Kapitel 8

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Jedes Mal, wenn mir in der Nacht auch nur das kleinste bisschen die Decke vom Körper verrutschte, zuckte ich zusammen. Denn jedes Mal bekam ich mit der Angst, dass er wieder da war. 

Noch immer hatte ich nicht verarbeitet, dass es Geister wirklich gab, dass mich einer heimsuchte und dieser total seltsam war.

Spukten Geister nicht normalerweise herum?
Verbreiteten sie nicht Angst und Schrecken?
Ja, er tat es auch, jedoch auf eine andere Art und Weise.
Wie konnten sie überhaupt Sehnsüchte oder Verlangen nach einem Menschen haben?

Wieso war er da und nicht meine Mutter?
Wenn er hier sein konnte, wo war sie?
Ich wollte sie, nicht ihn.

Tränen fingen an, sich an zu bilden, während sich alles in mir zusammenzog.
Ich war bisher gut mit ihrem Tod klargekommen.

Von meinem Vater und mir war ich der stärkere, doch nun zu wissen, dass ich die Chance haben könnte, mit ihr noch einmal zu reden, sie noch einmal zu sehen und es nicht funktionierte, riss die Wunde in mir wieder auf.

Sie hatte den Tod nicht verdient.
Wieso traf es immer die Menschen, die es am wenigsten verdient hatten?

Wieso schaffte ich es nicht sie zu kontaktieren, wenn es bei Clay auch funktioniert hatte?
Mit diesem Gedanken wollte ich mich einfach nicht abfinden.

Ich hatte meinem Vater versprochen, ihre Sachen nicht noch einmal zu durchwühlen, doch ich konnte nicht anders. Ich konnte nicht länger akzeptieren, dass sie fort gewesen sein soll, wenn sich hier ein verdammter Geist herumtrieb, nur nicht ihrer war.

Es war kurz nach zwei Uhr.
Ich wischte mir die Tränen von der Wange, die mir heruntergelaufen waren und begab mich leise auf den Dachboden.

Dort holte ich das Quija Board aus der Kiste und lief damit wieder in mein Zimmer.
Ich schaltete die Lampe auf meinem Schreibtisch an, nachdem ich das Board auf mein Bett abgelegt hatte.

Ich starrte es an.
Alleine beim Anblick bekam ich eine bittere Gänsehaut.
Ich wollte dieses Ding nie wieder benutzen, nicht einmal sehen und doch befand ich mich wieder hier - alleine.

,,Du solltest aufhören es so oft zu benutzen, wenn du nicht noch jemanden hier haben willst'' ertönte hinter mir eine inzwischen bekannte Person.
,,Wer sagt, dass ich es nicht will?'' entgegnete ich ihm, während ich mich zu ihm umdrehte und anschaute.

Zum ersten Mal trug er einen relativ neutralen Gesichtsausdruck.
Es war noch immer erstaunlich, wie normal er aussah, wenn man bedachte, dass er ein Geist war.

,,Es ist wegen deiner Mutter, oder?'' riss er mich aus meinen Gedanken.
Meine Augen weiteten sich.
,,Woher weißt du das?'' fragte ich ihn.
,,Ich hab dich mit deinem Vater reden hören'' antwortete er.

Ich senkte meinen Blick auf das Quija Board wieder, während ich mit meinem Finger sanft hinüberstrich und nachdachte, bevor ich mich wieder zu ihm umdrehte.

,,Weißt du, wo sie ist?'' fragte ich ihn.
Er musste es doch wissen, oder nicht?
Oder gab es sie als Geist  etwa nicht?

Er schüttelte seinen Kopf.
,,Tut mir leid, aber wenn du sie nicht kontaktieren kannst, dann wahrscheinlich, weil ihre Seele nicht mehr oder nie als Geist unter euch geweilt hat'' erkläre er.

Als er das sagte, zog sich meine Brust erneut zusammen.
Mein Kiefer spannte sich an, während ich versuchte, mir weitere Tränen zu unterdrücken.

,,Wieso bist du es dann?'' fragte ich ihn.
,,Weiß ich nicht, ist mir auch eigentlich egal'' antwortete er.

Irritiert starrte ich ihn an.
,,Dir ist es egal, wieso deine Seele ihren Frieden nicht finden kann?''
Er zuckte mit den Schultern.

,,Ich hatte ein gutes Leben, aber kein glückliches. Der Tod war das beste, was mir passieren konnte'' fing er an.
,,Nachdem mir bewusst war, dass ich nur noch eine Seele auf diesem Planeten war, habe ich als allererstes die Personen heimgesucht, die ich am meisten gehasst habe, um mir einen kleinen Spaß zu erlauben'' fuhr er fort und schien sich mit einem leichten Grinsen daran zu erinnern.

,,Irgendwann wurde mir das aber zu langweilig, daraufhin hab ich angefangen mich bei jedem eine Zeitlang aufzuhalten, die mich interessiert haben'' erzählte er.
,,Deshalb bist du hier? Weil ich dich interessiere?'' sprach ich ihm dazwischen.

,,Ja.''
,,Zugegeben bist du bisher der interessanteste'' fügte er hinzu.
,,Weshalb?'' fragte ich.
,,Weil du der erste bist, der mich wie einen normalen lebenden Menschen behandelt.''
,,Du schaust mir ins Gesicht und fest in die Augen, während du mit mir sprichst.''

,,Mir ist bewusst, dass du versucht hast, mit deiner Mutter anstelle von mir zu sprechen, dennoch akzeptierst du, dass ich da bin.''
Ich wusste nicht wieso, aber seine Worte berührten mich irgendwo tief in mir.

Ich ließ mich seufzend auf mein Bett fallen, während ich auf den Boden starrte.
,,Es ändert trotzdem nichts daran, dass meine Mutter weg ist...für immer...'' murmelte ich, während ich versuchte nicht erneut wie ein Baby loszuheulen.

Clay kniete plötzlich vor mir und schaute mich an, während er seine Hand auf meinen Oberschenkel legte.
,,Dafür bin ich da'' sagte er.

Ich schaute ihm leicht irritiert in die Augen.
,,Ich weiß, dass ich nicht deine Mutter bin und mir auch mit dir immer wieder Spielchen erlaubt habe, aber ich verspreche dir, dass ich dir ab sofort versuchen werde, die beste Zeit deines Lebens zu verschaffen.''

,,Wieso?'' flüsterte ich verwundert.
,,Wie gesagt, ich finde dich interessant und zugegeben habe ich noch nie zu jemanden eine so starke Verbindung verspürt'' antwortete er mit einem sanften Lächeln im Gesicht.


Das Chapter sollte eigentlich komplett anders sein, aber durch Technos Neuigkeiten befand ich mich einfach nicht in der Lage etwas anderes zu schreiben.

Es ist noch immer kaum zu fassen, dass er fort ist...aber:
Legends never die and he was one..!♥


Seductive SpiritWhere stories live. Discover now