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POV Cody

Seit dem Vorfall sind zwei Jahre vergangen. Cody hockte auf seinem Zimmer im Wohnheim. Morgen brach das neue Schuljahr an. Heute feierte er seinen 16. Geburtstag. Er hatte sich einen Cupcake von seinem mauen Taschengeld geleistet. Sogar eine einzelne Kerze hatte das Budget hergegeben. Hundert Doller bekam er im Monat von Mister Austin, den er selten gesehen hatte. Es musste für Essen sowie die Reinigung seiner Kleidung und der Schuluniform reichen. Es war nicht viel, wenn man die Preise Seattles bedachte. Aber Cody war schließlich schon mit weniger ausgekommen.
Seufzend hielt er ein altes Bild in der Hand. Es zeigte seine Eltern mit ihm als Baby im Arm. Sie waren so eine glückliche, kleine Familie gewesen bis zu diesem schrecklichen Tag.
Es war sein zehnter Geburtstag. Seine Eltern liefen los um Lachs zu fangen. Er liebte den Geschmack von frisch angefangenen Alaska-Seelachs. Nur deswegen zogen seine Eltern an diesem Tag in ihrer Bärengestalt durch die Wälder – und kehrten nie mehr zurück. Seine Verwandten erzählten ihm später, dass seine Eltern von Jägern geschossen wurden. Die dummen Menschen hatten sie für wilde Kodiakbären gehalten.
Eine einsame Träne rollte über seine Wange und tropfte auf das Bild. Schnell wischte Cody sie ab bevor die Nässe Schaden anrichten konnte. Ein letzter trauriger Blick, dann verschwand das Foto im Nachtkästchen. „Happy Birthday, Cody.", wisperte er bevor er die Kerze auspustete. Man soll sich etwas dabei wünschen, sagt man. Der Braunhaarige hatte kein Interesse dran. Es würde sich ohnehin nicht erfüllen. Er wollte doch nur in Frieden seinen Abschluss machen, einen anständigen Job und eine Wohnung finden. Vor allem: Einfach seine Ruhe.
In der Schule klappte das ganz hervorragend. Notentechnisch führte er das Mittelfeld an. Seit seiner ungeplanten Verwandlung am ersten Schultag hielt man ihn für unberechenbar und gefährlich. Niemand verstand, wieso er an der Schule bleiben durfte – ihn selbst eingeschlossen. Der Vorfall hatte zur Folge, dass man Abstand hielt. Man lud ihn nicht mal der Höflichkeit halber irgendwohin ein oder belästigte ihn auf irgendeine andere Art. Er war einfach Cody, der Einsiedlerbär.
Die kleine Kerze rauchte noch ein wenig als er sie aus dem Cupcake zog. Das Gebäck würde zumindest seine Laune heben.
Am nächsten Morgen überhörte er den Weckruf des Schulgongs. Ein bisschen mit Absicht. Auf die Willkommensfeier konnte er getrost verzichten. Erst gegen Mittag stolperte Cody auf den Campus.

Das Spiel von Bär und WolfHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin