familie und der Vergangenheit ausgebrochen zu sein, anderseits hätte ich mir so etwas schönes auch gewünscht - manchmal bereute ich es damals alles alleine finanzieren zu wollen. Unsere Hochzeit fiel deshlab nur im kleinem Rahmen aus. Wir zwei, mit Felix, Nastya und Jins Vater. Einige von Jins Freunden aus dem Boxclub und meinen Brüdern. Es wurde im kleinem Rahmen gefeiert und jeder schien zufrieden und dennoch war es wahrscheinlich nur ein Drittel von dem was Cindy auffuhr.

Als Braut und Bräutigam den Gang herunter liefen und kleine Blumenkinder Blüten warfen ließ ich meinen Blick nochmal über die Gäste schweifen, während ich dem Läuten der Glocken zuhörte. Nur meine Mutter und ich waren aus der Familie eingeladen. Meine Brüder konnten sich vor einem ihrer großen Kämpfe nicht frei nehmen und so blieben nur wir zwei über. Ein trauriger Schnitt für eine Großfamilie, aber angesichts der Tatsache über wessen Familie wir sprachen war es die beste Entscheidung das nur wir hier waren. Alle Anderen hätten diese nahezu perfekte Zeremonie wahrscheinlich mit ihren unangemessen Benehmen ruiniert und ich fürchtete auch Angriffe gegen mich und Jin. So aber waren alle glücklich und zufrieden, aber besonders meine Mutter schien äußerst glücklich zu sein, wenn ich es nach dem festen Griff an meinem Arm messen würde auf unseren Weg nach draußen.

"Och jetzt zeig schon..", kaum waren Cindy und ihr Angetrauter in einer klassischen Kutsche dabei Fotos zu schießen bevor es zum Feiern ging drängte mich meine Mutter zu Jin hinüber und wollte unbedingt Baby gucken. "Ja doch - komm er ist da vorne." Durch viele unbekannte Person schlängelten wir uns zu ihm hinüber und kaum angekommen war sie nicht mehr zu halten. Ein flüchtiges "hi" mit einem Armtatschler an Jins Oberarm schon war sie am Wagen und begutachtete Nola. "Sie ist ja wach. So süß! Und so schöne große braune Augen!" Sie war hin und weg von der kleinen und wieder einmal sah ich meine Mutter als ganz neuen Menschen an.
Die paar Sekunden in denen meine Mutter ein Auge auf Nola hatte gönnten wir uns für einen kleinen Kuss und standen Arm in Arm bei einander. Es war schön sie zu beobachten, aber auch gleichzeitig furchtbar traurig - ohne meinen Vater könnte sie viel glücklicher sein und vielleicht wären nicht nur ich und Jin heute hier, sondern meine anderen Geschwister auch noch, als ganz andere Menschen. Aber vor allem machte mich traurig meine Mutter später auf der Feier alleine lassen zu müssen. "Alles gut? Bist du traurig, dass wir gleich nicht zur Feier können?" Jin zog mich näher an sich heran und legte seine Hand fest an meine Hüfte. "Nein nicht wirklich. Aber ich wünschte für meine Mama etwas Besseres, als ein Leben an der Seite meines intoleranten bösartigen Vater. Von meinen ebenso verbitterten Geschwistern ganz zu Schweigen und außerdem mag ich Felix später nicht verabschieden." Heute war nicht nur der Tag an dem meine Schwester heiratete, sondern auch der an dem Felix zusammen mit Max den einen Nachtflug nehmen würde und uns verließ. "Wir sind seit dem Internat zusammen gewesen ohne ihn wird's so leer." Schweren Herzens gab meine Mutter uns Nola doch irgendwann zurück und sah mich mit einem ganz verträumten Ausdruck an. "Ach seht euch an. Mein Sohn ist jetzt Doktor und Jin du hast mit diesem kleinem süßen Wesen alles komplett gemacht." Der Abschied war kurz, denn sie war schließlich nicht bald hunderte von Km von mir entfernt in einem völlig fremden Land - Felix aber schon.

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